Zu verschiedensten Uhrzeiten, teilweise auch mitten in der Nacht, meldete sich ein Dübendorfer über die Nummer 117 und die internationale Notrufnummer 112 auf der Einsatzzentrale der Kantonspolizei Zürich. Und das in einer Intensität sondergleichen: einmal 38 Mal innert 35 Minuten, einmal an einem Tag 110 Mal. Über 400 Handy-Anrufe kamen so zwischen Januar und Oktober 2024 zusammen, wie in einem kürzlich von der regionalen Staatsanwaltschaft zu diesem Fall erlassenen Strafbefehl zu entnehmen ist.
Erfundenen Verbrennungsunfall gemeldet
Die Anrufserie erfolgte «ohne objektiv nachvollziehbaren Grund». So legte der Mann manchmal einfach nach ein paar Sekunden wortlos auf. Oder er begann zu reden und tat dabei «seinen Unmut gegenüber der UBS kund», wie es im Strafbefehl geschildert wird.
Mehrmals habe er auch wahrheitswidrig erzählt, «eine Körperverletzung infolge einer durch seinen Vermieter hochgeschraubten Heizung erlitten zu haben». In diesen Fällen löste er einen Polizeieinsatz aus, der sich dann als unnötig herausstellte, weil der Unfall eine reine Lüge war.
Betrieb der Zentrale «massiv beeinträchtigt»
Mit seinen Aktivitäten bewirkte der Mann, «dass der Betrieb der Einsatzzentrale massiv beeinträchtigt wurde und sich die dort arbeitenden Polizeifunktionäre durch die häufigen Anrufe in erheblicher Weise belästigt fühlten». Die Disponentinnen und Disponenten, die die Gespräche entgegennahmen, sagten dem Anrufer laut Strafbefehl wiederholt, dass sein Verhalten störe.
Das liess den Dübendorfer jedoch unbeeindruckt, und er machte weiter, «obschon ihm klar war, dass er keinen Notfall zu melden hatte». Deshalb wurde ein Strafverfahren eingeleitet, das nun abgeschlossen ist.
Zwei Jahre lang Therapie absolvieren
Der heute 52-Jährige wurde wegen mehrfachem Missbrauch einer Fernmeldeanlage und mehrfachem falschen Alarm verurteilt. Er erhielt eine bedingte Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 30 Franken.
Bedeutender ist jedoch der zweite Teil des Urteils: Der Mann muss über die kommenden zwei Jahre hinweg regelmässig eine Therapie seiner diagnostizierten psychischen Störung absolvieren. Das ist gemäss Strafbefehl «notwendig und medizinisch indiziert zur Verhinderung weiterer Vorkommnisse». Das kantonale Amt für Justizvollzug wird überwachen, dass diese Behandlung auch wirklich durchgeführt wird.
Kosten bleiben am Staat hängen
Für das Verfahren sind Kosten von gegen 2000 Franken angefallen. Da der Verurteilte arbeitslos ist und offenbar in bescheidenen finanziellen Verhältnissen lebt, werden die Aufwendungen auf die Staatskasse abgeschrieben. Auch die Rechnung für seinen amtlichen Verteidiger übernimmt der Staat.
Nicht beim Staat verbleiben allerdings die Geräte, deren Benutzung der Dübendorfer nicht widerstehen konnte. Neun Mobiltelefone hatte die Polizei bei dem Mann sichergestellt – wenn er möchte, kann er sie alle zurückhaben.
In schweren Fällen rechtliche Konsequenzen
Über 255’000 Notrufe sind im Jahr 2023 gemäss Jahresbericht der Kantonspolizei Zürich in ihrer Einsatzzentrale eingegangen. Dabei sei die Anzahl von falschen Alarmen «im Verhältnis zur Gesamtzahl der Notrufe gering», sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage.
Bei falschen Alarmen werde jeder Fall individuell betrachtet. «Je nach Motivation des Anrufs, der Häufigkeit und der daraus resultierenden Wirkung» wird dann entschieden, ob durch den Rechtsdienst der Kantonspolizei eine Strafverfolgung zu prüfen ist. Rechtliche Konsequenzen sind vor allem möglich, «wenn es sich um wiederholte oder bewusst irreführende Anrufe handelt». Denn solche falschen Alarme binden laut dem Polizeisprecher möglicherweise vergebens Kräfte, die an einem anderen Ort tatsächlich gebraucht würden. (ehi)