Uster, Dübendorf, Schwerzenbach und Pfäffikon: Hier hat es die Stimmbevölkerung am 3. März in der Hand, das Spital Uster vor dem Konkurs zu retten. Dann wird in allen vier Städten und Gemeinden über die Aktienkapitalerhöhung für das grösste Spital der Region abgestimmt. Insgesamt geht es um rund 33,4 Millionen Franken: maximal 20 Millionen Franken in Uster, 9,7 Millionen Franken in Dübendorf, 1,7 Millionen Franken in Schwerzenbach und 2 Millionen Franken in Pfäffikon.
Bei einem Ja an der Urne in allen vier Gemeinden wäre die Existenz des Spitals so gut wie gesichert, auch wenn es insgesamt eine Kapitalerhöhung von 40 Millionen Franken anstrebt. Doch warum wird überhaupt abgestimmt?
Darum braucht das Spital eine Aktienkapitalerhöhung
Das Spital Uster ist seit Anfang 2023 als AG organisiert, nachdem es zuvor ein Zweckverband gewesen war, und wird zu 100 Prozent von zehn Aktionärsgemeinden getragen. Diese halten Anteile, die bis 2026 gebunden sind und sich auf ein Aktienkapital von 20 Millionen Franken belaufen. In den letzten vier Jahren ist die viel zu tief bemessene Eigenkapitalquote auf 13,4 Prozent gesunken (Stand Ende 2022). Dafür verantwortlich sind vor allem Abschreibungen von Projekt- und Planungskosten für den nicht zustande gekommenen, weil vom Bundesgericht gestoppten, Neubau, das Operationsverbot während der Pandemie, Vorhalteleistungen und nicht kostendeckende Tarife.
Gemäss einer Vorgabe der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, die dem Spital 2022 erst im Nachgang den definitiven Leistungsauftrag für die nächsten zehn Jahre erteilt hatte, muss die Eigenkapitalquote auf 30 Prozent erhöht werden. Dann wäre das Spital auch wieder kreditwürdig und könnte am Markt neue Kredite aufnehmen. Denn neben der Erhöhung der Eigenkapitalquote ist es für das Spital unabdingbar, Fremddarlehen in Höhe von 55 Millionen Franken abzulösen. Ohne eine Aufstockung des Aktienkapitals droht die Zahlungsunfähigkeit, und das Spital ginge in Konkurs.
Welche Folgen hätte ein Konkurs?
Mit rund 80’000 ambulanten und stationären Patientinnen und Patienten im Jahr 2022 ist das Spital Uster systemrelevant – das erklärte im November letzten Jahrs ein Gesundheitsexperte von PwC Schweiz. Welches Spital in unmittelbarer Nähe könnte diese aufnehmen? Wer jetzt an das GZO Spital Wetzikon denkt, dem sei die natürliche Barriere namens Aatal vor Augen geführt. Sie ist nur ein Grund, weshalb es zwischen den zwei Häusern lediglich 5 Prozent an Patientenüberschneidungen gibt und auch eine angedachte Fusion vor einigen Jahren scheiterte.
Für die medizinische Grund- und Notfallversorgung im Oberland und im oberen Glattal mit einem Einzugsgebiet von rund 180’000 Personen hätte der Wegfall des Spitals Uster weitreichende Folgen. Spitäler in Richtung Zürich würden weiter überlastet, zumal die Regionen Uster und Dübendorf das stärkste Bevölkerungswachstum in den kommenden Jahren aufweisen. Hausärzte wie Res Kielholz, Präsident der Ustermer Ärztegesellschaft, sprechen bereits jetzt davon, wie sie in Zeitnot geraten, wenn sie keinen Platz für hospitalisationsbedürftige Patienten finden.
Spitalleitung und Gemeinden weisen zudem darauf hin, dass das Krankenhaus mit mehr als 1200 Mitarbeitenden einer der grössten Arbeitgeber der Region ist. Neben dem Verlust von Arbeits- und zahlreichen Ausbildungsplätzen würde auch eine grosse Wertschöpfung verloren gehen. So kaufte das Spital 2022 gemäss eigenen Angaben für rund 1,8 Millionen Franken Lebensmittel ein und vergab 4,2 Millionen Franken für Reparatur- und Unterhaltsarbeiten an lokales und regionales Gewerbe.
Bei einem Konkurs würden zudem die Aktionärsgemeinden für die Verbindlichkeiten des Spitals haften. Laut einer vom Spital in Auftrag gegebenen Studie würden sich die Kosten auf rund 100 Millionen Franken belaufen – Steuergelder notabene. Der Schaden wäre für die Stadt Uster, die davon gut die Hälfte zu tragen hätte, aber auch für Dübendorf, Schwerzenbach und Pfäffikon sowie die übrigen Aktionärsgemeinden immens.
