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Das Alterszentrum in Fällanden soll in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Darüber entscheidet die Stimmbevölkerung an der Urne.

Das Alterszentrum in Fällanden soll in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Darüber entscheidet die Stimmbevölkerung an der Urne. Foto: David Marti

Umstrittenes Urnengeschäft

«Dem Betrieb fehlt heute die nötige Agilität, zeitnah zu reagieren»

Für Gemeinderätin Maia Ernst (GLP) hat das Alterszentrum Sunnetal in Fällanden nur als Aktiengesellschaft eine Zukunft. Im Interview sagt sie, weshalb sie mit der Umwandlung in eine AG an ein Ende des defizitären Betriebs glaubt.   

Das Alterszentrum in Fällanden soll in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Darüber entscheidet die Stimmbevölkerung an der Urne. Foto: David Marti

Veröffentlicht am: 18.01.2025 – 09.04 Uhr

Frau Ernst, 2,8 Millionen Franken Anschubfinanzierung will der Gemeinderat für die Ausgliederung des Alterszentrums Sunnetal in eine Aktiengesellschaft bezahlen. Weshalb braucht es so viel Geld für diesen Schritt?

Maia Ernst: Diese Starthilfe ist eine Sicherheit, damit der Betrieb von Anfang an funktionieren kann. Heute sind sämtliche Gelder, die man erwirtschaftete, und sämtliche Abschreibungen der letzten Jahre auf dem Konto der Gemeinde und nicht auf dem Konto des Alterszentrums. Das Sunnetal hat keine eigene Kasse. Darum scheint die Starthilfe relativ hoch zu sein. Doch der Betrieb erhält in Zukunft kein Geld mehr von der Gemeinde und muss deshalb sämtliche Investitionen selber bezahlen sowie eigene Rücklagen aufbauen.

Aber wofür wird denn das Geld gebraucht?

Zuerst, um die laufenden Kosten zu decken, und für notwendige Initialisierungskosten. Dazu gehört der Aufbau für die diversen Leistungen, die jetzt noch die Gemeinde erbringt. Beispiele sind die Investitionen in die eigene EDV und der Aufbau eines eigenen Personalwesens. Heute hat das Sunnetal weder das eine noch das andere.

Darum geht es

Der Fällander Gemeinderat will das Alterszentrum Sunnetal per 1. Januar 2026 in eine sogenannte gemeinnützige Aktiengesellschaft umwandeln. Am 9. Februar entscheidet die Stimmbevölkerung an der Urne darüber.

Von den Ortsparteien haben sich die SP und die SVP gegen diese Pläne ausgesprochen. Dafür sind die GLP und die Mitte. Die Haltung der anderen Parteien ist bis Redaktionsschluss nicht bekannt gegeben worden.

Zusätzlich überträgt die Gemeinde der Aktiengesellschaft zwei Fonds sowie Kautionen in Höhe von 753'000 Franken.

Das ist nur logisch und konsequent. Wenn das Alterszentrum als eigenständiger Betrieb geführt wird, soll es natürlich auch über die Fonds verfügen, die direkt mit dem Betrieb des Sunnetals zusammenhängen. Wobei diese Fonds zweckgebunden sind. Damit werden etwa Weihnachtsfeste, Jubiläumsfeste oder Einrichtungen für die Bewohner finanziert. Man kann damit nicht einfach die Löhne oder laufende Kosten zahlen.

Das Alterszentrum schreibt seit vielen Jahren Verluste im sechsstelligen Bereich. Wieso soll das mit einer Umwandlung in eine Aktiengesellschaft anders werden?

Zugegeben, beim Führen eines Pflegeheims agiert man in einem sehr schwierigen Umfeld, nicht zuletzt, weil das Pflegepersonal schwierig zu rekrutieren ist. Ich kann nicht sagen, dass wir gleich zu Beginn bei einer schwarzen Null sein werden, aber wir streben es an. Als AG erhält das Alterszentrum die nötige Selbständigkeit, damit der Betrieb auf nötige Veränderungen richtig und rechtzeitig reagieren kann.

Und weshalb ist das wichtig?

