Auf den Zürcher Strassen ist es im vergangenen Jahr zu leicht mehr Unfällen als im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre gekommen. Die Zahl der schwerverletzten und getöteten Personen ging aber zurück - Zweiradfahrer und Fussgänger bleiben weiterhin besonders gefährdet.
Auf dem Kantonsgebiet waren 74 Prozent der auf den Zürcher Strassen schwerverletzten oder getöteten Personen sogenannt schwache Verkehrsteilnehmende. In den Städten Zürich und Winterthur waren es gar 82 Prozent beziehungsweise 93 Prozent.
Zufussgehende und Zweiradfahrende verfügten nicht über umfangreiche Schutzsysteme wie Autolenkende in modernen Fahrzeugen, hielten die Zürcher Polizeien bei der Vorstellung der Zürcher Verkehrsunfallstatistik 2023 fest.
Unfallschwerpunkt Fussgängerstreifen
Zu einer Häufung von Unfällen kam es im Bereich von Fussgängerstreifen, wie Thomas Iseli, der Verkehrspolizei-Chef der Kantonspolizei, sagte. Dies auch wetterbedingt; im nassen November 2023 seien mehr als doppelt so viele Unfälle registriert worden, wie in früheren Novembermonaten mit besserer Sicht.
Bei 127 Unfällen hätten Fahrzeuglenkende den Vortritt der Zufussgehenden missachtet. Zwölf Passanten seien im vergangenen Jahr bei Zebrastreifen verunfallt, weil sie ihren Vortritt erzwingen wollten, sagte Iseli. Zudem ereigneten sich vor den gelben Markierungen 108 Auffahrkollisionen.
Auf dem Kantonsgebiet wurde im Fussgängerstreifenbereich 18 Passanten schwer verletzt, sechs getötet. Auffällig ist gemäss Polizei, dass alle tödlich verunglückten Menschen über 70 Jahre alt waren.
Vermeidbare Unfälle
Laut Iseli wären diese Unfälle bei korrektem Verhalten aller Verkehrsteilnehmenden vermeidbar. Fahrzeuglenkende müssten vor Fussgängerstreifen unter anderem vorsichtig fahren, und Zufussgehende sollten den Blickkontakt suchen und gerade bei schlechtem Wetter ihre Erkennbarkeit erhöhen, sagte Iseli.
Zudem hätten Fussgängerinnen und Fussgänger auf einem Zebrastreifen zwar grundsätzlich Vortritt, doch gebe es auch Ausnahmen, ergänzte Wernher Brucks von der Dienstabteilung Verkehr der Stadt Zürich. «Das Tram hält nicht an, es hat trotz Fussgängerstreifen immer Vortritt.» Und auch Velo- und E-Trotti-Fahrer seien im Sattel sitzend nicht vortrittsberechtigt; sie sind dies nur, wenn sie ihr Gefährt als Fussgänger schieben.
Ohne Zebrastreifen entfällt natürlich auch der Vortritt, wie Iseli in Erinnerung rief. Dies gilt insbesondere in Tempo-30-Zonen, in denen keine gelben Streifen markiert werden dürfen. «Zufussgehende dürfen zwar überall die Strasse queren, sie haben aber keinen Vortritt.»
Aufmerksamkeit für Unaufmerksamkeit
Ein grosses Problem stellt gemäss Iseli und Brucks sowie Christian Götz von der Stadtpolizei Winterthur mangelnde Aufmerksamkeit und Ablenkung insbesondere durch Smartphones und Kopfhörer dar. Dies ist sowohl am Fussgängerstreifen als auch im Strassenverkehr allgemein nach wie vor die häufigste Unfallursache.
Mindestens 2148 Unfälle mit 387 verletzten Personen sind auf Unaufmerksamkeit zurückzuführen, wie die Verkehrsunfallstatistik zeigt. Die Kantonspolizei lanciert deshalb im Frühling unter dem Titel «App-gelenkt» eine mehrjährige Verkehrssicherheitskampagne.
Insgesamt positive Entwicklung
Insgesamt sprachen die Verantwortlichen des Kantons und der Städte Zürich und Winterthur am Mittwoch von einer positiven Entwicklung. 2023 ereigneten sich zwar etwas mehr Unfälle als im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Doch angesichts des Bevölkerungswachstums und der Zunahme des Fahrzeugbestands gehe die Zahl proportional zurück, sagte Iseli.
Zudem nehme die Zahl der auf den Zürcher Strassen getöteten Personen seit 1971 kontinuierlich ab. Auch jene der Schwerverletzten werde kleiner. Dies führte Iseli auf bessere Strasseninfrastruktur, neue Gesetze wie etwa tiefere Alkoholgrenzwerte, die Autoentwicklung und Präventionsmassnahmen zurück.
2023 wurden auf den Zürcher Strassen 16'167 Unfälle polizeilich registriert. Dies entspricht gegenüber dem Durchschnitt der vorangegangenen Jahre einem Plus von 1,7 Prozent. Bei 12'634 Unfällen gab es nur Sachschaden (plus 1,8 Prozent). bei 3533 Unfällen wurden Personen verletzt (plus 1,4 Prozent). 527 Personen wurden schwer verletzt (minus 5,6 Prozent), 23 starben (minus 4,2 Prozent).