Sie ist dunkel, schmutzig, verwinkelt – und war am Montag Gegenstand einer engagierten Debatte im Gemeinderat: die Memphis-Unterführung. Der Kanton will das Bauwerk im Zuge einer Umgestaltung des Strassenabschnitts dichtmachen und stattdessen Fussgängerstreifen installieren.
Dagegen wehrt sich die SVP. Mit einer Motion wollte die Partei erreichen, dass die Stadt die Unterführung dem Kanton abkauft und an die gesetzlichen Anforderungen anpasst. Erstunterzeichner Patrick Walder sprach von Kosten von rund vier Millionen Franken, an denen sich der Kanton beteiligen werde.
«Personenunterführungen sind unwidersprochen die sicherste Variante, eine Strasse zu queren», so Walder. Es sei unsinnig, teuer erstellte Verkehrsinfrastruktur zu vernichten. Mit dem Erhalt der Unterführung werde zudem der aktuelle gute Verkehrsfluss nicht unnötig behindert.
Nur wegen der Zebrastreifen?
Tiefbauvorstand Adrian Ineichen (FDP) bezeichnete die Motion als «kaum realisierbar». Er warnte vor massiven Mehrkosten und Rechtsunsicherheit. Das aktuelle Umbauprojekt der Memphis-Kreuzung würde stark verzögert. Und dass der Kanton überhaupt mitspielen würde, sei mehr als unsicher.
Ineichen wies darauf hin, dass etwa die südliche Rampe aufgrund der gemäss Behindertengleichstellungsgesetz viel zu starken Steigung bis über das Memphis-Brüggli hinaus verlängert werden müsste.
Zudem habe der Stadtrat den Umbauplänen des Kantons nur unter der Voraussetzung zugestimmt, dass der Langsamverkehr auf der Kreuzung prioritär behandelt werde.
Gemeinderat Julian Croci (Grüne) warf der SVP Heuchelei vor. Es gehe der Partei nur darum, Zebrastreifen zu verhindern. Doch diese seien mindestens so sicher wie eine Unterführung.
Er sprach sich dagegen aus, viel Geld in das «Schandloch» zu investieren und auch noch Lifte zu bauen, die teuer im Unterhalt und dann doch jedes zweite Wochenende kaputt seien.
Ohne ist besser als mit
Auch FDP-Gemeinderat Stefan Angliker liess kein gutes Haar an der Unterführung. Die Umgestaltung des Memphis-Knotens bringe der Dübendorfer Bevölkerung einen grösseren Mehrwert als dessen Beibehaltung.
Nicole Zweifel (GEU/GLP) sagte, die soziale Sicherheit sei in Unterführungen erwiesenermassen nicht gegeben. Und ihr Parteikollege Thomas Maier meinte, die SVP schiebe die Sicherheit für den Langsamverkehr nur vor, in Wirklichkeit gehe es ihr darum, freie Fahrt für Autos zu generieren.
Nach der geballten Kritik an der Motion war es am Ende auch keine Überraschung mehr, dass der Vorstoss mit 10 zu 21 Stimmen nicht überwiesen wurde.
Die Jahresrechnung 2022 war dann weniger umstritten, zumindest auf dem Papier: Sie wurde einstimmig gutgeheissen. Dennoch gab es Kritik. Seitens der Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission (GRPK) könnte man diese mit einem «leichten Unwohlsein» umschreiben.
So sprach Kommissionspräsident Paul Steiner (SVP) angesichts des Ertragsüberschusses von 27,8 Millionen Franken – 22 Millionen mehr als budgetiert – zwar von einem erfreulichen Ergebnis. Gleichzeitig mahnte er zu mehr Genauigkeit bei der Hochrechnung, auf der letztlich die Budgetierung beruhe.
Dann kamen Dauerbrenner wie die hohen Springerkosten – und dass lediglich knapp die Hälfte der geplanten Investitionen umgesetzt wurde. Und natürlich der Bereich Hochbau, dessen Verbuchung einmal mehr intransparent sei.
«Die ausgewiesenen Erträge halten mit der hohen Anzahl an Baugesuchen nicht Schritt», sagte Steiner. Sollte sich dies nicht bessern, behalte sich die GRPK vor, dem Gemeinderat die Rückweisung des nächsten Budgets zu beantragen.
