Der Jazzclub Dübendorf feiert dieses Jahr seinen 40. Geburtstag – und mit ihm die 13. Auflage der Jazztage. Sie standen unter dem Motto «Nordlichter». Und so gaben sich denn auch Musikerinnen und Musiker aus dem hohen Norden ein Stelldichein auf der Bühne in der Oberen Mühle.
Der Donnerstag und der Freitag waren geprägt von starken Frauen wie Hildegunn Øiseth, Kirsi-Marja Harju, Josefine Cronholm oder Marilyn Mazur, die das Publikum in die weiten Gefilde Norwegens und Finnlands entführten – mit einem grosszügigen Abstecher nach Afrika. Der Samstag gehörte dann den Männern mit der hierzulande noch unbekannten WAKO Band und dem namhaften Pianisten und Klangtüftler Bugge Wesseltoft.
Hervorragende Interpreten im Norden
Laut Toni Lanzendörfer vom Jazzclub Dübendorf basiert der Beschluss, ausschliesslich «Nordlichter» einzuladen, darauf, dass im Norden «eine grosse Dichte hervorragender Interpretinnen und Interpreten» vorhanden sei.
Was mit dem Prädikat «hervorragend» gemeint ist, wurde gleich am ersten der drei Abende eindrücklich demonstriert. Die Bühne gehörte dem Hildegunn Øiseth Quartett. Die Bandleaderin aus Norwegen spielt Trompete und Ziegenhorn. Begleitet wurde sie von Espen Berg am Piano und Magne Thormodsæter am Bass.
Am Schlagzeug nahm nicht wie angekündigt Per Oddvar Johansen Platz, sondern die 27-jährige Veslemøy Narvesen. Bei ihr von einem Talent zu sprechen, wäre untertrieben. Ohne die Musikalität und das Können der übrigen Bandmitglieder zu schmälern, darf man behaupten, dass Veslemøy Narvesen auch solo mit ihrem Spiel für einen gelungenen Abend hätte sorgen können.
Gleiches gilt für den Bassisten, der Schwerarbeit leistete, und auch den Pianisten, der im Zusammenspiel mit Trompete oder Schlagzeug für unglaublich beeindruckende Phasen sorgte.
Spannend und kompakt
Das Quartett spielte bei seinem ersten Auftritt in dieser Zusammensetzung ein deutlich nordisch gefärbtes Programm, in dem auch samische Komponenten auszumachen waren. Øiseth sorgte für melancholische, manchmal fast mystische, immer aber spannende Momente. Die einzelnen Interpreten nahm man als solche zwar mit grossem Vergnügen wahr, sie drängten sich aber nie in den Vordergrund, was einem das Gebotene als unglaublich kompakt erscheinen liess.
Was da präsentiert wurde, war überwältigend und geprägt von grosser Spielfreude. Das Publikum war jedenfalls begeistert, und auch der Präsident des Jazzclubs, Thomas Müller, strahlte grosse Freude und Zufriedenheit aus. Der Auftakt zu den 13. Jazztagen hätte besser nicht sein können.
Stilwechsel am zweiten Tag
Am Freitagabend standen zwei Bands auf dem Programm. Einerseits das Kama Kollektiv, andererseits Josefine Cronholm & Marilyn Mazur. Das Kama Kollektiv setzt sich zusammen aus der 30-jährigen Kirsi-Marja Harju, die auf eindrückliche, melodiös dahinfliessende Art Trompete spielte und sang.
Begleitet wurde sie am Flügel von Ida Alanen, die bei ihrem Spiel praktisch bewegungslos auf dem Klavierstuhl sass und nur ihre Unterarme leicht und ihre Finger schnell bewegte. Der ruhende Pool in Quartett war der Bassist Jonathan Nagel.
Harjus Trompetenspiel darf man schlicht als schön bezeichnen. Als sehr schön sogar. Ihr Fundus an Melodien scheint unerschöpflich. Schloss man die Augen, hatte man das Gefühl, wie ein Vogel über die unendlichen Weiten Finnlands zu schweben oder eine Karawane durch die Wüste zu begleiten. Oder man vernahm Ansätze eines Volkslieds. Verstärkt wurden diese Eindrücke durch den Einsatz schwacher elektronischer Echos.
Mit Miles Davis unterwegs
Der Abend wurde abgeschlossen durch das Quartett Josefine Cronholm & Marily Mazur. Cronholm, die 53-jährige, mehrfach ausgezeichnete Jazzsängerin aus Schweden mit bewegter musikalischer Vergangenheit, tritt seit über zwei Jahrzehnten mit der Perkussionistin Marilyn Mazur auf.
Die 69-jährige Mazur begann ihre Karriere in den frühen 1970er Jahren als Tänzerin. Als Perkussionistin spielte sie mit Andreas Vollenweider und Charlie Mariano sowie Irène Schweizer. Weltweit bekannt wurde sie als ständige Drummerin von Miles Davis.
Wie hypnotisiert am Klavier
Dass ihre Spielfreude nach wie vor ungebrochen ist, bewies sie an diesem Abend. Es war eine Freude, ihr bei der Arbeit zuzuschauen. Es war nicht ihr erster Auftritt in Dübendorf, aber ihr erster in diesem Quartett. Am Bass sorgte Klavs Hovman für Rhythmus und eine melodiöse Begleitung. Und am Flügel begeisterte die Japanerin Makiko Hirabayashi das Publikum. Sie war, wenn man das so sagen darf, der Star des Abends.
Die 57-jährige Japanerin wohnt seit 1990 in Dänemark. Der Zauber ihrer Musik besteht aus einer Mixtur, in der ihre asiatische Herkunft wie auch das Nordische, Kraftvolle und Meditative zum Tragen kommen. In ihrem Spiel gibt es Augenblicke, in denen sie – wie hypnotisiert – vom Klavier nicht mehr loslassen will. Sie spielt und spielt, und man könnte ihr stundenlang zuhören.
Ihr Spiel trug sicher dazu bei, dass der doch recht kopflastige und schwer zu konsumierende Beginn des Auftritts langsam verblasste und ein eher fröhlich-leichter, aber nichtsdestotrotz anspruchsvoller Teil zum Vorschein kam, der beim Publikum auf helle Begeisterung stiess.