Nach einem intensiven Abstimmungskampf haben die Dübendorferinnen und Dübendorfer am Sonntag dem kommunalen Mehrwertausgleich mit 52,21 Prozent zugestimmt. Die Stimmbeteiligung war mit knapp 29 Prozent eher tief, zumal gleichzeitig die Wahl in den Kantons- und Regierungsrat stattfand.
Mit dem Segen der Stimmberechtigten wird es nun künftig so sein, dass Grundeigentümer 40 Prozents des Mehrwerts abgeben müssen, wenn ihr Land auf- oder umgezont wird. Für diese Abgaben äufnet der Stadtrat einen Fonds, aus dem Geld für die Aufwertung der Stadt entnommen wird.
Ausgenommen sind Grundstücke von weniger als 1600 Quadratmetern, sofern der entstandene Mehrwert unter 250'000 Franken liegt.
Spezielle Situation in Dübendorf
Der Stadtrat und eine Mehrheit des Gemeinderats haben die Vorlage in dieser Form unterstützt, eine Minderheit des Parlaments wollte den Mehrwertausgleich auf 25 Prozent festlegen und ergriff das Referendum, nachdem sie mit dem Vorhaben im Gemeinderat abgeblitzt war.
Stadtrat Dominic Müller (Die Mitte) freut sich über das Ergebnis. «Wo, wenn nicht in Dübendorf, sollte ein Satz von 40 Prozent gelten?», fragt er rhetorisch – und spricht damit das Argument der Gegner an, dass Gemeinden wie Volketswil oder Uster einen deutlich tieferen Abgabensatz hätten.
«Im Gegensatz zu diesen Gemeinden grenzt Dübendorf unmittelbar an den Siedlungsraum von Zürich und dem Glattal», so Müller. Die Entlastungsflächen seien daher vergleichsweise klein. Deshalb müsse man in den verdichteten Gebieten mit Bepflanzung, Spielplätzen und einer sinnvollen Aussenraumgestaltung für eine gute Lebensqualität sorgen – «und diese Möglichkeit besteht jetzt».
Mehr Kosten – höhere Mieten?
Enttäuscht vom Ausgang der Abstimmung ist Gemeinderat Orlando Wyss (SVP) – wenn auch nicht allzu sehr: «Es ist ein Teilerfolg, wenn man sieht, dass 48 Prozent der Stimmberechtigten Nein gestimmt haben, denn im Parlament waren noch 40 Prozent dagegen.» Dübendorf sei eben doch bürgerlicher, als viele sagten. Und dies mache Hoffnung im Hinblick auf die nächste Erneuerungswahl.
Wyss ist überzeugt, dass sich die Mehrwertabgabe negativ auf die Entwicklung der Stadt auswirken wird, weil sich viele Grundstückbesitzer einen Aus- oder Neubau nicht mehr leisten könnten.
Diese Abgabe erhöhe für private Eigentümer den Druck, ihr Land an Investoren wie Versicherungen oder Pensionskassen zu verkaufen, die bei er Höhe des Mietzinses eher ans Maximum gingen. «Man muss kein Nobelpreisträger sein, um zu begreifen, dass höhere Kosten auf die Mieten umgewälzt werden.»
Ein etwas kleineres Geschenk
Stadtrat Müller räumt ein, dass es vereinzelte Fälle geben könnte, die für die Finanzierung eines Bauvorhabens einen zusätzlichen Partner ins Boot holen müssten. Doch mit einer Auf- und Umzonung steige nicht nur der Wert und damit die Kreditwürdigkeit bei den Banken, sondern wegen des grösseren Bauvolumens letztlich auch die Renditemöglichkeit. «Und nicht zu vergessen: Wir nehmen niemandem Geld weg, Grundeigentümer müssen einfach einen Teil des Mehrwerts abgeben, der ihnen quasi geschenkt wird.»
Auswirkungen auf die Mieten befürchtet Müller nicht. «In Basel gab es dazu eine Studie, die keinerlei Effekt ausgemacht hat.» Bestimmend sei hier im Wesentlichen der Markt, und der werde durch den Mehrwertausgleich nicht beeinflusst.
Gemäss Müller hat die Mehrwertabgabe das Potenzial, mehr als 50 Millionen Franken an zusätzlichen Einnahmen einzubringen. Dies, wenn wie geplant mit der neuen Bau- und Zonenordnung eine massive Verdichtung eines Teils der Dübendorfer Siedlungsgebiete möglich werden wird – etwa entlang der Zürichstrasse, im Birchlen-Quartier oder im Bereich Kriesbach-/Grundstrasse.
Er schränkt aber ein: «Ob es tatsächlich so viel wird, ist schwer zu sagen, weil das von der effektiven Bautätigkeit abhängt.» Klar sei, dass diese Einnahmen nicht kurzfristig generiert würden, da die Abgabe erst entrichtet werden müsse, wenn man zu bauen beginnt.
Kommen jetzt die Forderungen?
Die Gegner wurden während des Abstimmungskampfs nicht müde, vor einer Verschleuderung der Gelder im Fonds zu warnen. Wyss ist sich jetzt schon sicher: «Wo Geld ist, kommen die Forderungen. Und hier ist sehr viel Geld.»
Es dürfe deshalb nicht sein, dass die Abgaben für «unnütze Klimaschutzmassnahmen oder andere ideologisches Fantasien» der Linken ausgegeben würden. «Doch wie ich den Stadtrat kenne, wird er da schnell umkippen.» Vom Fondsreglement, das in den nächsten Monaten im Gemeinderat verhandelt wird, erhofft er sich jedenfalls nicht viel. «Das ist viel zu allgemein abgefasst.»
Stadtrat darf nicht alles ausgeben
Tatsächlich darf der Stadtrat im Rahmen seiner Finanzkompetenz über den Fonds bestimmen. Die Bevölkerung kann zwar Massnahmen beantragen, letztlich entscheidet aber die Regierung, für welche Projekte Geld ausgegeben wird. Unterstützt der Stadtrat ein Vorhaben, das seine Finanzkompetenz überschreitet, muss der den entsprechenden Antrag dem Parlament vorlegen.
«Das ist eine etwas neue Situation», sagt Müller. «Der Stadtrat ist aber sicherlich nicht dafür bekannt, verschwenderisch zu sein, und das wird sich auch mit diesem Fonds nicht ändern.» Man sehe sich in der Pflicht, das Geld haushälterisch und effizient einzusetzen, «es wird ganz bestimmt nicht in der Verwaltung versanden oder für Planer und Konzepte ausgegeben, wie das die Gegner prophezeit haben».
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