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Ein Mann hält vor einer Gruppe ein Biberfell in die Höhe.

Biberfachmann Urs Wegmann zeigt der Gruppe die Innenseite eines Biberfells. Foto: David Marti

Exkursion am Chriesbach

Dübendorfer Biber geht auch mal Erdbeeren pflücken

Bei einem Rundgang in Dübendorf klärte Biberfachmann Urs Wegmann über den Nager auf. Der kleine Racker hat sich offenbar auch schon auf einem Beerenfeld neben dem Dürrbach amüsiert.

Biberfachmann Urs Wegmann zeigt der Gruppe die Innenseite eines Biberfells. Foto: David Marti

Veröffentlicht am: 20.05.2023 – 09.47 Uhr

«Dass wir heute einen Biber sehen, ist eher unwahrscheinlich», sagt Urs Wegmann. Daraufhin wenden sich die Teilnehmer der Exkursion «Auf den Spuren des Bibers» enttäuscht ab und gehen nach Hause. Natürlich ist das Quatsch. Von den über 50 Leuten, die sich am Auffahrtsmorgen neben dem Chriesbach an der Dietlikonstrasse versammeln, zeigen sich einzig einige Kinder anfangs zuversichtlich, dass sie heute den Nager zu Gesicht bekommen.

Wegmann, Geschäftsführer der Greifensee-Stiftung und lange Jahre Leiter der Biberfachstelle des Kantons Zürich, liefert auch gleich die Erklärung, wieso sich das Tier heute rarmachen wird. «Zu viele Leute und Hunde sind jetzt unterwegs, das mag der Biber nicht.»

Doch mindestens Flavia Sutter, Gemeinderätin (Grüne) und Präsidentin des Naturschutzvereins Dübendorf, hat ihn schon gesehen. Sie habe kürzlich einen schwimmenden Biber im Chriesbach beobachtet, als sie mit dem Velo hier entlanggefahren sei, sagt Sutter abseits des Geschehens. Der Naturschutzverein hat die heutige Exkursion organisiert.

«Mamma mia!» – so viele Haare

Die grosse Schar folgt Wegmann entlang dem Chriesbach rauf bis zum ersten Biberdamm. Die Gruppe hört gebannt zu, als der Fachmann erzählt, dass die Fischmenge oberhalb des Damms dank der Arbeit des Tiers zunimmt, dies wiederum dem Eisvogel Nahrung verschafft oder dass ein Biberfell pro Quadratzentimeter über 20'000 Haare enthält. «Mamma mia!», kommentiert eine Besucherin.

Dieses Fell sei einer der Gründe für die Ausrottung des Tiers. Um den Biber in der Schweiz wieder anzusiedeln, wurden bis in die 1970er Jahre 141 Tiere ausgesetzt, einige davon auch im Kanton Zürich. Wie gross die Biberpopulation ist, die die Gruppe auf der kurzen Tour entlang dem Chriesbach passieren wird, will Wegmann am Ende verraten.

Damit sich auch die Jüngsten nicht so bald langweilen, hat Wegmann ein Biberfell mitgenommen. Mit diesem darf sich ein Kind kurz zudecken und einen Moment lang Biber sein. Die Gelegenheit wird sofort genutzt, um das vermeintliche Tier zu fotografieren.

«Achtung, Velo! Achtung, Jogger!»-Rufe sind die einzigen Unterbrechungen des Referats, bevor der Tross auf dem schmalen Weg weitermarschiert. Ein paar Kinder sind immer noch hoffnungsfroh auf Biberjagd. «Mama, Mama, lueg, da isch doch en Biber im Wasser!», ruft eines. «Nein, Schatz, das sind nur ein paar Äste.»

Attacke aufs Erdbeerfeld

Auf der Höhe, wo sich die drei Gewässer Altbach, Dürrbach und Chriesbach treffen, liegt ein grosses Erdbeerfeld. Das hat offenbar auch der Biber für sich entdeckt. Gemäss Wegmann hat er sich hier vor einiger Zeit an den Erdbeerpflanzen gütlich getan. Solche Wildschäden an landwirtschaftlichen Kulturen werden im Kanton Zürich in der Regel durch die Jagdgesellschaften erstattet. Allerdings fallen darunter nicht die Bewässerungsanlage und die Abdeckfolie, die das Tier hier auch zernagt hat, um an die Pflanzen zu kommen.

Wir müssen lernen, mit dem Biber zu leben – nicht umgekehrt.

Urs Wegmann, Geschäftsführer Greifensee-Stiftung und Biberfachmann

«Was hilft in solchen Fällen? Strom», sagt Wegmann in die Runde. Tatsächlich hat der Bauer einen Zaun um das Feld gezogen, der sich unter Strom setzen lässt.

Die Sympathien in der Gruppe sind eindeutig aufseiten des Tiers. Ein Mann hat dann aber doch «Mühe», dass ein Baum nach 30 Jahren Wachstum innert eines Tags Opfer des Bibers wird. Wegmann, der auch ausgebildeter Forstwart ist, meint dazu: «Ich fälle einen Baum in drei Minuten. Was hingegen der Biber macht, ist natürlich.»

Die Kinder bekommen am Ende des Rundgangs dann doch noch einen Biber zu sehen, auch wenn es nur ein ausgestopfter ist, den Wegmann aus seinem Auto holt.

Drahtgitter gegen Biber

Er verrät zum Abschluss, an wie vielen Bibern die Gruppe vorbeispaziert ist: sechseinhalb. Natürlich ist das nur ein statistischer Wert. Die Biberpopulation lasse sich kaum zählen, also zähle man die Spuren der Tiere. Mit diesen Daten kann laut Wegmann deren Bestand hochgerechnet werden.

Wegmann zeigt solche Biberfrassspuren an einem Baumstumpf zwischen dem Altbach und dem danebenliegenden Wald. Hier sind einzelne Baumstämme mit Drahtgitter umwickelt. Bäume, die als wertvoll erachtet würden, würden vor dem Biber geschützt. Andere wiederum überlasse man bewusst dem Tier.

Für den Biberfachmann ist klar: Der Nager ist eine Bereicherung für die Natur und gehört hierher. «Wir müssen lernen, mit dem Biber zu leben – nicht umgekehrt.»

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