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Basil Brühlmann vor Rapportplakat

Basil Brühlmann im Lagezentrum TOC, von wo aus er führt, wenn er nicht direkt an der Street-Parade-Front unterwegs ist. Fotos: Ernst Hilfiker

Risikomanager aus Maur

Er schaut, dass die Street Parade sicher über die Bühne geht

19 Tonnen Material wird allein für den Sanitäts- und Feuerwehrbereich an der Street Parade benötigt. Damit von der Infusion bis zum Abfallsack dann alles am richtigen Ort ist, planen Basil Brühlmann aus Ebmatingen und sein Team monatelang.

Basil Brühlmann im Lagezentrum TOC, von wo aus er führt, wenn er nicht direkt an der Street-Parade-Front unterwegs ist. Fotos: Ernst Hilfiker

Veröffentlicht am: 11.08.2024 – 13.59 Uhr

Was für ein Kontrast: Hunderttausende Menschen strömen am Samstagmittag knapp und bunt bekleidet, laut und ausgelassen, zur Street Parade im Zürcher Seebecken. Zehn Kilometer weiter, im Tactical Operation Center (TOC) in der Einsatzleitzentrale von Schutz & Rettung Zürich (SRZ) am Flughafen, geht es zwar auch um die grösste Technoparty der Welt, aber die Stimmung im speziell für Grossereignisse eingerichteten Führungsraum ist ruhig, professionell sachlich und eher ernst.

Herausfordernde Ausgangslage

Denn es läuft der Startrapport zur Street Parade – und die Lage ist recht herausfordernd. Einerseits sind alle Rettungsdienste im Kanton und angrenzenden Regionen mit dem Alltagsgeschäft sehr stark ausgelastet, an mehreren Orten nebst der Stadt Zürich finden weitere Grossanlässe statt, und die Bedrohungssituation, etwa durch einen Terrorakt, ist auch in der Schweiz gegeben.

Damit sowohl weiterhin das Alltagsgeschäft, aber auch ein grosses Unglück wie ein Unfall mit einem vollbesetzten Bus, das jederzeit passieren kann, und zusätzlich eben noch die Street Parade bewältigt werden können, bringen sich am Rapport nun über ein Dutzend Kaderleute auf den neuesten Stand, wer wann und mit welchen Mitteln reagieren müsste. Mittendrin in der Runde: Basil Brühlmann aus Ebmatingen. Genau für solche Lagen ist er der Spezialist: Abteilungsleiter Einsatzplanung und Konzeption bei SRZ, Feuerwehroffizier in Maur, Generalstäbler in der Armee, Risikomanager.

Temporäre Feuerwehr-Stützpunkte und sechs Behandlungsstellen

Seit Monaten planen Brühlmann und sein Team den Street-Parade-Einsatz. Zum Beispiel, wo genau entlang der Umzugsroute die sechs Behandlungsstellen der Sanität stehen werden und wo ein temporärer Stützpunkt der Berufs- und Milizfeuerwehr, die im Brandfall trotz blockierten Wegen im Seebecken möglichst rasch am Einsatzort sein muss.

Und auch, wie die 19 Tonnen Material – von Pflästerli, Sauerstofftaschen und EKG-Monitoren bis zum mehrere Meter langen Auflegeranhänger mit Büroarbeitsplatz, Abfallsäcken und Verpflegungssets für die Mitarbeitenden – zur richtigen Zeit an den richtigen Ort kommen. Denn während der Parade einfach schnell nachliefern, wenn etwas fehlt, das gehe nicht: «Wir kommen aufgrund der vielen Besucher auf gewissen Strassen schlicht nicht durch, selbst mit Blaulicht nicht.»

400 zusätzliche Mitarbeitende im Einsatz

Und natürlich braucht es einen Einsatzplan für die rund 400 zusätzlich im Dienst stehenden SRZ-Angehörigen aus allen Bereichen, von der Logistik über den Rettungsdienst bis zum Zivilschutz. All diese Festlegungen sind in verschiedenen Dokumenten festgehalten; allein das Konzept für den Sanitätsbereich ist 50 Seiten stark.

Die Vorbereitungsarbeit, die für eine funktionierende Notfallversorgung unumgänglich ist, wird laut Brühlmann immer komplexer, unter anderem wegen der vielen Absprachen. Und obwohl man bei Schutz & Rettung Zürich nach 31 Street Paraden und vielen anderen Grossanlässen wie dem Züri-Fäscht extrem viel entsprechendes Know-how hat und weiss, wie man Mitarbeitende und Ausrüstung am sinnvollsten einteilt, bringe die Mega-Technoparty seine Organisation «an die Ressourcengrenzen». Grenzen, die nicht zuletzt dank der Unterstützung durch auswärtige, sogar ausserkantonale Rettungsdienste noch nicht überschritten wurden.

Ein 16-Stunden-Tag für den Chef

Um 1:1 «zu sehen, ob unsere Organisation ‹verhebet›, ob genug und das richtige Material geliefert wurde, ob alle Zahnräder von der Logistik bis zur Patientenbehandlung wie geplant zusammenspielen», ist Basil Brühlmann am Samstag von 9.30 bis am Sonntag um 1.30 Uhr auf Achse. An Rapporten im TOC, vor allem aber mitten im Street-Parade-Gedränge bei seinen Leuten. Und dort kontrolliert er nicht nur, ob sich zwischen seiner Planung und der Realität eine Lücke auftut, sondern er nutzt die Gelegenheit auch, «um den Mitarbeitenden einfach wieder einmal Danke zu sagen».

Zudem übt Brühlmann an diesem Tag eine wichtige Funktion aus: Er ist «Gesamteinsatzleiter Sanität Front». Das bedeutet: Passiert ein grösseres Unglück an der Parade, übernimmt er vor Ort die Führung.

729 Behandlungen verzeichnet Schutz & Rettung Zürich am Ende des Anlasses. Das sind 114 mehr als im Vorjahr. Vier Personen wurden schwer verletzt, insgesamt 53 mussten in ein Spital eingeliefert werden.

Eine Entwicklung, die Brühlmann und seine Kollegen aufgrund der sehr hohen Temperaturen von über 30 Grad nicht überrascht. Ebenso wie die Gründe für die Behandlungen: «Einmal mehr typische Street-Parade-Verletzungen wie Schnitte durch Scherben, Schürfungen, Alkohol- und Drogenvergiftungen, Kreislaufprobleme».

«Durchaus positiv» lautet dennoch das Fazit von Brühlmann. Denn aus Sicht des Planungsverantwortlichen dürfe er sagen: «Alles hat funktioniert.»

Nach der Parade ist vor der Parade

Am Montagmorgen werden dann auch die allerletzten Street-Parade-Besucher von der allerletzten After Party nach Hause torkeln – und bald darauf beginnt bei SRZ bereits die Planung für die Ausgabe 2025. Es stehen Nachbesprechungen und Analysen auf dem Programm. Und noch vor Jahresende werden erste Dienstpläne geschrieben und die Mitarbeitenden über eine Feriensperre im August orientiert.

Denn laut Brühlmann sieht der Street-Parade-Plan von Schutz & Rettung wohl «immer sehr ähnlich aus». Trotzdem gebe es jedes Jahr Änderungen – sei es wegen einer der vielen Baustellen oder einfach, weil man wieder irgendetwas optimieren konnte.

So, dass das oberste Ziel der SRZ-Planung – eine sichere Versorgung durch Rettungsdienst und Feuerwehr in der Stadt trotz teilweise «unzugänglichem» Zentrum – erfüllt werden kann. «Wie in den letzten Jahren jeweils fast zu 100 Prozent.»

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