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Wiese, Acker und ein Wäldchen innerhalb eines Wohnquartiers.

Geht es nach den Plänen des Stadtrats, soll dieser Acker überbaut werden. Die Initianten wollen das verhindern und den Boden biologisch bewirtschaften. Foto: Thomas Bacher

Naturraum vs. Wohnraum in Dübendorf

Das grosse «Ja, aber»

Der Dübendorfer Stadtrat plant am Chriesbach eine grosse Wohnüberbauung, doch eine Initiative will das Gebiet als Naturraum schützen. Jetzt entscheiden die Stimmberechtigten.

Geht es nach den Plänen des Stadtrats, soll dieser Acker überbaut werden. Die Initianten wollen das verhindern und den Boden biologisch bewirtschaften. Foto: Thomas Bacher

Veröffentlicht am: 28.05.2024 – 13.50 Uhr

Das Dübendorfer Parlament kannte keine Gnade, als es im vergangenen Oktober die Volksinitiative Naherholungsgebiet Kriesbach behandelte: Mit nur einer Gegenstimme lehnten die Gemeinderäte die Initiative aus den Reihen von Aufrecht ab. Doch so klar, wie das Resultat auf den ersten Blick erscheint, war die Sache nicht.

Den Initianten geht es um ein rund 30'000 Quadratmeter grosses Stück Land zwischen dem Chriesbach und der Gumpisbüelstrasse im Norden Dübendorfs. Der Stadtrat möchte dort eine grosse Wohnüberbauung realisieren.

Das will die Initiative verhindern. Ein Teil des Gebiets soll zum ökologischen Naherholungsgebiet aufgewertet und das bestehende Wäldchen geschützt werden. Den heutigen Acker wollen die Initianten zum Selbstkostenpreis an Vereine und Private vermieten, damit diese das Grundstück biologisch bewirtschaften können.

Boden wird versiegelt

«In Dübendorf wurde in den letzten 10, 15 Jahren jede noch so kleine Wiese mit Wohnblocks zugestellt», sagte Rolf Zöbeli vom Initiativkomitee an der Gemeinderatssitzung im Oktober. Er appellierte an die Anwesenden, nun die Handbremse zu ziehen und dafür zu sorgen, dass eine der letzten grossen Landflächen in der Stadt nicht unnötigerweise überbaut, der Boden versiegelt und die Natur weiter zurückgedrängt wird. Es gebe in Dübendorf genügend Möglichkeiten, um Wohnraum zu erstellen, sagte Zöbeli und verwies auf leer stehende Gewerbeflächen oder Büroräume.

Auch wir machen uns Sorgen über das Verbauen der verbleibenden Grünflächen.

Flavia Sutter

Gemeinderätin (Grüne)

Die Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission (GRPK) hingegen steht hinter den Plänen für eine Überbauung im Gumpisbüel. Diese sei ein guter Kompromiss und werte das Quartier auf. Es gebe Gebiete im Besitz der Stadt Dübendorf, die mit weniger finanziellem Verlust in ein Naherholungsgebiet umgezont werden könnten. Denn eine Umzonung, so die GRPK, in eine Erholungs- oder Freihaltezone hätte eine massive Wertminderung des Grundstücks zur Folge.

Vorgesehen sind mehrere Gebäude mit insgesamt 270 Wohnungen vor allem für Familien. Dazu soll es Gewerberäume, ein Café, einen Laden und eine Kita geben. Zwei Drittel der Wohnungen sollen in Kostenmiete angeboten werden, womit sie laut Stadtrat rund 20 Prozent unter den Marktmieten lägen. Das Land will die Stadtregierung im Baurecht an eine Baugenossenschaft abgeben.

Damit nimmt der Stadtrat eine Dauerforderung von SP und Grünen auf, die sich dadurch allerdings auch in einer Zwickmühle befinden. Christian Gross (SP) meinte an der Oktober-Sitzung des Gemeinderats denn auch, man habe eine Güterabwägung zwischen zwei wichtigen Anliegen gemacht und günstigen Wohnraum höher gewichtet als das Bedürfnis nach Naherholungsräumen und die Erhaltung von Naturflächen.

Vernichtung von Volksvermögen?

Flavia Sutter (Grüne) sagte, die Stossrichtung der Initiative klinge sympathisch. «Auch wir machen uns Sorgen über das Verbauen der verbleibenden Grünflächen.» Erholungsraum für Menschen und die Förderung der Biodiversität seien wichtig.

Die Fraktion priorisiere in diesem Fall jedoch bezahlbaren Wohnraum, zumal laut den Plänen des Stadtrats das Wäldchen belassen und die rund 5000 Quadratmeter grosse Wiese direkt am Chriesbach zu einem naturnah gestalteten öffentlichen Park umfunktioniert werde. Mittlerweile hat die Partei allerdings Stimmfreigabe beschlossen.

Wiese, Acker und ein Wäldchen innerhalb eines Wohnquartiers.
Das Gebiet, auf dem die Wohnüberbauung inklusive Grünflächen gebaut werden soll, ist fast 30’000 Quadratmeter gross. Foto: Thomas Bacher

Die FDP schätzt, dass durch die Auszonung des Baulands ein Vermögen von rund 50 Millionen Franken vernichtet würde. Das Nein zur Initiative bedeute aber nicht automatisch die Zustimmung zum geplanten Bauprojekt des Stadtrats, hielt Daniel Ganz an der besagten Sitzung des Gemeinderats fest. Man erwarte vom Stadtrat, dass er die finanziellen Folgen für die Steuerzahler transparent aufzeige. Und es müsse sichergestellt werden, dass Dübendorfer Familien und Senioren bei der Vergabe der Wohnungen bevorzugt würden.

«Andere Prioritäten»

Claudia Günthart, die als Aufrecht-Vertreterin als Einzige für die Initiative stimmte, forderte vom Stadtrat konkrete Zahlen – sowohl in Bezug auf die Höhe der Kostenmiete als auch im Zusammenhang mit den Anteilscheinen.

In welche Richtung es da gehen soll, hat Finanzvorstand Martin Bäumle (GEU/GLP) vergangenen Sommer bei der Präsentation des Bauvorhabens angedeutet. Beim städtischen Grundstück Hoffnig neben dem Bahnhof Stettbach sei bei der Baurechtsvergabe der hohe Ertrag im Vordergrund gestanden, sagte er damals. «Im Gumpisbüel haben wir aber andere Prioritäten.»

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