nach oben

Anzeige

Politik
Verkehrsschild Tempo 30

In den Quartieren ist Tempo 30 weitgehend unbestritten; hier im Bild die Alpenstrasse. tba

Tempo 30 in Dübendorf

Tempo-Initiative kommt ohne Gegenvorschlag an die Urne

Der Gemeinderat versenkte an seiner Sitzung vom Montag den stadträtlichen Gegenvorschlag zur Initiative «Mitbestimmen bei Temporeduktionen».  

In den Quartieren ist Tempo 30 weitgehend unbestritten; hier im Bild die Alpenstrasse. tba

Veröffentlicht am: 07.02.2023 – 16.38 Uhr

Die Debatte über Tempo 30 in der Stadt Dübendorf ging am Montag im Parlament in eine weitere Runde. Auf der Traktandenliste standen die Volksinitiative «Mitbestimmen bei Temporeduktionen» und der Gegenvorschlag des Stadtrats.

Die SVP hatte die Initiative im Wesentlichen aus Ärger über die Tempo-30-Zone im Zentrum lanciert, die vom Stadtrat Mitte 2021 in eigener Kompetenz eingeführt worden war. Für die Initianten missachtete die Exekutive damit den Volkswillen, weil sich die Stimmberechtigen an der Urne schon mehrmals gegen Tempo 30 ausgesprochen hatten.

Mit der Initiative will die SVP erreichen, dass der Gemeinderat über sämtliche Temporeduktionen auf den Gemeindestrassen abstimmen kann – oder via Referendum in letzter Instanz das Stimmvolk.

Neben der inhaltlichen Stossrichtung ging es am Montag aber nicht zuletzt um die Frage, ob die Initiative rechtlich zulässig ist, sprich: ob die Verschiebung der Kompetenz für Verkehrsanordnungen vom Stadtrat zum Gemeinderat mit übergeordnetem Recht vereinbar ist.

Wie der Teufel das Weihwasser

Der Stadtrat und eine Mehrheit der Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission (GRPK) bejahten diese Frage, auch wenn sie die Inhalte ablehnten. Die Ratslinke war anderer Meinung – oder hegte zumindest Zweifel, weshalb sie eine Rückweisung des Geschäfts beantragte.

So sagte Leandra Columberg (SP): «Es ist unverantwortlich, eine Initiative vors Volk zu bringen, die in dieser Form nicht umsetzbar ist.» Auch Theo Johner (Die Mitte/EVP) votierte dafür, den Sachverhalt zuerst rechtlich prüfen zu lassen.

Stadtpräsident André Ingold (SVP) wehrte sich dagegen, nicht sauber gearbeitet zu haben, man habe die Rechtmässigkeit von Sachverständigen abklären lassen. Orlando Wyss (SVP) wiederum vermutete hinter dem Rückweisungsantrag Kalkül, weil die Linke in Sachen Tempo 30 die Meinung des Volks fürchte «wie der Teufel das Weihwasser». Am Ende unterlag der Rückweisungsantrag deutlich.

Rekurs bereits formuliert

Aber auch die Rechtmässigkeit des Gegenvorschlags wurde angezweifelt. Dieser beinhaltete eine Ergänzung des kommunalen Verkehrsrichtplans, mit dem die Mitbestimmung der Bevölkerung in den einzelnen Quartieren gestärkt werden sollte.

Für Lukas Schanz (SVP) und die GRPK-Minderheit ein No-Go: Der Gegenvorschlag weise weder den gleichen Regelungsstand noch einen genügenden sachlichen Zusammenhang mit der Initiative auf. Für den Fall, dass der Gegenvorschlag am Ende durchkommen sollte, hatte die SVP bereits einen Rekurs zuhanden des Bezirksrats formuliert. 

Das Initiativkomitee bei der Übergabe im Mai vergangenen Jahres.
Das Initiativkomitee bei der Übergabe im Mai vergangenen Jahres. Thomas Bacher

Doch zunächst lief die Debatte weiter. Erstunterzeichner Paul Steiner (SVP) betonte, eine Annahme der Initiative bedeute nicht, dass jede Temporeduktion an die Urne gebracht werden müsste. «Aber bei einer dermassen unsinnigen Umsetzung wie im Stadtzentrum könnte das Volk das letzte Wort haben.»

Steiner kritisierte den Gegenvorschlag als verfassungsfeindlich, perfid und schwammig. Er verkehre das Ziel der Volksinitiative ins Gegenteil und schwäche die demokratische Mitsprache.

Auch Patrick Jetzer (Aufrecht) geisselte die Tempo-30-Zone im Zentrum. «Es macht den Eindruck, als möchte man den Individualverkehr möglichst unangenehm gestalten oder gleich ganz verbieten», sagte er und machte gleichzeitig Werbung für seine Tempo-40-Initiative.

«Unzulässiger Eingriff»

Stadtpräsident Ingold wiederum liess an der Stossrichtung der SVP-Initiative kein gutes Haar. Bei einer Anordnung für Tempo 30 handle es sich um einen Verwaltungsakt. Diesen in die Kompetenz des Parlaments zu verschieben, sei «ein unzulässiger Eingriff in die Gewaltentrennung».

Rico Eberle (GEU/GLP) sah in der Stossrichtung der Initiative vor allem den Wunsch, das Thema Tempo 30 noch intensiver und mit mehr Emotionen zu bewirtschaften. «Doch Verkehrssicherheit eignet sich nicht für politische Machtspiele.» Dass die Exekutive die Signalisation regle, sei effizient und demokratisch legitimiert. Gleichzeitig hege er auch Sympathien für den Gegenvorschlag, der die Mitwirkung des Volks stärke.

Droht ein Flickenteppich?

Julian Croci (Grüne) bezeichnete die «Forderung», jedes Schild müsse vor den Gemeinderat, als Verschwendung von Steuergeldern. Am Gegenvorschlag bemängelte er, dass dadurch die Interessen des Velo- und Fussverkehrs nicht genügend berücksichtigt würden und ein Flickenteppich von einzelnen Tempo-30-Zonen drohe.

Letztlich lehnte das Parlament den Gegenvorschlag des Stadtrats deutlich ab. Auch die Initiative fiel klar durch – allerdings ohne Konsequenzen, denn sie kommt trotzdem an die Urne und hat nun ohne Konkurrenz durch den Gegenvorschlag deutlich grössere Chancen.

Kommentar schreiben

Bitte geben Sie ein Kommentar ein.

Wir veröffentlichen Ihren Kommentar mit Ihrem Vor- und Nachnamen.
* Pflichtfeld

Anzeige

Anzeige