Immerhin für jeden ein Snickers
Finanzvorstand Martin Bäumle (GEU/GLP) prophezeite eine Verbesserung und verwies auf die neue Buchungsweise, die Anfang Jahr eingeführt wurde. Bezüglich Hochrechnung hielt er fest, dass diese transparent und relativ genau die finanzielle Situation aufgezeigt habe.
Schliesslich bezog sich Bäumle scherzhaft auf einen Artikel in dieser Zeitung, in dem Vorschläge aufgelistet waren, was man mit dem Millionenüberschuss auch noch machen könnte. Weder die 1350 Kilometer lange Snickers-Linie bis nach Thessaloniki noch das Umwechseln in 73,4 Tonnen Fünfliber sei umsetzbar, so Bäumle.
Ebenso wenig die Lamborghinis respektive Deluxe-Lastenvelos als Belohnung für die Mitglieder des Gemeinderats. Stattdessen – und das sei doch gar nicht schlecht – gab es für alle im Saal einen Snickers.
Ein zähneknirschendes Ja
SVP-Gemeinderat Lukas Schanz war weniger gut gelaunt. Er bezeichnete die Genauigkeit des Budgets als dürftig. «Das ist kein Budget mehr, sondern eine Schätzung», sagte Schanz. Das müsse besser werden, sonst seien politische Diskussionen etwa über den Steuerfuss einfach nicht mehr möglich. Letztlich bestätigten die massiven Überschüsse, dass der Steuerfuss einfach zu hoch sei.
Roger Gallati (FDP) forderte vom Stadtrat konkrete Massnahmen zur Kostenoptimierung, um dem Ausgabenwachstum entgegenzuwirken. Ebenso sprach er sich für eine stringentere Planung aus, die zwischen notwendiger Infrastruktur und nicht gesetzlicher Infrastruktur unterscheide.
Lediglich eine «zähneknirschende Zustimmung» gab es von der SP und den Grünen. Susanne Schweizer (SP) kritisierte insbesondere den tiefen Umsetzungsgrad der Investitionen. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf, weil ein Investitionsstau zwangsläufig zu Mehrkosten führen werde.
Die Beschlüsse des Gemeinderats
- Das Parlament genehmigte die Jahresrechnung 2022 und den Geschäftsbericht ohne Gegenstimme.
- Die Motion «Übernahme der Memphis-Unterführung durch die Stadt Dübendorf» von Patrick Walder (SVP) und sieben Mitunterzeichnenden wurde mit 10 zu 21 Stimmen nicht an den Stadtrat überwiesen.
- Patrick Schärli (Die Mitte/EVP) ist neuer höchster Dübendorfer, er wurde mit 32 von 35 möglichen Stimmen als Präsident des Gemeinderats gewählt. Roger Gallati (FDP) ist neuer erster Vizepräsident, zweiter Vize ist Christian Meyer (GEU/GLP). Als Stimmenzähler gewählt wurden Oliver Kellner (Grüne), Alexandra Freuler (SP) und Sarah Steiner (SVP).
- In einer Fraktionserklärung sagte SVP-Gemeinderat Patrick Walder, dass man nach der gewonnenen Abstimmung über die Initiative «Mitbestimmen bei Temporeduktionen» einen Schritt auf den Stadtrat und die Parteispitzen zugegangen sei, um einen runden Tisch einzuberufen. Gleichzeitig erwarte man vom Stadt- und vom Gemeinderat, dass diese auf unsinnige Tempo-30-Zonen verzichteten und den motorisierten Verkehr nicht mit unnötigen Massnahmen behinderten.
- Mit Applaus verabschiedet wurde FDP-Gemeinderat Andreas Sturzenegger, der nach 21 Jahren im Gemeinderat seinen Rücktritt eingereicht hat. Sturzenegger war im Amtsjahr 2006/2007 Präsident des Gemeinderats, er präsidierte die Spezialkommission zur Begleitung der Administrativuntersuchung Sozialhilfe Dübendorf und sass zuletzt in der Kommission für Raumplanungs- und Landgeschäfte (KRL).
- Ebenfalls seine letzte Sitzung hatte Patrick Jetzer (Aufrecht), der im Frühjahr 2022 ins Parlament gewählt wurde und jetzt ins Toggenburg zügelt. In einer persönlichen Erklärung wünschte er sich, dass die Politiker angesichts der Politikverdrossenheit der Bevölkerung wieder geerdeter und näher bei den Leuten sein sollen. Und er hinterliess den Zurückbleibenden im Ratssaal noch ein Geschenk in Form einer Motion für ein Verbot biometrischer Überwachung.