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Julien Apothéloz

Julien Apothéloz fährt auf dem Simulator den Mercedes-AMG GT4 in Oschersleben, wo er dieses Wochenende in die Saison startet. Foto: Florian Bolli

Gockhauser Rennfahrer vor dem Saisonstart

So will er mit dem Motorsport Geld verdienen

Julien Apothéloz aus Gockhausen hat auf diese Saison hin wieder die Fahrzeugklasse gewechselt. Für ihn geht es darum, das beste Schaufenster zu finden.

Julien Apothéloz fährt auf dem Simulator den Mercedes-AMG GT4 in Oschersleben, wo er dieses Wochenende in die Saison startet. Foto: Florian Bolli

Veröffentlicht am: 25.04.2025 – 11.13 Uhr

Nach 22 Runden und zwei Drehern hat er genug. «Das war nun ungefähr eine Renndistanz», sagt Julien Apothéloz, als er das Lenkrad loslässt. Es ist nicht jenes des Mercedes-AMG GT4, mit dem er dieses Wochenende zum Saisonauftakt der ADAC GT4 Germany am Start steht. Sondern jenes des Simulators, auf dem er sich ans Auto und an die Strecke in Oschersleben herantastete. Da darf auch mal der eine oder andere Dreher oder Umweg sein.

Wie ein Umweg oder gar ein Rückschritt mutet auf den ersten Blick sein Wechsel in die GT4-Meisterschaft an. Dort war er bereits 2020 einmal am Start. Zwei Jahre später verliess er den GT-Sport, der mit seriennahen Autos betrieben wird, und fuhr im Prototype Cup Germany einen LMP3-Rennwagen – ein Auto also, das ausschliesslich für den Rennsport konzipiert wurde.

«Die Rennserie hat sich nicht wie erwartet entwickelt», sagt Apothéloz nun. Die Felder bleiben überschaubar klein. «Das ist weder für Fahrer noch für Sponsoren attraktiv.» Die GT4 Germany hingegen wird anders vermarktet, sie findet im Rahmenprogramm der DTM statt und gilt als Vorstufe dazu – wie die Formel 2 zur Formel 1.

ADAC GT4 Germany, Testfahrten Oschersleben 2025
Julien Apothéloz (rechts) posiert mit Teamkollege Luca Bosco vor dem Mercedes-AMG GT4 des Teams Mücke Motorsport. Foto: Gruppe C Photography

«Es ist etwas Wertvolles, eng mit so einer prestigeträchtigen Serie in Verbindung zu stehen», sagt der 24-jährige Apothéloz. Für ihn ist vor allem wichtig, in einem beachteten Schaufenster zu stehen – und dort Erfolg zu haben. Damit sein Ziel, einmal vom Rennsport leben zu können, realistisch bleibt. Wobei es da ganz verschiedene Möglichkeiten gibt.

Der Königsweg: Bei einem Hersteller unterkommen

Es ist die Wunschvorstellung jedes jungen Rennfahrers: eines Tages einen Werkvertrag zu ergattern. Die grossen Hersteller haben Rennfahrer bei sich angestellt, setzen sie je nachdem in verschiedenen Rennserien ein. Solche Fahrer konzentrieren sich aber nicht ausschliesslich auf den Rennsport, sondern sind auch noch Markenbotschafter und arbeiten als Testfahrer an der Entwicklung von Strassenfahrzeugen mit.

Solche Jobs gibt es natürlich nicht wie Sand am Meer. Vielleicht ein gutes Dutzend Werkfahrer sind pro Hersteller unter Vertrag – insgesamt dürfte es also weltweit eher eine dreistellige als eine vierstellige Anzahl an solchen Plätzen geben. «Diese Driver-Pools sind begrenzt, es gibt wenig Bewegung, wenn die Resultate stimmen», sagt Apothéloz. «Es ist schwierig, so einen Platz zu ergattern. Und es ist auch nicht mit dem Fussball zu vergleichen, wo man als junger Spieler einen Vertrag erhält und dann zuerst mal auf der Ersatzbank sitzt.»

