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Ein Kunstprojekt in der Wüste von Oman: Ein Bub mit einer Glühbirne, gemalt in den Sand. Im Hintergrund eine riesige Anlage mit Solarpanels.

Ibri2 ist die derzeit grösste Solaranlage im Oman. Das riesige Bild des kleinen Jungen im Vordergrund stammt vom französisch-schweizerischen Künstler Saype. Das Werk wurde zum 50-Jahr-Jubiläum der diplomatischen Beziehungen Schweiz-Oman eingeweiht. Foto: Saype

Schweiz und Oman spannen zusammen

Dübendorfer Forscher wirken bei Klimapolitik am Persischen Golf mit

Das Sultanat Oman will in grossem Stil grünen Wasserstoff und synthetische Energieträger herstellen. Was die Empa in Dübendorf damit zu tun hat.

Ibri2 ist die derzeit grösste Solaranlage im Oman. Das riesige Bild des kleinen Jungen im Vordergrund stammt vom französisch-schweizerischen Künstler Saype. Das Werk wurde zum 50-Jahr-Jubiläum der diplomatischen Beziehungen Schweiz-Oman eingeweiht. Foto: Saype

Veröffentlicht am: 07.06.2023 – 15.45 Uhr

Erdöl und Erdgas. Seit 100 Jahren basiert unsere Energiepolitik zu grossen Teilen auf den Vorkommen fossiler Energien rund um den Persischen Golf. Doch der Klimawandel und seine Folgen zwingen zum Umdenken. Defossilisierung heisst das Wort der Stunde.

Und wieder kommt dabei den arabischen Golfstaaten eine wichtige Rolle zu. Aktuell mit ihren fossilen Energien noch die Tankstellen der Welt, suchen Staaten wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Oman nach Wegen, klimaneutral zu werden.

Ideale Voraussetzungen für grünen Wasserstoff

Im Zentrum stehen der Wasserstoff sowie synthetische Energieträger, die aus erneuerbarem Wasserstoff und CO2 hergestellt werden. Die Voraussetzungen, um grünen Wasserstoff (siehe Box) herzustellen, sind ideal: Sonne und Wind sind im Überfluss vorhanden. Platz auch.

Ambitionierte Pläne hat das kleine Sultanat Oman, das im November 2022 eine Klimaneutralitätsstrategie veröffentlichte. Das Land will bis 2050 vollständig defossilisiert sein.

Bis 2030 will Oman 1 bis 1,25 Millionen Tonnen Wasserstoff produzieren; bis 2050 soll sich diese Zahl auf 8 Millionen Tonnen erhöhen. Das benötigt sehr grosse Kapazitäten für die Elektrolyse. Bis zu 185 Gigawatt (GW) Leistung wollen die Omani mit kombinierten Wind- und Solarkraftwerken erzielen. Denn der produzierte Wasserstoff soll grün, also CO2-neutral, sein.

Um diese unfassbare Zahl von 185 GW zu illustrieren: Sie entspricht der Leistung von rund 130 modernen Atomkraftwerken!

Solar- und Windkraftwerke auf einer Fläche grösser als die Schweiz

Und um gleich beim Gigantismus der Pläne des Omans zu bleiben: 300 Millionen Solarpanels, 10’000 Windturbinen und 5200 Elektrolyseure sollen auf einer Fläche von rund 50'000 Quadratkilometern entstehen. Zum Vergleich: Die gesamte Fläche der Schweiz beträgt 41’285 Quadratkilometer. Die Investitionen werden sich auf 150 Milliarden Dollar belaufen.

«Wir haben die Chance, Oman zu einem globalen Zentrum für Wasserstoff zu machen und eine Führungsrolle zu übernehmen», sagte Omans Energieminister Salim Al Aufi im Mai in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag».

Die Schweiz habe viel Know-how, wie sich Wasserstoff einsetzen und transportieren lasse, so der Energieminister: «Deshalb sprechen wir mit Schweizer Forschungseinrichtungen.»

Oman setzt auch auf Know-how der Empa

Eine dieser Forschungseinrichtungen ist die Empa in Dübendorf. Al Aufi und seine Delegation trafen sich am Flughafen in Zürich-Kloten mit Empa-Forscher Christian Bach. Mit am Tisch sassen die Unternehmer Heinz M. Buhofer (Metall Zug, V-Zug) und Hans-Kaspar Scherrer (Eniwa) sowie Anka Kästner, Vorstandsmitglied der Oman Switzerland Friendship Association.