Relevant ist das rechtzeitige Erkennen von notwendigen Verbesserungen im Betrieb, also eine stetige Betriebsanalyse und der Blick auf künftige Veränderungen. Beispielsweise bleiben die Menschen dank Spitex-Leistungen länger daheim und kommen erst bei hohem Pflegebedarf ins Heim. Wesentlich ist also, bereit zu sein für die veränderten Bedürfnisse der Bevölkerung. Dem Betrieb fehlt heute die nötige Agilität, zeitnah zu reagieren. So muss jede grössere Investition vom Gemeinderat überprüft werden und läuft allenfalls noch über eine Gemeindeversammlung. Das ist mit einem grossen zeitlichen und personellen Aufwand verbunden, der Geld kostet.

Zum Beispiel?

Es blieben beispielsweise nach der Essensabgabe an die älteren Leute zu viele Resten auf den Tellern liegen. Dies, weil einige Bewohner weniger assen oder ihnen das Essen nicht geschmeckt hatte. Daraufhin haben wir beschlossen, auf die individuelle Essensausgabe umzustellen. Dafür war der Kauf von Boxen für knapp 17’000 Franken nötig. Diese Umstellung mit all den Anträgen über den Gemeinderat dauerte über ein halbes Jahr.

Maia Ernst, GLP-Gemeinderätin aus Fällanden
Maia Ernst: «Was wir auch in Zukunft brauchen, sind Fachpersonen, die Probleme im laufenden Betrieb erkennen.». Foto: PD

Nochmals zurück zur Anschubfinanzierung in Millionenhöhe. Die RPK rechnet vor, dass mit diesem Betrag die Defizite von etlichen Jahren ausgeglichen werden könnten.  

Im ersten Moment scheint das plausibel. Aber es geht ja nicht darum, ein Defizit auszugleichen. Denn anzustreben ist eine schwarze Null. Entscheidend ist: Muss ich bei der Betriebsführung darauf achten, eine ausgeglichene Rechnung zu haben, oder kann ich einfach darauf vertrauen, dass die Gemeinde für das Defizit aufkommt? Der Gemeinderat will keinen subventionierten Betrieb, sondern ein Alterszentrum, das wirtschaftlich ist.

Wobei der beleuchtende Bericht ein deutlich optimistischeres Bild zeigt. Laut diesem konnte das Defizit in den letzten Jahren bereits massgeblich verringert werden. Wieso also nicht auf dem bisherigen Weg weiterfahren?

Das ist richtig. Wir haben Verbesserungen hinbekommen und sind auf einem sehr guten Weg. In der Betriebsanalyse wurde jedoch deutlich darauf hingewiesen, dass dem Sunnetal ein professionelles Führungsgremium fehlt und man deshalb nicht rechtzeitig auf Probleme und Defizite reagierte. Die Führung oblag weitgehend der Leiterin oder dem Leiter des Alterszentrums. Das – so wurde festgehalten – ist ein Klumpenrisiko. Der Gemeinderat hat deshalb anstelle eines Verwaltungsrats, der in einer Gemeindeverwaltung nicht möglich ist, ein Beratungsgremium eingesetzt. Darin sind Leute mit Fachwissen aus der Alterspflege und der Führung eines Pflegezentrums. 

Weshalb also nicht weiter mit diesem Beratungsgremium zusammenarbeiten, das ja offensichtlich gute Arbeit geleistet hat?

Dieses Gremium ist nur eine Zwischenlösung, oder anders gesagt: eine Notlösung. Was wir auch in Zukunft brauchen, sind Fachpersonen, die Probleme im laufenden Betrieb erkennen, sinnvolle Massnahmen ergreifen und somit rechtzeitig reagieren. Wenn der Entscheid zur Auslagerung in eine AG gefällt wird, dann haben wir einen Verwaltungsrat. Und dieser übernimmt genau diese Aufgabe des Beratungsgremiums. 

An der Informationsveranstaltung hat der Gemeinderat schon mal die Verwaltungsratspräsidentin Karin Brunner Schmid aus Meilen vorgestellt. Damit haben Sie aber in Kauf genommen, dass sich die Stimmberechtigten überrumpelt fühlten und den Eindruck hatten, hier wurden schon vor der Abstimmung Nägel mit Köpfen gemacht.

