Sie schützen Anwohnende nicht nur vor Lärm, sondern bergen auch weiteres Potenzial: Mehr als 100 Gigawattstunden Solarstrom pro Jahr lassen sich gemäss Schätzungen des Bunds mit Solarpanels an Lärmschutzwänden gewinnen. Über die Hälfte davon entlang von Nationalstrassen.
Nachdem der Bund beschlossen hatte, die Flächen hierzu kostenlos zur Verfügung zu stellen, schrieb das Bundesamt für Strassen (Astra) vor einem Jahr 350 Lärmschutzwände zur Gewinnung von Solarstrom öffentlich aus.
Anlagen im ersten Halbjahr 2025 fertig
Gemäss einem Bericht der «NZZ vom Sonntag» sind nun die ersten beiden Anlagen für Photovoltaik (PV) an der Oberlandautobahn A15 bei Wangen-Brüttisellen bewilligt worden. Die beiden Anlagen sollen im ersten Halbjahr 2025 realisiert werden und jährlich gut 500’000 Kilowattstunden Strom liefern.
Es sind schweizweit die ersten Solaranlagen, die im Rahmen dieses Programms von Privaten erstellt werden. Betreiberin ist die Lima Solar AG in Wil SG. An ihr sind auch das Austrian Institute of Technology in Wien, Focus Energie in Freiburg im Breisgau sowie die Zindel-Gruppe in Chur beteiligt. Die Firmen verfügen über Erfahrung beim Bau grosser PV-Anlagen und mit Baustellen an Autobahnen.
Gutachten und Auflagen führten zu Verzögerungen
Die Solaranlagen müssen bestimmte Bedingungen erfüllen. Unter anderem dürfen Panels Fahrzeuglenker nicht blenden. Wie Dieter Max Schenk, Inhaber von Lima Solar, gegenüber der NZZ sagt, ist allein zu dieser Frage ein 85-seitiges Gutachten für die neue Anlage an der A15 nötig gewesen.
Man habe erst im zweiten Anlauf passende Panels zu einem vertretbaren Preis gefunden, sagt Schenk. Da die Nachfrage nach blendarmen Solarmodulen steige, würden die Preise aber sinken. Zudem galt es, mit dem Astra einen detaillierten Ablauf für die Umsetzung des Projekts festzulegen, was ebenfalls zu einer Verzögerung geführt habe.
Nun sei der Ablauf aber für alle weiteren PV-Anlagen von Dritten an Schweizer Nationalstrassen geklärt, was Schenk als Vorteil sieht. Die Lima Solar AG kann gemäss NZZ an rund 50 weiteren Lärmschutzwänden in den Kantonen Zürich und Schaffhausen Solarpanels anbringen.
Schwieriger Anschluss ans Stromnetz
Eine Herausforderung dürfte laut Schenk der Anschluss ans Stromnetz und die Vermarktung des Stroms sein. Im Fall von Wangen-Brüttisellen sei der Netzanschluss allerdings schon innerhalb von 500 Metern möglich, da die Gemeinde gut erschlossen sei.
Was den Verkauf von Strom anbelange, fänden dazu derzeit Abklärungen statt, sagt Schenk. Man versuche, mit Betrieben in der Nähe einen Fixpreis für fünf Jahre zu vereinbaren, sagt Schenk.
Astra nutzt Lärmschutzwände bereits
Das Astra nutzt bereits einen Teil des Potenzials entlang der Autobahnen für den eigenen Strombedarf. So werden derzeit rund 1,6 Gigawattstunden produziert, weitere Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von 35 Gigawattstunden sind bis 2030 geplant.
Insgesamt werden mit solchen kleinen Solaranlagen entlang des 1300 Kilometer langen Autobahnnetzes indes nur ein paar Promille des Schweizer Strombedarfs abgedeckt.