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Menschen auf einer Bühne.

Am Podium im Fällander Gemeindesaal stritten die Teilnehmer über das Thema Ausgliederung des Alterszentrums Sunnetal zur AG. Von links: Tobias Diener, Heinz Rüegsegger, Maia Ernst, Huldrych Thomann, Dorothee Jaun, Martin Oeschger. Foto: David Marti

Debatte in Fällanden

Ein zu hoher Preis für die «Mainstream»-Lösung?

Soll das Alterszentrum Sunnetal zur AG werden? An einem Podium in Fällanden diskutierten Befürworter und Gegner über Sinn und Unsinn dieser Pläne. Am Ende wünschte der SVP-Präsident dem Gemeinderat einen Schiffbruch – wenn auch einen versüssten.

Am Podium im Fällander Gemeindesaal stritten die Teilnehmer über das Thema Ausgliederung des Alterszentrums Sunnetal zur AG. Von links: Tobias Diener, Heinz Rüegsegger, Maia Ernst, Huldrych Thomann, Dorothee Jaun, Martin Oeschger. Foto: David Marti

Veröffentlicht am: 23.01.2025 – 15.27 Uhr

Die Pläne des Fällander Gemeinderats, das Alterszentrum Sunnetal in eine Aktiengesellschaft zu überführen, kommen bei SP und SVP nicht gut an. Die Parteien luden am Mittwochabend zu einem Podium, um mit drei Vertretern des Gemeinderats vor etwa 60 Personen die Klingen zu kreuzen. Die Stimmberechtigten entscheiden am 9. Februar an der Urne über die Umwandlung in eine AG.

Weil der Moderator kurzfristig ausfiel, musste SVP-Präsident Huldrych Thomann selber ran. Da auf der anderen Seite Gemeindepräsident Tobias Diener (FDP) wegen beruflichen Verpflichtungen auf den Grossteil der Diskussion verzichten musste, war das kontradiktorische Podium dennoch ausgeglichen.  

Die ehemalige SP-Gemeinderätin und Kantonsrätin Dorothee Jaun ging gleich hart mit den Absichten der Behörden ins Gericht: «Die Aktiengesellschaft ist die schlechteste Lösung. Damit schüttet der Gemeinderat das Kind mit dem Bade aus.» Der Gemeinderat hätte stattdessen schon lange ein Beratergremium mit Finanzkompetenz schaffen können.  

Für Gemeinderätin Maia Ernst (GLP) war dieses Beratergremium nur eine «Notlösung», wie sie sagte. Das Gremium hat für die Gemeinde den Betrieb des Sunnetal analysiert und Verbesserungsvorschläge gemacht.

Maia Ernst argumentierte, dass laut einer Statistik des Bunds die Altersheime unter Führung der Gemeindeverwaltung wirtschaftlich am schlechtesten abschneiden. «Offensichtlich sind wir da nicht allein.» 2022 seien nur noch 10 Prozent der Heime im Kanton von Gemeinden geführt, von diesen seien 60 Prozent defizitär. Ernst stellte insbesondere den zeitraubenden Prozess als grosses Hindernis dar, der selbst bei einer kleinen Umstellung durch den Weg über die Gemeindeverwaltung entsteht.

Dorothee Jaun liess das nicht gelten: «Das ist doch mit einem Verwaltungsrat das gleiche Vorgehen.» Es gehe letztlich nur darum, wie speditiv die Betroffenen arbeiteten. «Es ist ein Märchen, dass dies bei einer AG schneller geht.»

Ausgeschlossene Stimmbürger

Jaun sieht mit der Bildung einer AG den Ausschluss des Stimmvolks. «Wenn die Aktionärsversammlung eine Investition beschliesst, hat der Stimmbürger nichts mehr zu sagen.» Bei grossen Änderungen sollten die Fällanderinnen und Fällander mitbestimmen können. «Denn wir schauen kritisch hin.»

Der demokratische Einfluss beim Sunnetal hält Maia Ernst hingegen für gering. «Eigentlich hat der Stimmbürger in den letzten Jahren nur übers Budget bestimmt und die Rechnung abgenommen.» Sonst habe man in der Betriebsführung nichts mitbestimmt.

«Das will ja auch niemand», sagte Martin Oeschger, Präsident der Rechnungsprüfungskommission und Fällander SP-Präsident. «Keiner will, dass Tausende beim Betrieb eines Alterszentrums mitreden.» Bei gewichtigen Investitionen in die Zukunft des Sunnteals soll dies aber schon möglich sein. «Wenn wir es in eine AG auslagern, können wir nicht mehr abstimmen. Das ist ein zu hoher Preis, den wir dafür zahlen werden.»

Steigen die Preise?

Die Kosten waren an dem Abend immer wieder ein Thema. Das Sunnetal schreibt seit Jahren einen Verlust in sechsstelliger Höhe. Dorothee Jaun glaubt, dass eine künftige AG die Preise erhöhen wird, um das Defizit auszugleichen. «Das kann aber auch der Gemeinderat, dafür braucht es nicht extra eine AG.»

Was Moderator Huldrych Thomann zur zugespitzten Frage bewog: «Wenn das Sunnetal zur AG wird, wird es dann billiger und besser?»

Es werde nicht billiger und nicht teurer, sagte Maia Ernst. «Wir haben einen Markt, in dem man konkurrenzfähig bleiben muss. Erhöhen wir unsere Preise, dann haben wir schnell leere Betten.»

Wenig Verständnis zeigte die Opposition der AG-Gründung auch hinsichtlich der Anschubfinanzierung in Millionenhöhe. Wie hoch diese genau ausfällt, war an dem Abend Ansichtssache. Die Beträge variierten je nach politischer Gesinnung und ob mit oder ohne Fonds zwischen 2,4 Millionen und 3,4 Millionen Franken. Martin Oeschger rechnete vor, dass mit dem Geld 20 Jahre lang ein Defizit gedeckt werden könnte, anstatt diese Mittel einer AG zu geben.

Süssigkeiten zum Trost?

Auch aus dem Publikum des Gemeindesaals meldete sich eine Fällanderin, die diese Anschubfinanzierung missbilligte. Finanzvorstand Heinz Rüegsegger (Die Mitte) versuchte, mit einem Beispiel darauf zu reagieren: «Wer eine Firma gründet, braucht Startkapital.» Es müssten schliesslich schon bald die ersten Rechnungen oder Löhne bezahlt werden.

Das Alterszentrum in Fällanden soll in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Darüber entscheidet die Stimmbevölkerung an der Urne.
Ob das Alterszentrum Sunnetal in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wird, entscheidet die Stimmbevölkerung an der Urne. Foto: David Marti

Sozusagen als Königsweg sieht Gemeindepräsident Tobias Diener (FDP) die Überführung in eine AG. Er sagte, dass von 2011 bis heute andere Altersheime in der Umgebung den Schritt in eine AG und damit eine «zeitgemässe» und «wettbewerbsfähige» Struktur gemacht hätten. «Wieso sollten wir jetzt wieder den Fällander Weg wählen und es anders machen als alle anderen? Die AG ist keine exotische Lösung, sondern Mainstream.»

Die unparteiische Rolle als Moderator hielt SVP-Präsident Huldrych Thomann freilich nicht durch. Am Ende übergab er den drei Vertretern des Gemeinderats eine kleine Tasche mit Süssigkeiten, damit der Misserfolg an der Urne nicht «allzu bitter» schmecke. «Wir sind ja nicht gegen Euch, aber Euren Vorschlag», sagte Thomann augenzwinkernd. «So wünschen wir euch einen Schiffbruch an der Urne.»

 

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