Yolaine Frühauf zieht eine ausrangierte Obstkiste mit Tonfiguren aus einem Regal. «Was mach ich bloss mit den vielen Figürchen?» Kaum hat sie die Kiste zurückgelegt, folgt die nächste schon fast verzweifelte Frage: «Und was mit all den halbfertigen Köpfen?»
Gemeint sind die tellergrossen menschlichen Abbilder aus Ton, Keramik oder Porzellan, die im Atelier in der Kriesbachstrasse in Dübendorf lagern. Dazu stehen hunderte Bilder, tausende Zeichnungen sowie Skizzen und im Garten mehrere mannshohe Statuen aus Weisszement oder Bronze.
Diese ganze Kunst entspross der unbändigen Schöpfungskraft des Dübendorfer Künstlers Max Frühauf mit Jahrgang 1928, dem Vater von Yolaine Frühauf. Seit nunmehr 20 Jahren ist er tot. Weil aber die Mutter noch bis vor etwa zwei Jahren hier wohnte und erst jetzt in ein Pflegheim umgezogen ist, war das Gros der Hinterlassenschaft noch kein Thema bei den vier Frühauf Kindern.
Nun kümmert sich Yolaine Frühauf zusammen mit ihrem Mann um die Räumung, irgendwann soll das Haus verkauft werden. Vieles habe sie schon nach Schwerzenbach geschafft, wo ihr Vater ebenfalls früher ein Atelier betrieben hat, das noch immer der Familie gehört. Das auffällige Gebäude am Rand des Dorfers wird nun zum Ausstellungsraum für ein Teil seiner Kunst.
Manchmal habe ich Alpträume davon.
Yolaine Frühauf, Tochter des Künstlers Max Frühauf
Trotz dieser Verlagerung wird man im Dübendorfer Pendant immer noch von Kunst erschlagen. Die etwa drei Meter hohen Mauern sind mit Ölbildern bedeckt, mehrere davon stehen aneinander liegend auf dem Boden.
Desinteresse auf Auktionsplattform
Frühauf, die selber Künstlerin ist, kann sich nur schwer von den Werken trennen. «Mir gefallen die Bilder. Fortwerfen kommt nicht in Frage.» Alle behalten könne sie aber auch nicht. Deswegen habe sie schon versucht, ein paar davon über Ricardo zu verkaufen. 400 Franken eine Graphik, eine Aktzeichnung für 180 Franken – ohne Erfolg. «Für die Kunst hat sich keiner interessiert. Billig verhökern, kommt für mich aber nicht in Frage.»
Sie sei heute schwierig zu verkaufen, anders als zu Lebzeiten ihres Vaters. Der Künstler und Lehrer an der Kunstgewerbeschule Zürich hatte Aufträge von Banken und der Stadt. Bekannt war etwa die Unterführung an der Oskar-Bider-Strasse, deren Wände er kunstvoll bemalt hatte. Nachdem die Wände im Laufe der Zeit mit Graffiti verschmiert worden seien, habe die Stadt die Kunst wieder übermalen lassen.
Die Garage war sein Showroom, wo er auch Kunden empfangen hat.
Kein Raum ohne Kunst
Auch heute stehen hier noch Dutzende Bilder. Frühauf steigt die Kellertreppe hinunter, am Fuss der Treppe ist ein zwei Quadratmeter grosses Bild aufgehängt. Im Heizkeller sind es viele kleine, ebenso in einem weiteren Raum und in der Waschküche hat der Künstler direkt auf die Mauer gemalt. «Es gibt keinen Raum in dem Haus ohne Bilder. Manchmal habe ich Albträume davon», sagt Frühauf.
Die Frage, wohin sie mit der unüberschaubaren Menge Kunst soll, verfolgt sie fortwährend. Die schönsten Stücke wird sie, so lang noch Platz da ist, nach Schwerzenbach bringen. Und den Rest? Yolaine Frühauf zuckt mit den Schultern. «Erstmal werde ich die Werke meines Vaters dokumentieren und archivieren. Es ist mir wichtig, dass er als Künstler nicht vergessen geht.»