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Ein Pausenplatz im Regen.

Auf dem Pausenplatz des Bommern wollte die Schule Fällanden ein Provisorium bauen. Das lehnten die Stimmberechtigten jedoch ab. Foto: David Marti

Schlechtes Zeugnis für Schule Fällanden

Eltern beerdigen Pläne für Schulprovisorium

Die Schulpflege musste sich an der Gemeindeversammlung der geballten Macht der Fällander Mütter beugen. Für die Idee eines Schulprovisoriums heisst es nun: zurück an den Absender.

Auf dem Pausenplatz des Bommern wollte die Schule Fällanden ein Provisorium bauen. Das lehnten die Stimmberechtigten jedoch ab. Foto: David Marti

Veröffentlicht am: 30.11.2023 – 09.55 Uhr

Die Zwicky-Fabrik platzte an der Fällander Gemeindeversammlung am Mittwochabend aus allen Nähten. Die Behörden wussten, dass sie mit dem Thema Schulraumprovisorium einen Blockbuster im Programm hatten und stellten vorsorglich reichlich Stühle im Saal auf. Am Ende waren 435 Stimmberechtigte anwesend.

Der von den Behörden geplante provisorische Holzmodulbau auf dem Pausenplatz des Schulhauses Bommern soll bis zum Beginn des Schuljahrs 2024/2025 bezugsbereit sein und rund 10 bis 15 Jahre als Schulraumerweiterung und Ausweichfläche genutzt werden. Über diesen Zeitraum ist vorgesehen, die Schulanlagen in Fällanden schrittweise zu sanieren, auszubauen oder neu zu erstellen. Für das Provisorium ist ein Kredit von 3,95 Millionen Franken vorgesehen.

Unzufriedene Mütter

Die Konsequenz der Pläne: Die Bengler Erst- bis Drittklässler müssten damit ab nächstem Sommer über eine längere Zeit statt in ihrem Schulhaus Buechwis nach Pfaffhausen in den Unterricht. Und das brachte viele Eltern auf die Palme. Es waren insbesondere die Mütter, die ihrer Unzufriedenheit an dem Abend freien Lauf liessen.

Wir sind schockiert und traurig, wie rücksichtslos die Schule gegenüber Familien aus Benglen vorgeht.

Mutter aus Benglen

Eine erste Breitseite feuerte eine Fällanderin ab: «Der Informationsfluss der Schule ist schrecklich.» Die Eltern wüssten überhaupt nicht, was geplant sei. «Bekannt ist nur, dass unsere Kinder von der ersten bis zur dritten Klasse ins Provisorium nach Pfaffhausen müssen.»

Bereits RPK-Präsident Martin Oeschger (SP) hatte zuvor bemängelt, dass eine rechtzeitige Schulraumplanung den längeren Schulweg für die Erst- bis Drittklässler verhindert hätte.

Hauskauf wegen Primarschule

Eine Mutter von zwei Kindern meinte: «Hätten wir gewusst, dass die Unterstufe nicht in Benglen bleibt, hätten wir nie ein Haus dort gekauft.» Für ihre Familie nehme die Lebensqualität mit der Verlagerung der Primarschule enorm ab. «Das gemeinsame Mittagessen könnten wir vergessen. Wir sind schockiert und traurig, wie rücksichtslos die Schule gegenüber Familien aus Benglen vorgeht.»

Auch die Bewohner von Pfaffhausen sollten sich schon mal gedanklich über die Verkehrssituation in einem Jahr machen, sagte die Frau weiter. «Als Eltern aus Benglen werden wir unsere Kinder täglich mit dem Auto dorthin bringen.»

Die ersten drei Schuljahre seien ungeheuer wichtig für die Kinder, sagte eine andere Fällanderin. «Die Schule muss in der Nähe sein, damit die Kinder zu Fuss gehen können. Sie sind keine Manipuliermasse, die man einfach hin und her schieben kann.»

Kaum Zückerchen von der Schule

Schulpräsident Ulrich Hohl (FDP) wollte zuvor bei der Präsentation des Geschäfts solche Bedenken eigentlich ausräumen. So zählte er verschiedene Massnahmen auf, die den Schulweg nach Pfaffhausen erleichtern sollen, wie etwa das Zurückschneiden von Büschen und Bäumen sowie die Verbesserung der Beleuchtung. Und er machte auf den Bus nach Pfaffhausen aufmerksam – mit einer möglichen Reduktion der Billettpreise für die Schüler.

Die Verlegung der Bengler Unterstufenklassen sei nötig, um Platz für die wachsende Zahl der Sek-Schüler im Buechwis zu schaffen. Dort müssten momentan grössere Klassen gebildet werden. «Dies führt zu Konflikten zwischen den Schülern. Wir haben mehr Mobbingfälle als noch vor einigen Jahren», sagte Hohl.

