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Gebiet Letzacher in Fällanden, mehrere Wohnhäuser, Blumenwiese.

Hier im Gebiet Letzacher plant die Gemeinde eine Unterkunft mit Containern für mehr als 60 Asylsuchende. Foto: Thomas Bacher

Grosser Diskussionsbedarf

Fällander wehren sich gegen Asylunterkunft

An einer Info-Veranstaltung in Fällanden forderten Anwohner, der Gemeinderat solle einen anderen Standort für die geplante Asylunterkunft suchen. Viel Hoffnung können sie sich nicht machen.

Hier im Gebiet Letzacher plant die Gemeinde eine Unterkunft mit Containern für mehr als 60 Asylsuchende. Foto: Thomas Bacher

Veröffentlicht am: 25.05.2023 – 09.02 Uhr

Die Zwicky-Fabrik in Fällanden erlebte am Dienstagabend einen riesigen Ansturm. Fast 300 Personen fanden sich zum Info-Anlass über die geplante Asylunterkunft ein, sodass an Ende nur wenige Sitzplätze frei blieben.

Der Gemeinderat hatte die Fällander Bevölkerung Ende April darüber informiert, dass wegen der Erhöhung der Aufnahmepflicht für Flüchtlinge per 1. Juni von bisher 0,9 Prozent auf neu 1,3 Prozent der Einwohnerzahl zusätzliche Unterbringungslösungen gefunden werden müssen.

Mangels gemeindeeigenen Wohnraums für Personen aus dem Asylwesen müssten Wohncontainer als Flüchtlingsunterkunft aufgebaut werden. Kostenpunkt: rund 1,5 Millionen Franken, die der Gemeinderat als gebundene Ausgaben in eigener Kompetenz bewilligen darf.

Mangelnde Kapazitäten

Weil die bestellten Wohncontainer erst im Herbst bezugsbereit sein dürften, hatte der Gemeinderat ursprünglich geplant, die Buechwis-Sporthalle 2 in Benglen im Sinne einer Übergangslösung als Notunterkunft einzurichten.

Mittlerweile präsentiert sich die Situation jedoch so, dass die Gemeinde ihrer Aufnahmepflicht auch ohne Nutzung der Turnhalle nachkommen kann. Dies, weil verschiedene Personen aktuell ausserhalb der Gemeinde hätten platziert werden können.

Gemeindepräsident Tobias Diener (FDP) präsentierte den Anwesenden sodann die Anzahl der zu erwartenden Personen: «Fällanden muss aufgrund der Quotenerhöhung zu den bisher 85 Menschen aus dem Asylwesen weiteren 48 Personen Wohnraum bieten.» Diese Ausgangslage habe den Gemeinderat bewogen, mit Hochdruck geeignete Lösungen auszuarbeiten.

Bisher dezentral, künftig zentral?

Fällanden hat bei der Unterbringung von Asylsuchenden bisher eine dezentrale Strategie verfolgt. Je nach Bedarf sei Wohnraum hinzugemietet worden, so Diener. Der Betreuungsaufwand sei in solchen Settings aber entsprechend hoch. «Und da der Wohnungsmarkt derzeit extrem ausgedünnt ist, mussten wir uns mit anderen Lösungsansätzen auseinandersetzen.»

Gerade auch aus finanziellen Gründen habe man sich bei der Unterbringung von asylsuchenden Menschen für eine zentrale Lösung entschieden und die Containerunterbringung im Quartier Letzacher priorisiert – dies im Sinne eines Provisoriums. Nach Ausschluss weiterer Varianten könne das Projekt im Letzacher auch als «die am wenigsten schlechte Variante» betrachtet werden.

Karte Containersiedlung für 64 Flüchtlinge.
Der geplante Standort befindet sich am Siedlungsrand von Fällanden. Karte: Anja Furrer

Wie sich im Verlauf des Abends zeigte, bestand im Publikum ein ausgesprochen grosser Bedarf an Antworten und Erklärungen, vor allem zu Schlüsselthemen wie Standortwahl, Betreuung und Sicherheit sowie zu den Finanzen. Der Gemeinderat hatte sich im Vorfeld der Veranstaltung entschieden, der Vereinigung Standort Gruppe Letzacher am Info-Abend eine prominente Plattform zu geben.

Im Auftrag dieser mittlerweile rund 60-köpfigen Vereinigung erläuterten Werner Schwendener, Liliane Wipf und Stefan Schilling die Bedenken der unmittelbar von der geplanten Containerunterkunft betroffenen Anwohner im Quartier.

Die Gruppe bestreite keinesfalls die Legitimation, Asylsuchende im Dorf aufzunehmen. Man habe aber grosse Bedenken, denn die räumliche Nähe zu den bis zu 64 Menschen in den Wohncontainern schränke sowohl die Privatsphäre der Asylsuchenden als auch jene der Bewohnerinnen und Bewohner im Quartier massiv ein.

Petition zur Standortwahl eingereicht

Mehrere Votanten aus der Versammlung liessen verlauten, dass es für ein bestehendes Quartier auch eine Chance sein könne, auf Asylsuchende zuzugehen. Es gelte, Solidarität zu zeigen. Entscheidend sei, mit welchen Massnahmen eine Integration der Asylsuchenden angestrebt werde.

Gebiet Letzacher in Fällanden, mehrere Wohnhäuser, Blumenwiese.
Die Anwohner sind nicht begeistert über die Asylunterkunft in ihrer Nachbarschaft, andere Teilnehmer der Veranstaltung fanden, die Situation könne auch eine Chance sein. Foto: Thomas Bacher

Die Gruppe fordert die Evaluation von alternativen geeigneten Standorten in den Dorfteilen Fällanden, Pfaffhausen und Benglen. «Der Standort muss sowohl für die Bevölkerung als auch für die Asylsuchenden sozial verträglich sein», betonte Schwendener.

«Deshalb fordern wir den Gemeinderat auf, die Standortwahl nochmals zu überdenken und abzuwägen, ob sich nicht eine für alle drei Dorfteile verträgliche Lösung finden lässt», unterstrich Schwendener. Die Gruppe hatte Anfang Woche in dieser Angelegenheit eine Petition mit über 250 Unterschriften auf der Gemeindeverwaltung deponiert. Die Gruppe bietet ihr aktives Mitwirken bei einer neuen Auslegeordnung an.

Nochmals darüber reden

Gegen 22 Uhr lud Diener die Anwesenden zu einem späten Apéro ein. Er hielt fest, dass der Gemeinderat gewiss einige der geäusserten Vorbehalte nochmals diskutieren werde, «aber Versprechungen kann ich keine machen», sagte er. Letztlich gelte es, in kurzer Zeit möglichst verträgliche Lösungen zu finden. Diener: «Bei diesem Thema werden wir aber kaum eine Konsenslösung finden.»

Aus der Versammlung war am Schluss der Debatte, die keinesfalls hitzig geführt wurde, auch Lob an die Adresse des Gemeinderats zu vernehmen. Insbesondere wurde die transparente und offensive Kommunikation geschätzt.

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