Wie hoch muss die Aktienkapitalerhöhung sein?
Das Spital beantragt bei den Aktionärsgemeinden maximal 40 Millionen Franken entsprechend ihren heutigen Anteilen an der AG.
Tatsächlich braucht das Spital nur 30 Millionen, um eine gesunde und existenzsichernde Eigenkapitalquote auszuweisen. So sind die zusätzlichen 10 Millionen Franken für eine zeitnahe Erweiterung und Modernisierung der Notfallstation vorgesehen. Würde dieser Betrag nicht von den Gemeinden gesprochen, müsste er zuerst erwirtschaftet werden.
Während Fehraltorf als erste Gemeinde bereits im Dezember der Aktienkapitalerhöhung vollumfänglich zugestimmt hat, wollen Greifensee, Mönchaltorf, Russikon und Hittnau nicht vollständig ihrem prozentualen Anteil entsprechen. Sollten sich weitere Gemeinden nicht entsprechend ihren Anteilen beteiligen, hätte diese Hebelwirkung unmittelbare Konsequenzen für das Spital und auch die Stadt Uster. Diese will an ihrer Minderheitsbeteiligung von 49,63 Prozent festhalten und müsste dementsprechend ihre finanzielle Beteiligung von maximal 20 Millionen Franken reduzieren.
Ausgleichen bis zu einem gewissen Grad könnte das Dübendorf. Dort hat das Parlament entschieden, dass die derzeitige Beteiligung von 24,24 Prozent bis auf 30 Prozent steigen könnte.
Das sagen Gemeinden und Parteien
In den beiden Stadtparlamenten Uster und Dübendorf wurde die Aktienkapitalerhöhung jeweils einstimmig angenommen. Dem Ja waren allerdings in beiden Räten zuvor auch kritische Voten vorausgegangen. In Uster warf die SVP dem Stadtrat Konzeptlosigkeit vor, in Dübendorf bezeichnete es die Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission (GRPK) als «störend», dass nun die Fehler der Vergangenheit korrigiert werden müssten.
Die Aktienkapitalerhöhung wird überall als alternativlos beurteilt. In Uster stellen sich in einer überparteilichen Mitteilung nochmals alle politischen Kräfte hinter die Abstimmungsvorlage. «Das neue Management überzeugt, wichtige Massnahmen zur Sicherung der Rentabilität sind in Umsetzung.» Ohne die Finanzspritze sei das Überleben des Spitals infrage gestellt, so die Parteien.
Alle Gemeinden verweisen auf den glaubwürdigen und von mehreren Banken als zielführend beurteilten Businessplan des Spitals. Dieser erlaube eine Erfolg versprechende Weiterentwicklung. Es werde auf ambulante Leistungen fokussiert, wie von der Gesundheitsdirektion gefordert. Zudem liege der Fokus auf Kooperationen, wie sie zuletzt beispielsweise mit der Hirslanden-Klinik geschlossen und auch vom CEO ad interim, Vital Schreiber, immer wieder an Info-Veranstaltungen propagiert worden seien.
So geht es nach dem Abstimmungssonntag weiter
Unmittelbar nach dem 3. März kommt es in den restlichen fünf Aktionärsgemeinden zu Abstimmungen vor der jeweiligen Gemeindeversammlung. Den Auftakt macht am Mittwoch, 6. März, Greifensee. Mit rund 2,9 Millionen Franken müsste sich Greifensee an der Aktienkapitalerhöhung beteiligen, um ihrem prozentualen Anteil zu entsprechen. Es handelt sich dabei um die Gemeinde mit dem drittgrössten Anteil. Der Gemeinderat sprach sich im Juli letzten Jahrs aber dafür aus, die Beteiligung lediglich um 546’000 Franken zu erhöhen. Daran hält er bis heute fest.
Mit Russikon (11. März), Hittnau (18. März) und Mönchaltorf (18. März) folgen dann jene Gemeinden, die ebenfalls gemäss den Anträgen ihrer Exekutive die Aktienkapitalerhöhung nicht vollumfänglich ausschöpfen wollen, ehe Wildberg (20. März) den Abschluss macht.
Im April will die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) dem Spital einen Besuch abstatten. Dann will das Spital auch den definitiven Betrag der Erhöhung festlegen. Und im Mai soll die Refinanzierung dann abgeschlossen sein.