Der Vorteil von Apothéloz: Er ist mit 24 noch relativ jung und doch schon über verschiedene Klassen erfahren. «Viele Fahrer haben ihren Vertrag bekommen, als sie zwischen 25 und 30 waren.» So verpflichten die Hersteller quasi «fertige Rennfahrer», die weniger ungestüm sind und weniger Kosten in Form von Unfällen verursachen. Für schonenden Umgang mit dem Material ist Apothéloz bekannt – und gleichzeitig auch dafür, dass er eigentlich überall, wo er bisher unterwegs war, mindestens um Podestplätze mitfuhr.

Naheliegend wäre für ihn beispielsweise ein Engagement bei Mercedes-AMG – da bestehen schon auf verschiedenen Ebenen Kontakte, nicht zuletzt auch über das Team Mücke Motorsport, für das Apothéloz weiterhin fährt. Auch er selber ist gut vernetzt, unter anderem dank seinem Wirtschaftsstudium. Für seine Bachelorarbeit mit dem Titel «Geschäftsmodelle und Kommerzialisierungsstrategien im Motorsport» hat er unlängst unter anderen den Chef von Mercedes-AMG Motorsport interviewt.

Freelancer sein: Mehr Freiheiten, weniger Sicherheit

Doch auch ohne Werkvertrag lässt sich als Rennfahrer Geld verdienen – als Freelancer. Um Vermarktung in eigener Sache geht es dabei – die betreibt Apothéloz ohnehin schon seit seinen Anfängen im Kartsport. Er selber muss zwar noch Sponsoren respektive Geld mitbringen, um fahren zu können, doch das muss nicht so bleiben. «Wenn man sich als ungebundenen Top-Fahrer auf internationaler Bühne in verschiedenen Rennserien präsentiert, hat man die Chance auf Engagements von Privatteams mit Sponsoren im Hintergrund.»

Je nachdem kann das sehr lukrativ sein. «Genaue Zahlen kenne ich nicht, das wäre Spekulation», sagt Apothéloz. «Aber man hört, dass teilweise sehr gut bezahlt wird.» Der Vorteil davon: Freelance-Piloten bewegen sich quasi auf dem freien Markt, haben Flexibilität punkto Klassen und Serien – aber sie sind noch viel abhängiger von ihren Rennergebnissen. «Jeder Fahrer ist nur so gut wie sein letztes Resultat», sagt Apothéloz.

Die Konkurrenz ist riesig – und vor allem teilweise namhaft. In der DTM fährt beispielsweise heuer auch Timo Glock mit. Der ehemalige Formel-1-Pilot arbeitet nebenher für einen Pay-TV-Sender in der Königsklasse und dürfte einer der bekanntesten Freelancer im GT-Sport sein. «Wenn man mal Formel 1 gefahren ist, ist das quasi der Lotto-Sechser im Motorsport-CV», sagt Apothéloz. «Mit solchen Leuten um Verträge zu kämpfen, das ist schon ein bisschen David gegen Goliath. Die Leute aus dem Formelsport bringen oft deutlich grössere Budgets mit.»

Apropos grosse Budgets: Als Rennfahrer lässt sich auch Geld verdienen, indem man von einem Gentleman-Driver angeheuert wird – von einem wohlhabenden Amateurpiloten also, der Rennen fahren und sich das Cockpit mit einem Profi teilen will, der ihn coacht. Das Problem dabei: Die Autos müssen zu diesem Zweck meist etwas gutmütiger abgestimmt werden, als es ein Profirennfahrer für sich allein tun würde. Was wiederum bedeutet, dass Topresultate nicht mehr möglich sind.

Für Apothéloz stehen solche Engagements zwar nicht im Vordergrund, er sieht sie aber trotzdem jetzt schon als Möglichkeit – und das vor dem Hintergrund, auf sich aufmerksam zu machen. Eine «sehr dynamische» Sache sei das Geschäft im Motorsport. «Es ist wirklich ein Haifischbecken. Man muss permanent mit allen reden und schauen, dass man sich in Szene setzen kann.»

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