Hat der Abstieg personelle Konsequenzen?
Nein. Reto Stirnimann bleibt Trainer, sein Vertrag wurde im Januar ligaunabhängig verlängert. Der Davoser ist im EHCD nicht nur Trainer des Fanionteams, sondern auch in den Nachwuchs und in die Administration involviert – der Klub bezifferte den Aufwand für das Fanionteam auf nur 40 Stellenprozente von Stirnimanns Engagement.
Dass es trotzdem noch zur Trennung kommt, ist aber nicht nur deshalb nahezu undenkbar: Sportchef Urs Wüst bezeichnete die Vertragsverlängerung noch am Dienstagabend nach dem Abstieg als richtig. Für Wüst selber ist der Abstieg ein Tiefpunkt in seiner über 25-jährigen Amtszeit als EHCD-Sportchef. Doch er spricht vom Neuaufbau, und nicht vom Rücktritt.
Wie ist die Ausgangslage für Dübendorf auf dem Transfermarkt?
Sie ist deutlich schwieriger geworden – und war vorher schon nicht mehr rosig. Die Zeiten, in denen Spieler in Dübendorf Schlange standen, sind schon länger vorbei. Zu tun hat das auch mit der aufrüstenden und aufstiegswilligen Konkurrenz in der MHL.
Dazu kommt: Nägel mit Köpfen machen kann der Klub erst seit wenigen Tagen. Und freie Plätze für ambitionierte Spieler gibt es derzeit wohl aussergewöhnlich viele: Nach dem freiwilligen Rückzug aus der Swiss League muss Langenthal für die MHL ein neues Team zusammenstellen, die Oberaargauer haben zur Spielerrekrutierung bereits zwei Try-Outs geplant. Unter diesen Umständen kann man zwar mit vielen Spielern sprechen – doch mit der Unterschrift unter einen Vertrag dürften sich die Spieler Zeit lassen.
Muss Dübendorf nächste Saison nur mit Junioren spielen?
Dass es eine Verjüngung geben wird, liegt auf der Hand, schliesslich beträgt das Durchschnittsalter der 13 Abgänge 27,5 Jahre. Und dass mehrere Nachwuchskräfte aus der Lions-Organisation eingebaut werden ist naheliegend. Doch das Risiko, dass der EHCD eine komplett junge und unerfahrene Truppe in die 1. Liga schicken wird, ist gering.
Dann müssten sich auch sämtliche aktuellen Kaderspieler dazu entschliessen, zurückzutreten oder nächste Saison woanders zu spielen – und das ist undenkbar. Sportchef Wüst liess vor einigen Tagen durchblicken, dass ihm Zusagen von bisherigen Spielern vorliegen – inwiefern diese auch für die 1. Liga gelten, blieb allerdings offen.
Dennoch: Es ist gut möglich, dass der neue Kern der Mannschaft aus Spielern besteht, die im besten Hockeyalter sind im EHCD ihr Potenzial bereits unter Beweis gestellt haben: der kampfstarke und zähe Verteidiger Sergio Piai etwa, der wuchtige Stürmer Jari Allevi, oder Dominik Hardmeier und Damon Puntus, in der Saison 21/22 die besten Skorer der Equipe.
Werden sich Wetzikon und Dübendorf nächste Saison um den Aufstieg duellieren?
Das Glattal-Derby gegen Bülach fällt für den EHCD weg, dafür kommt jenes gegen Wetzikon wieder dazu – für die Fans dürfte das einer der wenigen positiven Aspekte des Abstiegs sein. Die beiden Lokalrivalen trafen im März 2017 letztmals aufeinander, als Dübendorf die Playoff-Halbfinalserie 3:1 für sich entschied.
Damals hatten die Dübendorfer den Aufstieg in die neue höchste Amateurliga schon auf sicher – und die Wetziker kein Interesse daran. Letzteres hat sich verändert, die MHL ist das erklärte Ziel des EHCW, der Klub hat aber einmal mehr einen misslungenen Versuch hinter sich.
