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Eishockey 1. Liga Dübendorf Schiedsrichter Steven Widmer

In neuer Rolle an alter Wirkungsstätte: Steven Widmer pfiff Anfang Januar erstmals eine Partie im Dübendorfer «Chreis». Foto: Mauricette Schnider

Ex-Spieler des EHC Dübendorf

Als Spieler ein Heisssporn – nun will er als Schiedsrichter hoch hinaus

Der langjährige Dübendorfer Stürmer Steven Widmer kehrte kürzlich in neuer Rolle in den «Chreis» zurück.

In neuer Rolle an alter Wirkungsstätte: Steven Widmer pfiff Anfang Januar erstmals eine Partie im Dübendorfer «Chreis». Foto: Mauricette Schnider

Veröffentlicht am: 19.01.2024 – 11.50 Uhr

Es ist eigentlich eine unglaubliche Geschichte. Als Steven Widmer noch für den EHC Dübendorf stürmte, zählte er zu jenen Spielern, die die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Beim Gegner, aber auch bei Schiedsrichtern erarbeitete er sich einen zwiespältigen Bekanntheitsgrad – auch, weil er das Herz auf der Zunge trug.

Und nun ist Steven Widmer Schiedsrichter. Ausgerechnet er. «Hätte mir vor zwei Jahren jemand gesagt, dass ich mal so dafür schwärme, hätte ich ihn ausgelacht», sagt Widmer.

Das Kompliment des Hitzkopfs

Es war auch ein ungewohntes Bild für das Dübendorfer Publikum, als Widmer kürzlich das Spiel des EHCD gegen Herisau leitete. Nervöser als sonst war er vor dem ersten Auftritt als Unparteiischer in «meiner Halle». Und die etwas ruppige Partie nahm er als «das intensivste Spiel, seit ich pfeife», wahr. Doch nach dem 3:1-Sieg des EHCD war seine Leistung kein Diskussionspunkt. Ein Herisauer habe ihm gesagt, er habe gut gepfiffen – «wenn dir ein Hitzkopf das sagt, obwohl er verloren hat und du seinem Team mehr Strafen gegeben hast als dem Gegner, ist das ein schönes Kompliment.»

Doch warum leitet nun ausgerechnet er Partien? Der entscheidende Moment kam nach einem seiner letzten Spiele für den EHCD vor knapp zwei Jahren. Als es sich schon herumgesprochen hatte, dass er keinen Vertrag mehr erhält, riefen ihn zwei Ex-Spieler an, die nun Schiedsrichter sind – der Churer Lars Arpagaus und Joshua Blasbalg, der für Dübendorf und Wetzikon spielte. Es gelang ihnen, Widmer den Seitenwechsel schmackhaft zu machen. Der Grund: «Ich wusste, was Arpagaus als Gegner für ein Heisssporn war. Ich glaubte es ihm, weil ich gleich war.»

Du fluchst jahrelang über Schiedsrichter – wieso sollst du also selber einer werden?

Steven Widmer

Dass es bei ihm über Mund-Propaganda lief, ist kein Zufall. Es gibt zwar die Kampagne «No Refs – no Game», sie richtet sich aber nicht explizit an ehemalige Spieler. «Du fluchst jahrelang über Schiedsrichter – wieso sollst du also selber einer werden?», sagt Widmer. Er findet, es müsste ein Ziel des Verbands sein, noch mehr ehemalige Spieler zu akquirieren.

Was gibt es für Perspektiven? Was braucht es für Attribute? Solche Dinge legten Arpagaus und Blasbalg dem Brüttiseller dar – und brachten ihn so zum Umdenken. «Im Nachhinein muss ich sagen: Es würde vielen guttun, einmal ein Spiel zu leiten und diese Perspektive zu sehen. Beides hat seinen Reiz.»

Die Sache mit der Nähe und der Distanz

Als Ex-Spieler sieht er nicht nur schlittschuhläuferisch und konditionell Vorteile. «Ich kann Situationen antizipieren und weiss, wann ich mit welchem Spieler wie reden kann – und wann es gar nichts bringt, weil er gar nicht aufnahmefähig ist.» Damit dürften Respekt und Akzeptanz von den Spielern zusammenhängen, die er auf dem Eis als Schiedsrichter spürt. Allerdings ist Widmer auch einer, der mit seiner Postur Autorität ausstrahlt – und gut reden kann. Schliesslich ist er Verkaufschef bei einer auf Büroeinrichtungen spezialisierten Firma.

Doch der Umstieg fiel ihm nicht nur leicht. Regeltechnisch einerseits – «als Spieler hast du eigentlich keine Ahnung». Am meisten Mühe bereitete ihm aber die Fülle an Aufgaben, die ihn anfangs im Zweimannsystem erwarteten. «Es waren völlig ungewohnte Abläufe – und ungewohnte Laufwege. Als Spieler willst du nah dran sein, als Schiedsrichter ist auch eine gewisse Distanz wichtig. Je näher man an einer Situation ist, umso hektischer ist sie. Je weiter weg, desto ruhiger und langsamer.»

Im Kurs war er der Gag

Sein Seitenwechsel sprach sich herum wie ein Lauffeuer. Auch unter den Schiedsrichtern, auf die er an seinem ersten Kurstag traf. «Viele reagierten ungläubig. Aber auch sehr respektvoll. Und ich war der grosse Gag im Kurs, weil ich als Beispiel herhalten musste.» Bald aber fühlte er sich in der Schiedsrichter-Gemeinschaft gut aufgenommen und unterstützt.

Der Austausch ist rege. Und wenn Widmer mal den einen oder anderen Videoausschnitt eines seiner Spiele in den Gruppenchat stellt und fragt, wie die anderen da gehandelt hätten, kommt schon mal eine fünfminütige Sprachnachricht von Profi-Referee Daniel Stricker zurück, dem erfahrensten Schiedsrichter des Lands. «Solche Inputs sind extrem wertvoll», findet Widmer.

Es soll bis ganz nach oben gehen

Sein Aufstieg bisher war steil, steiler als bei einem, der vorher nicht selber gespielt hatte. Im Normalfall beginnt man in der 4. Liga, Leute wie Widmer aber können höher einsteigen. Schon in seinem ersten Jahr pfiff er ein Spiel der Zweitliga-Playoff-Finalserie zwischen Illnau-Effretikon und Wallisellen. Und nun ist er bereits in der 1. Liga angelangt, pfeift dazu noch Spiele der Stufen U17-Elit und U20-Top.

Auf rund 100 Spiele als Referee wird es der 31-Jährige bis Ende Saison bringen – was er als «erschreckend wenig» bezeichnet. «Ich brauche Kilometer und Spielminuten, um Routine aufzubauen, die perfekte Position auf dem Eis und meine Linie zu finden.»

Wie seine Karriere verlaufen könnte, haben andere vorgemacht. Arpagaus und Blasbalg sind unterdessen Headschiedsrichter in der Swiss League. Die grosse Vorbildfigur punkto Weg als Schiedsrichter ist für Widmer aber Stefan Hürlimann. Der Ex-Lakers-Profi wurde nach seinem Rücktritt vor knapp sieben Jahren Referee und pfeift unterdessen in der NLA. Das ist auch Widmers Fernziel.

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