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Ian Raubal an der Universiade

Ein erster Karrierehöhepunkt: Ian Raubal überzeugte 2023 an der Universiade in China. Foto: Mirjam Leutwiler/Swiss University Sports

Fällander Turner

Er ist sich im Klaren: Es wird knapp

Ian Raubal hofft auf seine Olympia-Premiere in Paris. Um dabei zu sein, muss in den nächsten Wochen allerdings alles für ihn laufen.

Ein erster Karrierehöhepunkt: Ian Raubal überzeugte 2023 an der Universiade in China. Foto: Mirjam Leutwiler/Swiss University Sports

Veröffentlicht am: 06.06.2024 – 09.52 Uhr

Physisch ist er im Rückstand. Der Formstand könnte ebenfalls besser sein. Und komplette Übungen konnte er erst kürzlich erstmals wieder turnen. Ian Raubal ist sich darum im Klaren: Es wird knapp.

Nun muss vieles für ihn laufen. Oder wie er sagt: «Ich muss jeden Tag das Maximum herausholen.» Chancenlos aber ist der Fällander keineswegs. Denn im Prinzip beginnen alle Nationalkader-Athleten im Kampf um einen der fünf Olympia-Plätze im Schweizer Team vom selben Punkt aus.

In den nächsten Wochen folgt die entscheidende Phase. Drei Selektionswettkämpfe stehen an. Deren Resultate fallen bei der Teamzusammenstellung für die Spiele in Paris stark ins Gewicht. Zwei Wettkämpfe sind intern innerhalb von zwei Tagen, am dritten dürfte viel Publikum für eine ganz andere Atmosphäre sorgen – es ist die SM in Biel vom 22. und 23. Juni.

«Drei oder vier Plätze sind recht offen», glaubt Raubal und sagt: «Es kann alles passieren.»

Raubal gehört mit seinen 22 Jahren zu den Jüngeren im Kandidatenkreis. Dieser umfasst nach dem verletzungsbedingten Aus eines Trios noch immer über zehn Turner, darunter etwa den Rütner Moreno Kratter.

Eine Verletzung war es auch, die Raubals Olympia-Chancen haben schrumpfen lassen. Der in den USA an der Pennsylvania State University studierende und fürs Uni-Team turnende Raubal musste zuletzt nach einem Sehnenriss am Finger fast zwei Monate lang pausieren.

Erst vor drei Wochen wurde er die Schiene am Finger wieder los. Eine ideale Ausgangslage für die entscheidenden Wettkämpfe sieht definitiv anders aus.

Der Fehler in der Euphorie

Wie schätzt Raubal, der seit Ende April die Spitzensport-RS absolviert, seine Ausgangslage ein? «Vom Formstand her bin ich sicher ausserhalb der ersten fünf oder sechs Turner», sagt er. Und legt dann auch dar, weshalb seine Antwort Anfang Jahr, als er noch fit war, anders ausgefallen wäre.

Damals hätte er die Chance auf seine Olympia-Premiere als klar höher eingeschätzt. Auch wegen seiner Stärke an den Ringen, einem Gerät, an dem er die Schweiz nicht besonders gut aufgestellt sieht.

«Nach der Pause aber sieht alles anders aus.» Hadern mag Raubal trotzdem nicht. Schliesslich gehören Verletzungen zum Alltag von Spitzenturnern. Der Sehnenriss war indes nicht sein einziger Rückschlag in den vergangenen Monaten. Im letzten Herbst lag Raubal dreimal hintereinander für jeweils knapp eine Woche lang flach.

Der Körper war am Limit.

Ian Raubal

Ganz unschuldig an dieser Häufung dürfte er nicht gewesen sein, ist seine Vermutung. «Der Körper war wohl am Limit.» Der Fällander geht davon aus: Hätte er sich mehr Pausen gegönnt, wäre das nicht passiert. Doch gingen mit ihm nach den Erfolgen an der Anfang August stattfindenden Universiade – salopp gesagt – die Gäule durch.

Achter mit dem Team war Raubal da geworden und hatte sich in einem starken Feld im Mehrkampf-Final auf Rang 12 klassiert. Mit Olympia im Hinterkopf hatte Raubal quasi in der Euphorie danach direkt unablässig und hart weiter trainiert. Er ist überzeugt: «Das wurde mir zum Verhängnis.»

Die Sache mit dem Kreis

Mittlerweile ordnet Raubal das Ganze unter der Rubrik «Lehrblätz» ein. Klar, er wird alles daransetzen, an den Qualifikationswettkämpfen möglichst gut zu turnen. Nach den gesundheitlichen Problemen sieht er die Spiele 2024 aber eher als eine Art Zusatzchance an. Auch darum, weil sich Raubal sicher ist, noch nicht auf dem Zenit seiner turnerischen Fähigkeiten angelangt zu sein.

In vier Jahren aber will er so weit sein. Die Sommerspiele 2028 in Los Angeles anzupeilen, ist besonders motivierend für ihn. Nicht einfach deshalb, weil er seit Herbst 2022 in den USA studiert. Raubal hat einen engen Bezug zum Land. Mit seiner Familie lebte er als Kind mehrere Jahre lang in Kalifornien. Da begann er mit sechs mit Turnen und besitzt dank seiner Mutter den US-Pass.

«In L.A. würde sich ein Kreis schliessen», hat Raubal die besondere Symbolik erkannt. Noch ist das alles weit weg. Und doch geht es Schlag auf Schlag, hat er das Gefühl. Sind die Spiele in Paris vorbei, beginnen schnell einmal die Planungen für den nächsten Olympia-Zyklus.

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