Wir haben es gemacht, um die wichtigste Person im Verwaltungsrat vorzustellen. Sonst hätte es geheissen: Da kauft man mal wieder die Katze im Sack. Es ist ein berechtigtes Bedürfnis der Bevölkerung, zu wissen, wer Teil dieses Verwaltungsrats ist. Beim Auswahlprozess um das Präsidium haben wir von Anfang an gesagt, dass wir nicht wissen, ob wir die Abstimmung gewinnen und ob das Mandat überhaupt je zustande kommt. Für Frau Brunner Schmid ist klar, dass sie dies bei einem Nein in Kauf nehmen muss.

Als positive Beispiele solcher Umwandlungen erwähnt der Gemeinderat Altersheime in Adliswil, Männedorf oder Hombrechtikon. Ein negatives ist hingegen die Vita Futura AG in Volketswil, die laut der dortigen RPK eine «ungenügende Ertragslage» aufweist. Haben Sie keine Angst, dass mit dem Sunnetal Ähnliches passiert?

Es gibt immer negative Beispiele. Auf dem Markt sind die meisten jedoch nicht negativ, sondern positiv. Unsere Alterszentrum-Leiterin hat mit anderen Heimleitungen gesprochen. Diese wollen nicht zurück in die alte Struktur und sind froh, dass sie einen selbständigen Betrieb haben.

Und auch wenn nicht direkt vergleichbar, schwingen in der Wahrnehmung wohl auch die grossen Verluste der Spitäler Uster und Wetzikon mit.

So etwas kann eigentlich nur passieren, wenn der Verwaltungsrat und die Eigentümer nicht gut schauen und ihre Kontrollpflicht nicht wahrnehmen. Darum wird ein Gemeinderat im Verwaltungsrat sein. Auch muss der Gemeinderat regelmässig über den Geschäftsgang informiert werden. Die Rechnung des Alterszentrums muss der Bevölkerung bekannt sein und jährlich vorgelegt werden. Die Leute sollen sehen, wie es dem Alterszentrum geht.

Dass sich die Bevölkerung aber um die Zukunft des Alterszentrums sorgt, dafür haben Sie Verständnis?

Ich verstehe, dass man mit Auslagerungen von Institutionen der Öffentlichkeit, welche die Bürger bezahlt haben – wie etwa einer Post oder den SBB –, grundsätzlich skeptisch ist. Darum haben wir wirklich akribisch darauf geschaut, dass das Alterszentrum in dem Eigentum der Gemeinde bleibt. 100 Prozent der Aktien bleiben in unserem Besitz, und auch den Boden geben wir nicht her. Den kann niemand kaufen, ausser die Stimmbevölkerung will das so.

Von wichtigen Investitionsentscheiden bleibt die Bevölkerung aber ausgeschlossen.

Theoretisch schon, wenn das Alterszentrum den Kredit von einer Bank bekäme. Aber wenn man die Voraussetzungen betrachtet, wie man zu einem Bankkredit kommt, dann bin ich überzeugt, dass das Alterszentrum keinen bekommt. Weil es kein guter Kreditnehmer ist. Die Kreditwürdigkeit ist gar nicht da, und deshalb wird keine Bank grössere Beträge zur Verfügung stellen. Es bekommt vielleicht mal 300'000 Franken, aber keine drei Millionen. Darum braucht das Alterszentrum einen anderen Kreditgeber, und das kann nur die Gemeinde Fällanden sein. Grosse Investitionen von mehreren hunderttausend Franken müssen von den Bürgerinnen und Bürgern genehmigt werden.

Und nicht zuletzt ist der Wechsel für das Personal des Alterszentrums mit Änderungen verbunden. Wie sehen das die Angestellten des Sunnetals?

Das Personalreglement der Gemeindeverwaltung ist starr und berücksichtigt nicht die Bedürfnisse eines 24-Stunden-Betriebs eines Pflegeheims. Das für die AG vorgesehene Personalreglement deckt diese Bedürfnisse hingegen ab. Es wurde mit Einbezug des Personals des Sunnetals ausgearbeitet und wird deshalb von ihm ausdrücklich begrüsst.

 

 

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