Eine Frau und sechs Männer in einem holzgetäferten Sitzungszimmer an einem langen Tisch.
Gespräch im Mai 2023 am Flughafen Zürich-Kloten (von links): Abdulaziz Al Shidhani, Director General of Renewable Energy & Hydrogen im Energieministerium Oman, Omans Energieminister Salim Al Aufi, Mahmoud Al Hasani, Botschafter des Sultanats Oman in der Schweiz, Hans-Kaspar Scherrer, CEO der Eniwa AG, Anka Kästner, Vorstandsmitglied Switzerland Oman Friendship Association, Unternehmer und Investor Heinz M. Buhofer sowie Christian Bach, Abteilungsleiter Fahrzeugantriebssysteme bei der Empa. Foto: Anka Kästner

Christian Bach ist Abteilungsleiter Fahrzeugantriebssysteme bei der Empa in Dübendorf und forscht seit Jahren an einer klimaverträglichen Mobilität. Seit einigen Jahren ist der Empa-Forscher mit dem Oman in Kontakt und konnte in dieser Zeit viele Synergien zwischen den Energiestrategien der Schweiz und Oman feststellen. So benötigt die Schweiz gemäss Energieperspektiven 2050+ des Bundesamts für Energie bis 2050 jährlich 30 bis 60 Terawattstunden an erneuerbaren synthetischen Energieträgern, insbesondere für die Aviatik, aber auch für andere Anwendungen wie für Langstrecken-Gütertransporte oder industrielle Hochtemperaturprozesse.

Das ist vergleichbar mit vor 100 Jahren, als man das Erdöl entdeckte!

Christian Bach

Abteilungsleiter Fahrzeugantriebssysteme bei der Empa

Es geht dabei auch um Potenziale für die hiesige Industrie. «Die Schweiz hat viele Unternehmen, die im Bereich erneuerbare Energieträger führend sind», sagt Christian Bach und nennt beispielhaft Firmen wie Casale, Climeworks, Synhelion oder Sulzer.

Christian Bach ist die Begeisterung anzuhören: «Wenn Forschungsinstitutionen und Industrieunternehmen kooperieren, können auch neue technologische Ansätze zur Erreichung der Klimaziele umgesetzt werden. Das ist vergleichbar mit vor 100 Jahren, als man das Erdöl entdeckte!»

Wasserstoff und synthetische Energieträger statt Erdöl und Erdgas. Was bleibt, ist eines: Der Persische Golf dürfte auch in Zukunft eine der Tankstellen Europas sein.

Grüner, blauer, grauer Wasserstoff

Wasserstoff ist das am häufigsten vorkommende Element im Universum. Allerdings kommt es nur in chemisch gebundener Form vor, beispielsweise im Wasser, in der Biomasse oder in Kohlenwasserstoffen. Um den Wasserstoff aus diesen Verbindungen abzutrennen, muss Energie aufgewendet werden.

Obwohl farb- und geruchlos, ist bei Wasserstoff häufig von grünem, türkisem, blauem oder grauem Wasserstoff die Rede. Wasserstoff gilt als effizienter und klimaschonender Energieträger, wenn er erneuerbar hergestellt wird.

Die verschiedenen Farben geben Aufschluss über die Produktion des Wasserstoffs.

Grüner Wasserstoff: So wird Wasserstoff bezeichnet, der durch Elektrolyse von Wasser hergestellt wurde. Dabei wird Wasser (H2O) in Sauerstoff (O2) und Wasserstoff (H2) aufgespalten. Der dazu benötigte Strom stammt bei grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen, beispielsweise Wasserkraft, Windkraft oder Solarenergie.

Türkiser Wasserstoff: Bei der Herstellung von türkisem Wasserstoff wird Erdgas (CH4) mittels Methanpyrolyse in Wasserstoff (H2) und festen Kohlenstoff gespalten. Sofern der Kohlenstoff dauerhaft gebunden bleibt, ist auch dieses Verfahren CO2-arm. Allerdings entstehen bei der Förderung des Ausgangsmaterials Erdgas ebenfalls Emissionen. Türkiser Wasserstoff ist deshalb nicht CO2-frei. Im Rahmen eines neuartigen Ansatzes, an dem die Empa und der Verein zur Dekarbonisierung der Industrie in Zug arbeiten, soll das Pyrolyseverfahren auf erneuerbares synthetisches Methan angewandt werden, das beispielsweise im Oman produziert werden könnte. Dabei entsteht Wasserstoff mit negativen CO2-Emissionen. Der dabei entstandene Kohlenstoff soll in werthaltige Materialien weiterentwickelt werden und könnte künftig beispielsweise in der Bauwirtschaft oder in Batterien weiterverwendet werden.

Blauer Wasserstoff: Blauer Wasserstoff wird gewonnen, indem Erdgas durch die sogenannte Dampfreduzierung in Wasserstoff und CO2 aufgespalten wird. Das Kohlendioxid wird aber nicht in die Atmosphäre ausgestossen, sondern gespeichert und industriell weiterverarbeitet. Wird es unterirdisch gelagert, kommt es auch beim blauen Wasserstoff zu sehr wenigen direkten CO2-Emissionen.

Grauer Wasserstoff: Grauer Wasserstoff ist das Schmuddelkind in dieser Auflistung. Er entsteht bei der Dampfreformierung fossiler Brennstoffe wie Erdgas oder Kohle, bei der das Abfallprodukt CO2 in die Atmosphäre abgegeben wird. Ebenfalls von grauem Wasserstoff spricht man, wenn zur Elektrolyse von Wasser kein grüner Strom genutzt wird.

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