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Remo Pini als Regisseur bei einem Filmdreh in Los Angeles (und Winterthur).

Remo Pini als Regisseur bei einem Filmdreh. Foto: PD

Filmproduzent zwischen Los Angeles und Dübendorf

Er drehte einen Nanny-Thriller in L.A.

Der Dübendorfer Remo Pini lernte das Filmemachen in den USA. Jetzt wünscht er sich ein Studio auf dem Militärflugplatz – und dass die Schweizer Filmförderung etwas mutiger wird.

Remo Pini als Regisseur bei einem Filmdreh. Foto: PD

Veröffentlicht am: 24.06.2024 – 14.11 Uhr

Wer das Video mit Arbeitsproben auf der Startseite der Filmproduktionsfirma Grey Eminence anschaut, sieht eine Mischung aus erotischen Szenen mit knapp bekleideten Frauen, Alkohol, Schusswaffen, Gangstern und einer Reminiszenz an die Liebesszene im Filmklassiker «Titanic» erinnert.

Beim ersten Anruf weilt Remo Pini – einer der zwei Köpfe hinter den grauen Eminenzen – in Cannes am Filmfestival und kann nur kurz telefonieren. Der Dübendorfer ist mit seiner Filmproduktionsfirma vor allem zum Netzwerken dort.

«Direkte Deals schliessen wir da aber kaum ab», sagt er, die Projekte entwickelten sich meistens langsam. Es gehe vor allem darum, Menschen für eine mögliche Zusammenarbeit kennenzulernen.

Pini ist seit 2012 als Filmemacher und auch als «Line Producer» unterwegs. Letzteres heisst, er arbeitet als Produktionsleiter, kontrolliert Budgets, kümmert sich bei Filmproduktionen um alle Verträge. «Eigentlich das, was sonst niemand so gerne macht», ergänzt seine Frau Carolyn Pini, weil dies die weniger kreativen Aspekte des Filmens seien.

Inferno im Glattzentrum

Die Pinis haben aber auch schon eigene Kurzfilme in der Umgebung von Dübendorf gedreht. Zum Beispiel auf dem Parkplatz beim Einkaufszentrum Glatt. «Ah, die Guerilla-Geschichte von 2012», sagt Remo Pini.

Im Film sieht man, wie eine Frau zwei schwere Waffen nach oben richtet, während im Hintergrund ein Haus in sich zusammensackt. «Ich war an dem Drehtag vor allem damit beschäftigt, die Sicherheitsbeauftragten abzulenken», sagt er und schmunzelt, das sei aber schon eine Weile her.

In der Zwischenzeit war er auch in Los Angeles als Regisseur tätig. Er drehte «The Twisted Nanny», ein Film, der 2019 herauskam: «Es ist ein Thriller für Hausfrauen – die Geschichte durfte für das Nachmittagsprogramm weder zu gefährlich noch zu langweilig sein», erklärt Remo Pini.

Als Zielpublikum habe man da im Vorfeld an Menschen gedacht, die den Fernseher direkt nach dem Mittagessen einschalten und emotional nicht zu stark leiden wollen.

Doch wie kommt ein Schweizer IT-Führungsfachmann dazu, einen Spielfilm in L.A. zu drehen? Remo Pini besuchte 2012 in seinen Sommerferien ein Summer Camp der New York Film Academy. Zu der Zeit war er voll berufstätig «Damals hätte ich nicht einfach eine vierjährige Ausbildung an einer Filmschule machen können», sagt er.

Das Paar wohnt seit 2000 gemeinsam in einer Siedlung in Dübendorf. Kennengelernt haben sie sich bei einer Informatik-Führungsausbildung. Die Idee, ins Filmbusiness einzusteigen, kam rund zehn Jahre später. Remo Pini schaute im TV einen mittelmässigen Film, dabei fand er: «Das kann ich besser.» Seine Frau meinte dazu: «Dann mach halt.» Der Gedanke blieb hängen.

So haben sich die Pinis das Filmemachen Schritt für Schritt selber beigebracht. «Wir kreierten eigene kleine Geschichten und drehten sie», sagt Carolyn Pini. Sie kümmert sich jeweils um die Ausstattung und die Kostüme, Remo Pini um die Technik und die Schauspielerführung.

Für Kost und Logis Regisseur in L.A. sein

2017 habe er dann eine kleine amerikanische Produktionsfirma gefunden, die oft auch Filme von Nachwuchsregisseuren drehen lässt. Da liess er nicht locker und fragte immer wieder nach. Irgendwann klappte es.

Den Film hätten sie in nur dreieinhalb Wochen gedreht. «Die Gage hat gerade mal den Flug und unsere Aufenthaltskosten gedeckt, aber wir haben dabei viel gelernt», sagt Pini.

Wenn sie selber Filme entwickeln, dann interessieren sie sich vor allem für Geschichten, die unterhalten. «Man soll beim Schauen die normale Welt vergessen können.» Sie selber gingen nicht ins Kino, um die Realität zu sehen, finden die Pinis.

Leider sei die Schweizer Filmförderung da aber oft anderer Meinung und unterstütze eher Geschichten, die soziale Themen in den Mittelpunkt stellten und einen starken Bezug zur Schweiz hätten. Da bleibt nicht viel Raum für Fantastisches oder Science Fiction.

Gefördert wird eine «Coming of Age»-Geschichte

Doch nun hat das Paar zum ersten Mal Schweizer Fördergelder erhalten für einen eigenen Spielfilm. Die Geschichte hat einen sozialen Bezug und spielt dennoch in der Zukunft. Es ist ein Flüchtlingsdrama.

«Da der Wohnraum immer knapper wird, muss eine ältere Schweizerin ein geflüchtetes Mädchen aus England und deren Vater bei sich aufnehmen», sagt Remo Pini zum Inhalt. Die Frage sei, wie die drei miteinander klarkommen. Es sei ein Film über das Erwachsenwerden, aber auch über eine Freundschaft zwischen zwei ganz unterschiedlichen Frauen.

Zehn Jahre für einen Film

Für einen kürzlich abgedrehten Film stand das Ehepaar Pini während nicht weniger als zehn Jahren immer wieder im Einsatz. Es war für den Science-Fiction-Film «South of Hope Street» der amerikanischen Filmemacherin Jane Spencer, die in Zürich wohnt.

Den Trailer dazu haben sie schon 2014 gedreht. Dieser diente dazu, dass sie sich überhaupt auf die Suche nach Fördergeldern machen konnten. «Immer wenn das Geld ausging, legten wir wieder eine längere Drehpause ein.»

Dazu braucht es einiges an Durchhaltevermögen. Woher nimmt man diesen Antrieb? «Bei jedem Projekt werden wir vor neue Herausforderungen gestellt», sagt Remo Pini. Es mache Spass, unterschiedliche Probleme zu lösen und dabei auch Neues zu lernen.

Das Paar scheut sich nicht, gross – im amerikanischen Stil – zu denken. Wenn es nach Remo Pini ginge, so würde er sich ein Filmstudio in Dübendorf wünschen. «Zum Beispiel auf dem Areal des Flugplatzes, dort, wo der Innovationspark entsteht.»

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