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Verkehrssituation in einer Innenstadt.

Tempo 30 im Stadtzentrum: Hier wollten die Initianten den Rechtsvortritt aufheben und die Fussgängerstreifen wieder aufmalen. Foto: Thomas Bacher

Doppelte Niederlage für Aufrecht

Klares Nein zu Tempo 40 in Dübendorf

Die Dübendorfer halten an ihren Tempo-30-Zonen fest, und sie sagen Nein zu einem Naherholungsgebiet am Chriesbach. Die Ablehnung der beiden Aufrecht-Initiativen ist deutlich – wenn auch nur auf den ersten Blick.

Tempo 30 im Stadtzentrum: Hier wollten die Initianten den Rechtsvortritt aufheben und die Fussgängerstreifen wieder aufmalen. Foto: Thomas Bacher

Veröffentlicht am: 10.06.2024 – 05.59 Uhr

Aufrecht Dübendorf ist am Sonntag mit zwei Volksinitiativen an der Urne gescheitert: «Mitenand uf Dübis Strasse» wurde von den Stimmberechtigten mit 63,48 Prozent Nein-Stimmen versenkt, bei der Initiative «Naherholungsgebiet Kriesbach» betrug der Nein-Anteil 56,74 Prozent. Die Stimmbeteiligung lag bei beiden Vorlagen über 40 Prozent.

Die Gegner warnten

Mit «Mitenand uf Dübis Strasse» wollte die Partei erreichen, dass die bestehenden Tempo-30-Zonen in der Stadt aufgehoben werden. Stattdessen sollte neu Tempo 40 gelten, die Fussgängerstreifen sollten wieder aufgemalt werden. Gleichzeitig wollte Aufrecht den Rechtsvortritt aufheben und die Schwellen abbauen.

Die Gegner hatten gewarnt, dass Tempo 40 vom Gesetzgeber nicht vorgesehen ist und daher kaum bewilligungsfähig sei – und wenn doch, dann nur punktuell, womit ein unübersichtlicher Schilderwald drohe.

Verkehrssituation in einer Innenstadt.
Die Dübendorfer wollten nicht, dass die Tempo-30-Zonen aufgehoben werden. Foto: Thomas Bacher

Mit der zweiten Initiative versuchte die Partei, die einst aus Massnahmenkritikern und Impfgegnern hervorgegangen war, eine grosse Wohnüberbauung im Gebiet Gumpisbüel zu verhindern. Stattdessen sollte das rund 30'000 Quadratmeter grosse Stück Land am Chriesbach zu einem ökologischen Naherholungsgebiet ausgezont und teilweise zur biologischen Bewirtschaftung an Private und Vereine zum Selbstkostenpreis abgegeben werden.

Ende Jahr gehts weiter

Mit dem Nein der Stimmberechtigen kann der Stadtrat nun seine Pläne für die Entwicklung des Areals weiterführen. Vorgesehen sind 270 Wohnungen vor allem für Familien, dazu eine Kita, ein Café und ein Laden. Zwei Drittel der Wohnungen sollen in Kostenmiete, also ohne Gewinnabschöpfung angeboten werden. Weiter geplant ist ein naturnah gestalteter, öffentlicher Park.

Angedacht ist, dass der Baurechtsvertrag Ende Jahr oder Anfang 2025 in den Gemeinderat kommt. Allenfalls zusammen mit einem Gestaltungsplan – je nachdem, wie dicht die Bebauung des Areals am Ende ausfallen soll.

Als die beiden Initiativen im Oktober letzten Jahrs im Parlament behandelt wurden, war die Niederlage für Aufrecht niederschmetternd. Trotz gewisser Sympathien für das Naherholungsgebiet von Links-Grün gab es am Ende nur jeweils eine Ja-Stimme – von der einzigen Aufrecht-Gemeinderätin Claudia Günthart.

3000 stimmten gegen Überbauung

Verglichen mit dem, kann das Abstimmungsresultat vom Sonntag für die Partei zumindest als Teilerfolg gewertet werden. «Wir haben uns wiederholt in der Stadt rumgehört und wollten wissen, wo den Leuten der Schuh drückt», sagt Günthart. Dabei sei die teils chaotische Situation in der Tempo-30-Zone im Zentrum und die Vernichtung von Grünraum und günstigen Wohnungen durch den «Bauwahn» am häufigsten genannt worden.

Günthart sieht sich nun bestätigt: «2500 Personen haben klargemacht, dass sie mit dem Verkehrsregime im Zentrum unzufrieden sind, und 2950 wollen nicht, dass der Naturraum am Chriesbach überbaut wird.»

Kaum Geld, wenige Helfer

Gleichwohl stellt sich die Frage, ob da nicht mehr möglich gewesen wäre. Das Initiativkomitee schrieb einige Leserbriefe, und es gab zwei Standaktionen. Flyer wurden zwar in die Haushalte verteilt, Plakate gab es aber keine. Letztlich gelang es Aufrecht nicht, die Initiativen zum Dorfgespräch zu machen, obwohl es sich beim Verlust von Grünflächen und Tempo 30 eigentlich um zwei klassische «Aufregerthemen» handelt.

Das zeigte sich auch darin, dass die meisten etablierten Ortsparteien in ihren Abstimmungsempfehlungen den Fokus auf die eidgenössischen Vorlagen legten und die beiden Initiativen nicht oder nur nebenher abhandelten.

Für Claudia Günthart ist das schlicht eine Folge mangelnder Ressourcen: «Wir haben das Beste aus dem beschränkten Budget und den wenigen Teammitgliedern in Dübendorf gemacht, mehr lag da einfach nicht drin.»

Dass Aufrecht mit den beiden Initiativen allein auf weiter Flur war, begründet Günthart damit, dass sie kurz nach der Lancierung der Vorlagen in den Gemeinderat nachgerückt sei und sich erst habe einleben müssen. «Heute würde es mir sicher leichter fallen, politische Allianzen zu schmieden.»

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