Ein Duell um den Aufstieg würde man sich als neutraler Beobachter wünschen. Doch ob der EHCD schon in der nächsten Saison die Rückkehr in die MHL als Saisonziel definieren wird bleibt abzuwarten – es würde nicht überraschen, wenn der Klub sich vorerst in Zurückhaltung übt und den Neuaufbau nicht mit Aufstiegsdruck verbindet. Denn schliesslich spielt er in der 1. Liga nicht automatisch vorne mit, nur weil er der EHC Dübendorf ist.
Was ändert sich an Dübendorfs Stellenwert in der Lions-Organisation?
Vorderhand wenig. Der EHCD ist noch immer auf dritthöchste Stufe nach den ZSC Lions und den GCK Lions – einfach eine Liga tiefer. Er muss in der 1. Liga aber seinen Platz nicht mit einem anderen Partnerteam teilen. Der EHC Wallisellen ist zwar noch im Rennen um den Zweitliga-Meistertitel, will aber nicht aufsteigen.
Natürlich ist die Lücke zu den GCK Lions in der Swiss League grösser geworden. Tempo, Qualität und Intensität sind in der MHL im Schnitt deutlich höher als in der 1. Liga. Letztere aber ist für Nachwuchskräfte womöglich nicht der schlechtere Einstieg ins Erwachsenenhockey. Und auf die enge Verflechtung im Nachwuchs hat der Abstieg keinen Einfluss. Wüst sagt: «Wir sind für gute Nachwuchsarbeit bekannt. Und es liegt auch im Interesse der Lions-Organisation, dass wir nun einen guten Aufbau machen und stärker zurückkehren.»
Droht ein Sponsoren-Exodus?
Ausgeschlossen ist es nicht, dass der eine oder andere Geldgeber nun sein Engagement überdenkt. EHCD-Präsident Fredy Meyer glaubt aber nicht, dass dem Klub nun die Geldgeber reihenweise abhanden kommen oder ihren Beitrag massiv zurückschrauben. Schliesslich sind viele schon seit Jahren dabei. Und auch wenn die MHL sportlich attraktiver ist als die 1. Liga, so bewegen sich die beiden Ligen punkto Präsenz in der Öffentlichkeit auf vergleichbarer und bescheidener Ebene.
Es geht den Sponsoren mehr um den Klub selber, nicht um den sportlichen Erfolg – wie überall auf Amateurstufe. Mittelfristig ist der EHCD aber doch wieder zum Erfolg verdammt – weil sein Umfeld erfolgsgewohnt ist. Denn Sportchef Wüst sagt: «Die Erwartungshaltung ist hoch, wir müssen konkurrenzfähig sein, um den Anforderungen der Fans und des Umfelds gerecht zu werden.»
Wird der EHCD Zuschauer verlieren?
Nimmt man die letzte Erstliga-Saison vor Einführung der höchsten Amateurliga zum Vergleich, lautet die Antwort: Nein, im Gegenteil. 527 Zuschauer hatte der EHCD im Winter 2016/17 in der Qualifikation im Schnitt pro Spiel. In der aktuellen Saison waren es in der Abstiegsrunde zwar 558, in der Qualifikation aber nur noch 374. In der Erstliga-Ostgruppe wäre das der drittbeste Wert nach Wetzikon (447) und Rheintal (400).
Doch die Corona-Pandemie sorgte dafür, dass die Zuschauerzahlen in den Amateurligen nach 2020 zurückgingen und sich bisher nicht erholt haben – insofern hinkt dieser Vergleich.
Den höchsten Schnitt erreichte der EHCD in der MHL in der Qualifikation 2019/20 mit 552 Zuschauern pro Spiel. Das ist im Vergleich zur letzten Erstliga-Saison eine Steigerung, aber kein Quantensprung. Ob der Umkehrschluss gilt, dass nun ein leichter Rückgang, aber kein Einbruch zu erwarten ist, wird sich zeigen. Sicher scheint: Das Derby gegen Wetzikon wird der grösste Magnet sein. 659, 828, 856 lauten die Zuschauerzahlen der drei Derbys im Chreis in der Saison 2016/17.
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