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Eishalle im Chreis, Dübendorf 13 gegen Davos Dario Simion

Im September 2015 überraschten die Dübendorfer Amateure (in Gelb) im Cup die Profis des HC Davos. (Archiv) Foto: Robert Pfiffner

Oberländer Sportmomente (3)

Wie der EHC Dübendorf den Schweizer Meister übertölpelte

Längst ist der Schweizer Eishockey-Cup wieder von der Bildfläche verschwunden. Unvergessen aber bleibt, dass 2015 der damalige Erstligist EHC Dübendorf den grossen HC Davos blamierte.

Im September 2015 überraschten die Dübendorfer Amateure (in Gelb) im Cup die Profis des HC Davos. (Archiv) Foto: Robert Pfiffner

Veröffentlicht am: 18.10.2024 – 09.39 Uhr

Hätte er die Scheibe richtig getroffen, wer weiss, was dann passiert wäre. Doch das tut Damian Reichart eben nicht, wie er später in den Katakomben der Dübendorfer Eishalle grinsend zum Besten gibt. Der Verteidiger des EHC Dübendorf geht gar so weit und gesteht: «Der Schuss ist mir sogar noch etwas abverreckt.»

Das Resultat ist indes überzeugend. Reicharts Abschluss in der Verlängerung findet den Weg zwischen den Schonern von Goalie Gilles Senn hindurch zum Siegtor.

Die Entscheidung: Damian Reichart gelingt das 5:4. (Quelle: Youtube.com)

5:4 schlägt der EHC Dübendorf am 30. September 2015 den HC Davos in den Sechzehntelfinals des Schweizer Cups. Die Glattaler Fans in der mit 2600 Personen gefüllten Eishalle sind danach völlig aus dem Häuschen. Und auch die Bündner Anhängerschaft macht mit den EHCD-Spielern die Welle, obwohl der Ärger über den nonchalanten Auftritt ihrer Lieblinge durchaus gross ist.

Mit dem Triumph gegen den Schweizer Meister sorgen die Dübendorfer für einen Sportmoment, der zumindest bei ihnen noch heute sehr präsent ist. Sie schaffen vor allem aber auch das, was man im Vorfeld für undenkbar gehalten hat: dass Amateure ein Profiteam übertölpeln können.

Der damals in der 1. Liga spielende Underdog aus dem Glattal beweist das Gegenteil. Und schafft so die erste Sensation im Schweizer Cup, der 2014 aus dem 48 Jahre langen Tiefschlaf erweckt worden war.

Die niedrigste Priorität

«Das ist ein Highlight für alle, für die Spieler, für mich, für den ganzen Klub», sagt EHCD-Trainer Andrea Cahenzli im Vorfeld der Partie. Und verströmt viel Gelassenheit. Angst vor einer Kanterniederlage habe er keine, sagt Cahenzli, wohl wissend, wie klein die Möglichkeit auf eine Sensation ist.

Denn, läuft alles normal, haben die Amateure gegen eine nur halbwegs motivierte und ernsthaft auftretende Profimannschaft keine Chance, prallen in einem solchen Duell doch ganz unterschiedliche Hockeywelten aufeinander.

Die Davoser stecken allerdings zu diesem Zeitpunkt in einer stressigen Phase. Innerhalb von elf Tagen stehen für den Rekordmeister gleich sechs Partien in drei verschiedenen Wettbewerben auf dem Programm. Dass Trainer Arno del Curto dabei hinter der Champions League und der Meisterschaft dem Cup die tiefste Priorität einräumt, mag nachvollziehbar sein.

Schon einige Tage vor dem Spiel deutet sich an, dass der HCD im Chreis nicht in Topbesetzung antreten wird. Noch am Spieltag selber ist im Teamchat des EHCD ein Werweissen im Gang, wer beim Gegner denn nun wirklich spielt, bis das Matchblatt am frühen Abend dem Rätseln ein Ende setzt.

Als die Glattaler die Aufstellung des Gegners sehen, wächst ihre Hoffnung. Sportchef Urs Wüst etwa sagt, was sich bei ihm in diesem Augenblick verändert hat: «Da bin ich kribbelig geworden.»

Auf ein halbes Dutzend Stammkräfte verzichtet Trainer Del Curto, wobei ihm auch noch fünf verletzte Stammspieler fehlen. Dafür wirft der Engadiner im Chreis fünf Elite-Junioren ins kalte Wasser und tritt mit einem Team an, dessen Durchschnittsalter unter 22 Jahren ist.

Wie im Rausch

Doch Del Curto hat die Rechnung ohne den EHC Dübendorf gemacht. Der Erstligist geht schon nach 68 Sekunden in doppelter Überzahl durch Andreas Bührer in Führung.

Angefeuert vom Publikum, spielt er sich in eine Art Rauschzustand, aus dem er sich auch durch Rückschläge nicht vertreiben lässt.

Eishalle im Chreis, Dübendorf mit dem 1:0 Andreas Bührer gegen Goalie Gilles Senn
Ein idealer Auftakt: Andreas Bührer bringt den Underdog schon in der 2. Minute in Führung. (Archiv) Foto: Robert Pfiffner

Und doch scheint irgendwie alles wie erwartet zu enden. Der Favorit spielt in der Abwehr zwar liederlich und zeigt sich in der Offensive minimalistisch, dank drei Treffern von Marc Aeschlimann liegt er zur zweiten Pause dennoch in Führung.

Doch er kann seine Führung gegen den angezählten Gegner nicht ausbauen, ja nicht einmal das Verwalten gelingt ihm. In der 57. Minute lässt HCD-Keeper Senn einen Handgelenkschuss von Mattia Guidotti zum 4:4 passieren. Es kommt tatsächlich zur Verlängerung, die nur 116 Sekunden dauert. Dann sorgt der nach vorne geschlichene Verteidiger Reichart mit seinem Tor für Wellen der Begeisterung.

Eishalle im Chreis, Dübendorf
Aus dem Stadion wird eine Festhütte: Dübendorfer Fans im Freudentaumel. (Archiv) Foto: Robert Pfiffner

«Es ist einfach geil», schwärmt sein Teamkollege Bührer, während EHCD-Coach Cahenzli sagt: «Sie haben uns unterschätzt. Aber das ist mir Wurst.» Gelassen nimmt Arno del Curto die Niederlage hin, die dem Traditionsklub viel Spott einträgt. «Die Dübendorfer haben eine Topleistung gezeigt», lobt er. Und findet das Ausscheiden nicht tragisch.

Der EHC Dübendorf geniesst das nationale Rampenlicht in vollen Zügen. Und zeigt im Nachgang Wortwitz, indem er T-Shirts machen lässt mit der Aufschrift «Dübi meistert den Meister». Von einem weiteren Coup ist der EHCD in der nächsten Cup-Runde allerdings weit entfernt. Er unterliegt dem B-Ligisten Visp deutlich 2:7.

Sechs Jahre nach der Dübendorfer Sensation wird der mit grossem Brimborium neu lancierte Schweizer Cup schon wieder abgeschafft – die Klubs der höchsten Liga haben ihn immer nur als unnötige Belastung angesehen. Seit 2021 gibt es zwar den sogenannten National Cup, die Klubs aus der höchsten Liga nehmen daran aber nicht teil.

Oberländer Sportmomente

Denkwürdiges, Erheiterndes und Historisches aus dem Oberländer Sportgeschehen: In loser Reihenfolge blicken wir zurück auf besondere Sportmomente. Bisher erschienen:

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