Einen Plan B für einen anderen provisorischen Bau gebe es im Fall einer Ablehnung nicht. Auch ein Nein habe Folgen für die Organisation des Unterrichts ab Sommer 2024. «Ohne einen Umzug von Benglen nach Pfaffhausen geht es nicht», machte Hohl deutlich. «Mindestens eine Primarklasse müssten wir verlegen.»

Von Drohung und Angstmacherei

Votant Harry Eggimann schlug vor, die Sekundarschule in Pfaffhausen zu bauen, «auch wenn das die Aussicht der dortigen Anwohner etwas stört». Man müsse die gesamte Schulplanung neu prüfen. Er monierte zudem, dass Eltern von der Schule unter Androhungen zu einem Ja gedrängt worden seien, was inakzeptabel sei.

Diesen Umstand hatte auch eine andere Anwesende erwähnt. Sie kritisierte, dass die Schule vor einem Nein zum Provisorium gewarnt habe. Im Falle einer Ablehnung werde es den Schülern schlechter gehen, soll es geheissen haben. So würden in Benglen Container aufgestellt, und zwar «billige und schäbige».

Zudem müssten die Eltern damit rechnen, dass ihre Kinder in Klassen mit bis zu 47 Schülern gesteckt würden, sagte die Fällanderin. «Das ist für mich eine Drohung und Angstmacherei.» Viele Eltern würde das zu einem Ja bewegen, obwohl sie ursprünglich eigentlich Nein stimmen wollten.

Ich will wirklich nicht, dass meine zwei Söhne in einer Klasse mit 29 Schülern sind.

Mutter aus Pfaffhausen

«Gedroht habe ich nie jemandem», sagte Hohl. «Klar hat es emotional aufgebauschte Situationen in Gesprächen mit der Elternschaft gegeben.» Doch er habe jeweils wie heute Abend nur die Konsequenzen aufgezeigt, wenn kurzfristig kein zusätzlicher Schulraum zur Verfügung stehe.

Maya Litz kritisierte wiederum, die Schule habe nur die unmittelbar Betroffenen informiert. «Sie hätten die ganze Bevölkerung bei einer solch wichtigen Frage informieren sollen.»

Pfaffhauserin kämpft allein

Obwohl Gemeindepräsident Tobias Diener (FDP) mehrmals darum bat, auf Applaus zu verzichten, wurden flammende Reden gegen das Provisorium öfters mit Jubel begleitet. Für eine Pfaffhauserin, die als Einzige für das Provisorium einstand, ein Grund, «Angst» vor dieser vermeintlich geschlossenen Opposition zu haben.

Die Frau war zwar auch der Meinung, dass der Informationsfluss «katastrophal, dilettantisch und peinlich» gewesen sei. Ohne Provisorium habe man aber wiederum in Pfaffhausen einen Qualitätsverlust wegen des fehlenden Schulraums. «Ich will wirklich nicht, dass meine zwei Söhne in einer Klasse mit 29 Schülern sind.»

Huldrych Thomann, Präsident der SVP Fällanden, stellte schliesslich einen Rückweisungsantrag. Diesen nahmen die Fällanderinnen und Fällander grossmehrheitlich an. Somit muss die Schulpflege in ihrer Planung nochmal über die Bücher, um mit einem neuen Vorschlag vor die Gemeindeversammlung zu treten.

Die weiteren Geschäfte der Gemeindeversammlung

  • Die Teilrevision der Gebührenverordnung wurde deutlich angenommen.
  • Ebenfalls gutgeheissen haben die Stimmberechtigten die Teilrevision der Bau- und Zonenordnung.
  • Mit grossem Mehr wurde die Abrechnung des Baukredits mit Gesamtkosten von 11,959 Millionen Franken für den Neubau der Kindergärten und Tagesstrukturen beim Schulhaus Lätten abgesegnet. Das Bauvorhaben kostete gut 440’000 Franken weniger, als kalkuliert worden war.
  • Ein Antrag von Roland Baldinger für die Streichung von 3,95 Millionen aus dem Budget 2024 für das Provisorium im Schulhaus Bommern wurde grossmehrheitlich angenommen. Auf das Plus von 1,103 Millionen Franken im Budget hat dies jedoch keinen Einfluss. Zwei weitere Anträge zu Streichungen wurden hingegen abgelehnt. Das Budget 2024 inklusive Änderung haben die Stimmberechtigten letztlich gutgeheissen. Genauso wie den Steuerfuss, der unverändert auf 99 Prozent festgesetzt wurde.
  • Weiter hat der Gemeinderat eine Anfrage bezüglich der geplanten Flüchtlingsunterkunft im Letzacher beantwortet.
  • Roland Baldinger hat ausserdem einen Rekurs angekündigt. Dies, weil seiner Ansicht nach zwei seiner Fragen zum Budget nicht beantwortet worden seien.

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