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Zwei Frauen machen ein Selfie vor einem Plakat.

Vorfreude auf den Anlass: Vor dem Zürcher Hallenstadion machen Besucherinnen ein Selfie vor dem Banner mit Barack Obama. Foto: Walter Bieri

Barack Obama in Zürich

Gefeiert wie ein Rockstar

Bei seinem ersten Auftritt in der Schweiz hat der ehemalige US-Präsident das Publikum schnell im Sack. Dann schlägt er auch ernstere Töne an.

Vorfreude auf den Anlass: Vor dem Zürcher Hallenstadion machen Besucherinnen ein Selfie vor dem Banner mit Barack Obama. Foto: Walter Bieri

Veröffentlicht am: 30.04.2023 – 09.14 Uhr

90 Minuten muss sich das Publikum im Zürcher Hallenstadion gedulden, ehe der Star des Abends, der 44. Präsident der USA, auf die Bühne tritt. Die Veranstalter präsentieren zunächst Überraschungsgäste und musikalische Einlagen. Klaas Heufer-Umlauf, einer der bekanntesten Moderatoren Deutschlands, führt durch den Obama-Abend, der mit einer Diskussion über die Arbeitswelt der Zukunft beginnt. Karriere-Coach Selma Kuyas, Start-up-Gründer Florian Pachaly und Simona Scarpaleggia, frühere Topmanagerin von Ikea Schweiz, tauschen ihre Gedanken aus über Digitalisierung, Disruption und Diversität. Alles klug, aber ziemlich abstrakt. Mehr Schwung in den Anlass bringen die Sängerin Cassandra Steen und der Geiger Nigel Kennedy.

Moderator Heufer-Umlauf verspricht «einen Abend, den wir lange nicht vergessen werden – mit dem interessantesten Gesprächspartner der Welt». Dann, um Punkt 20 Uhr, ist es so weit: Im bunten Lichtgewitter, begleitet von donnernden Klängen, erscheint Barack Obama auf der Bühne des Hallenstadions: mit ergrautem Haar, im dunklen Anzug, mit weissem Hemd ohne Krawatte. Die pure Präsenz des 61-jährigen Ex-Präsidenten wird vom Publikum mit einer Standing Ovation gefeiert. Obama, der Charismatiker. Er winkt ins Publikum und lacht herzlich. Das Publikum ist durchmischt im Zürcher Hallenstadion, das trotz des prominenten Gastes nicht ausverkauft ist. Die Tickets kosteten bis zu 564 Schweizer Franken.

Man kann keinen Wandel herbeiführen, wenn man keine Hoffnung hat.

Barack Obama

«Es ist wunderbar, hier zu sein», sagt Obama, der erstmals in der Schweiz zu Gast ist. Er schwärmt von der schönen Landschaft, die er beim Anflug auf Zürich-Kloten gesehen habe. Er erzählt, dass er aus Barcelona angereist sei, wo er am Vorabend ein Konzert von Bruce Springsteen besucht habe. Dabei habe seine Frau Michelle auf der Bühne mitgemacht. Bilder des Konzerts kursieren seit Freitagnacht in den sozialen Medien.

Mit solchen launigen Bemerkungen hat Obama das ihm ohnehin wohlgesinnte Publikum längst in der Tasche. Der frühere US-Präsident ist aber vor allem gekommen, um über ernste Themen zu sprechen, über die Demokratien und liberalen Gesellschaften, die weltweit unter Druck sind, über den Klimawandel oder auch über die Chancen und Risiken künstlicher Intelligenz.

Seine Hoffnung ruht vor allem auf jungen Menschen

«Hope» und «Change», zwei Schlagworte seiner erfolgreichen Präsidentschaftskampagnen von 2008 und 2012, bemüht Obama auch bei seinem Zürcher Auftritt. Die globalen Herausforderungen spricht er klar an. Er sagt etwa, dass die Erderwärmung eine existenzielle Krise für die Menschheit sei. Obama gibt sich aber auch als Mutmacher. «Man kann keinen Wandel herbeiführen, wenn man keine Hoffnung hat», gibt er zu bedenken. Hoffnung geben ihm vor allem junge Menschen, «die bereit sind, sich in der Politik zu engagieren oder in Graswurzelbewegungen mitzumachen, um zum Wohl der Menschen und des Planeten beizutragen». Jeder kleine Schritt zur Verbesserung der Welt lohne sich, gibt sich Obama überzeugt.

Eine Security-Mitarbeiterin überprüft eine Besucherin am Eingang.
Foto: Walter Bieri

«Die Welt braucht euch», sagt er jeweils den jungen Menschen, die er auf seinen Touren rund um die Welt trifft. Seit seinem Ausscheiden aus dem Weissen Haus Anfang 2017 führt Obama mit seiner Frau Michelle unter anderem eine Stiftung, die Führungsnachwuchs ausbilden will. In weltweiten Programmen lernen junge Menschen wertbasierte Leadership, die etwa Freiheits- und Gleichheitsrechte sowie friedliches Zusammenleben hochhält. Obama, der eloquente Weltverbesserer. Auch in Zürich spricht er von seinen Visionen. Visionen, die er als Präsident nur zu einem kleinen Teil zu realisieren vermochte.

Vom Moderator gefragt nach seiner grössten innenpolitischen Errungenschaft während seiner achtjährigen Präsidentschaft, erwähnt Obama das Gesetzeswerk, das nach ihm benannt ist: Mit Obamacare hätten Millionen von Amerikanern endlich eine Krankenversicherung erhalten. Er bedauert allerdings, dass er als Präsident nicht mehr gegen die grassierende Waffengewalt in den USA habe machen können.

Auf die Frage, wie er in Erinnerung bleiben wolle, antwortet Obama: «Als guter Ehemann, guter Vater, guter Freund und guter Staatsbürger. Und als Mensch, der Fehler machte und aus ihnen lernte.» Der einstmals mächtigste Mann der Welt und Friedensnobelpreisträger gibt sich bescheiden und dankbar. Am Ende seines Lebens werde er daran denken, wie er mit seinen Töchtern im Park gewesen sei. «Das war ein Tag, der es wert war, gelebt zu haben.» Im Übrigen, scherzt der Ex-Präsident, sei er erst 61 Jahre alt. Er habe noch viel vor.

Nach einer Stunde ist das Gespräch mit Obama schon vorbei. Das Publikum bedankt sich mit einer erneuten Standing Ovation und lauten Rufen. Nach dem Zürcher Auftritt reist Obama weiter nach Amsterdam.

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