Das Zwicky-Areal ist ein Grenzfall. Halb liegt es auf Walliseller und halb auf Dübendorfer Boden. Die einzige Zufahrt erfolgt über die Neugutstrasse in Wallisellen. Eigentlich befindet sich das ganze Gebiet, wo bis Ende der 1990er Jahre die Firma Zwicky & Co. Seiden- und Nähfaden produziert hatte, in einer grossen Sackgasse.
In den letzten rund 15 Jahren ist aus dem ehemaligen Industrieareal ein urbanes Quartier geworden. Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit soll nun Tempo 30 eingeführt werden – und dies gemeindeübergreifend sowohl auf Walliseller als auch auf Dübendorfer Strassen.
Sehr unterschiedliche Ausgangslage
Es gilt dabei aber zu beachten: Wallisellen ist nicht Dübendorf. Im Sommer 2021 hatte die Gemeindeversammlung von Wallisellen Tempo-30-Zonen in sämtlichen Wohnquartieren zugestimmt. In diesem Frühjahr wurden die Massnahmen umgesetzt. Da das Zwicky-Areal aber eher ein Satellitenquartier darstellt und eben auf zwei Stadtgebieten liegt, geht es mit der Temporeduktion auf diesen Strassen nicht ganz so schnell wie im Rest Wallisellens. Denn Tempo 30 hat in Dübendorf einen viel schwereren Stand als in Wallisellen.
Weiter gilt zu beachten: Dübendorf ist eben auch nicht Wallisellen. Im selben Juni 2021, als Wallisellen für flächendeckendes Tempo 30 stimmte, wurde in der Nachbarstadt Dübendorf ein Kredit für 16 neue Tempo-30-Zonen auf Quartierstrassen durch die Stimmbevölkerung abgelehnt.
2023 haben zudem die Dübendorfer Stimmberechtigten die Volksinitiative «Mitbestimmen bei Temporeduktionen» angenommen. Die Entscheidungskompetenz über Temporeduktionen soll neu beim Gemeinderat respektive beim Volk statt beim Stadtrat liegen. Eine konkrete Umsetzung der Initiative ist aktuell in Erarbeitung.
Die künftige Regelung kommt nun bei der geplanten Tempo-30-Zone Zwicky-Areal bereits zum Zug. Stadtrat und Geschäftsprüfungskommission haben den Plänen schon zugestimmt. Das Dübendorfer Stadtparlament wird am 30. September über das Geschäft befinden. Sollte es nicht angenommen werden, würde Tempo 30 wohl nur auf Walliseller Boden eingeführt. Sobald man also weiter durchs Areal auf Dübendorfer Boden fährt, würde wieder Tempo 50 gelten. Deshalb sind in den aktuellen Plänen auch zwei Versionen zu finden.
Für Dübendorf fast gratis
Ein Wort zu den Kosten: Für die Stadt Dübendorf entstehen weder Investitionskosten noch wiederkehrende Kosten. Einzig für den «Koordinationsaufwand des Planerteams zwischen den Städten Wallisellen und Dübendorf» fällt ein Mehraufwand von rund 2000 Franken an.
Da die Markierungen und Signalisationen ohnehin nur auf Walliseller Boden nötig sind, wird für den grösseren Batzen auch nur die Walliseller Rechnung belastet. 10’200 Franken sind für eine gemeindeübergreifende Lösung vorgesehen, 11’600 Franken für eine Lösung ohne Tempo 30 auf Dübendorfer Boden. Teurer wird die weniger grosse Variante, weil die Walliseller Tempo-30-Zone vor dem Dübendorfer Boden wieder aufgehoben werden müsste, was eine zusätzliche Beschilderung zur Folge hätte.
Messungen zeigen: Niemand fährt zu schnell
Aus den derzeit öffentlich aufliegenden Plänen ist ersichtlich, dass schon sehr viele Vorarbeiten geleistet wurden. Beispielsweise wurden zwischen dem 13. und 19. März 2023 Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt. Das Resultat: «Die heutige Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h wird weitgehend eingehalten.»
Mit rund 780 Fahrzeugen pro Tag weisen die Strassen vor Ort gemäss Bericht «eine niedrige Verkehrsbelastung mit einem sehr niedrigen Schwerverkehrsanteil von rund 1,5 Prozent auf». 85 Prozent des motorisierten Verkehrs fahren mit einer Geschwindigkeit von 35 km/h oder noch langsamer.
Weshalb also Tempo 30 einführen, wenn ohnehin schon fast alle weniger als 35 km/h fahren? Auch für den Walliseller Stadtrat Thomas Eckereder (SVP), den Ressortvorsteher Bevölkerung und Sicherheit, ist dies eine berechtigte Frage. «Befragungen im Quartier haben ergeben, dass der störende Lärm vor allem von der Neugutstrasse ausserhalb des Areals herrührt», so Eckereder. Im letzten Jahr wurde deshalb die Höchstgeschwindigkeit auf der Neugutstrasse zwischen der Kreuzung Überlandstrasse und Zwickystrasse bereits von 60 auf 50 km/h reduziert.
Auf der anderen Seite sei – nach dem Ja zu Tempo 30 an der Walliseller Gemeindeversammlung vom Juni 2021 – die geplante Massnahme innerhalb des Zwicky-Areals eine logische Konsequenz. «Wir erfüllen mit der Einführung der Geschwindigkeitsreduktion den Volkswillen», sagt Eckereder dazu.
Übrigens: Gemäss Auskunft der Gemeinde stellen die hochdrehenden Motoren ein zentrales Problem für die Anwohner im Zwicky-Areal dar. «Dieses kann durch die Einführung von Tempo 30 nicht direkt adressiert und verhindert werden», heisst es in den Unterlagen weiter.