Die Comedy-Veranstaltung von Cedric Schild in Dübendorf ist wie beinahe alles, was er anfasst: erfolgreich. Die Obere Mühle ist an diesem Donnerstagabend ausverkauft, wie alle Vorstellungen davor. Der 32-Jährige startete sein Debüt-Programm Mitte Jahr und hängte wegen der grossen Nachfrage gleich 15 Vorstellungen an die geplanten 37 an. Trotz heftigem Schneefall und damit verbundenem Verkehrschaos kamen die Leute zahlreich.
Denn sie kennen Schild von verschiedensten Auftritten. Sie kennen ihn als Videojournalisten beim Social Media Magazin «Izzy», wo er auf verschiedenen Kanälen scherzhafte Videos postet. Sie kennen ihn aus seiner Dokumentation zu Enkeltrickbetrügern, in der er Telefongauner überführt hat. Oder sie kennen ihn aus der TV-Serie «Tschugger», in der er einen verpeilten Praktikanten spielt.
So hat der in Uster aufgewachsene Schild es geschafft, fast alle Altersgruppen in der Schweiz anzusprechen. Das zeigt sich in der Oberen Mühle, auch wenn wider Erwarten kaum Jugendliche zu sehen sind.
Das Besondere an seiner Arbeit ist die Mischung aus Journalismus und Influencing. Jetzt kommt auch noch Live-Comedy dazu. Das scheint ihm keine Probleme zu bereiten: Fast jeder Witz sass, das Publikum lachte. Erstaunlich für jemanden, der zum ersten Mal Comedy macht.
Diese Mühelosigkeit hat er wohl Viktor Giacobbo zu verdanken. Denn das Schweizer Kabarett-Urgestein führt die Regie bei Schilds Programm. Und bei ihm kann man mit seiner jahrelangen Erfahrung darauf vertrauen, dass er weiss, wie das Schweizer Publikum tickt.
Nichtsdestotrotz wäre auch Giacobbos Expertise nichts ohne Cedric Schilds Gewitztheit und sympathische Art. Denn er hält sich nicht nur strikt an ein Skript: Seine Interaktionen mit dem Publikum sind natürlich, er witzelt über den aktuellen Schneefall und über alle, die deswegen zu spät gekommen sind.
Kunstvoll gemischt
Auch strukturell ist der Abend so, wie man es sich von Cedric Schild gewohnt ist: ein Mix der Genres. Lustige, eigens für die Show gedrehte Videos wechseln sich mit Comedy-Sketchen ab, die dann kunstvoll zu eigens für die Show produzierten journalistischen Beiträgen überleiten.
Da ist zum Beispiel der Sketch mit dem Sextouristen «Walter Wiler» auf dem Rückflug von Thailand. Er erzählt seinen Sitznachbarn von seiner Freundin Candy, die er dort kennengelernt hat.
Dies dient als Überleitung zu einem journalistischen Beitrag, in dem sich Schild zunächst als die thailändische Sexarbeiterin Candy ausgibt und so über eine Website für Sextourismus Schweizer täuscht. Indem er sich wieder als Walter Wiler und somit als eifersüchtigen Freund von Candy ausgibt, konfrontiert er die Schweizer dann per Telefon mit den sexuell aufgeladenen Nachrichten, die sie Candy geschickt haben.
Der Beitrag ist witzig gestaltet und bringt sein Publikum zum Lachen – hinterlässt aber einen faden Nachgeschmack, da Schild auf die eigentlich verbotene Prostitution und den damit verbundenen illegalen Sextourismus hinweist.
Niemand ist gefeit
Auffällig ist, dass das Militär im Verlauf des Abends immer wieder das Ziel von Schilds Spott ist. Die Armee hat er 2018 blossgestellt, indem er sich als Major Schild ausgab und einen ranghohen Militaristen dazu brachte, ihm vertrauliche Daten zu schicken. Der Vorfall löste eine nationale Debatte über die Datensicherheit im Militär aus.
Damit hat er offenbar aber noch nicht genug: Verkleidet mit einer Militärjacke und einem auf Ricardo erworbenen Original-Dienstgrad verkleidet – dessen Tragen beides rechtswidrig ist –, schiesst er in einem Sketch Giftpfeile gegen das Sicherheitskonzept vom Militär.
Im darauffolgenden Video beschäftigt er sich mit Einheitsschlüsseln für Duro-Fahrzeuge. Er testet, ob diese Schlüssel wirklich für alle Duros in der Schweiz funktionieren. Und ja, das tun sie. Der Gipfel: Der verwendete Schlüssel ist im Saal versteckt und muss vom Publikum gesucht werden.
Schild demonstriert Unverfrorenheit. Er macht sich immer wieder über die Polizei lustig, gestikuliert obszön oder zeigt einen ganzen Sketch über einen migrantischen Autoposer. Autoritäten oder die Cancel-Culture scheint er nicht zu fürchten.
Wie gewohnt
Das Leben nicht zu ernst nehmen und Missstände kaltblütig aufdecken, das kennt man von Cedric Schild. Was man von ihm auch kennt, ist Schleichwerbung. Nach der Veröffentlichung seiner Doku wurde in den Medien kritisiert, dass Schild darin immer wieder seine eigene Getränkemarke in Szene setzt, ohne dies als Werbung zu deklarieren. Die Getränkefirma ist seit Kurzem bankrott.
Dieses Loch füllt Schild nun mit Werbung für eine andere Marke: Samsung. Immerhin hat er aus den vergangenen Vorfällen gelernt und die Reklame im ersten Drittel der Show deklariert. Das ändert aber nichts daran, dass er die Werbung für das neue Smartphone des Konzerns fast penetrant in jeden Aspekt der Show einbaut: Nicht nur prangt ein menschengrosses, faltbares Handy auf der Bühne, auf welches Bilder projiziert werden, sondern Schild benutzt auch das normal grosse Smartphone des Anbieters in ausnahmslos jedem Sketch oder Video zum Telefonieren, Face-timen oder Scrollen.
Immerhin ist ein Smartphone kein Alkohol und damit kein toxisches Produkt, das Schild in den sozialen Medien an sein überwiegend junges Publikum vermarktet. Trotzdem ist es eine befremdliche Erfahrung, während einer Comedy-Show mit Werbung konfrontiert zu werden.
Wer allerdings darüber hinwegsieht, bekommt eine bemerkenswert ausgereifte Show zu sehen. Und in dem Sinne stimmt der Titel der Veranstaltung nicht: «I de Videos bini lustiger.» Cedric Schild ist in seinem Auftritt genau so, wie er auch im Internet ist. Das heisst: Wer seinen Online-Auftritt lustig findet, dem gefällt auch die Show. Und wer seinen Online-Auftritt nicht lustig findet …