«Absichtliche Inbrandsetzung des Privatklägers». Was der Staatsanwalt in seiner Anklageschrift juristisch trocken umschreibt, ist eine der grausamsten Taten, die in den letzten Jahren im Oberland verübt wurden.
Auf dem Bett mit Brandbeschleuniger übergossen
Gemäss Anklage hatte sich eine Frau eines Abends im Sommer 2023 in der Familienwohnung in Fällanden auf ihren Mann gesetzt, der gerade auf einem Bett ruhte. Mit ihren Knien fixierte sie dabei seine Arme. Dann spritzte sie Brandbeschleuniger auf den damals 56-Jährigen sowie das Bett und entzündete alles mit einer brennenden Kerze.
Der Mann schaffte es, trotz des Feuers aufzustehen und sich mit Wasser abzukühlen, während das ebenfalls in der Wohnung anwesende erwachsene Kind des Paares Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr alarmierte. Der Verletzte, der noch vor Ort intensivmedizinisch versorgt werden musste, erlitt lebensbedrohliche Verbrennungen.
Die Frau hatte die Wohnung nach der Tat verlassen, konnte kurz darauf aber von der Polizei festgenommen werden. Sie befindet sich seither in Haft.
Schwer gestört oder gesund?
Die Frau, die sich am Donnerstag vor dem Bezirksgericht Uster verantworten musste, hat die Tat gestanden. Was der Grund für ihr Handeln war und ob sie beispielsweise gewusst habe, dass ein brennender Mensch an den dabei erlittenen Verletzungen sterben kann – auf diese und weiteren Fragen des Gerichts wollte sie keine Antwort geben.
Sie habe jedoch «niemals» beabsichtigt, dass ihr Mann sterbe. Was sie damals tat, «bereue ich zutiefst».
Laut einem psychiatrischen Gutachten leidet die Frau unter einer schweren Störung im schizophrenen Bereich. Eine Diagnose, die nicht zutreffe, sagte die heute 50-Jährige: «Ich bin gesund.» Und weil sie ihrer Ansicht nach gesund ist, hat sie auch schon Pläne, was sie nach dem Strafvollzug machen will: eine Wohnung suchen und im Gastrobereich, wo sie eine Ausbildung hat, arbeiten. Eine neue Familie ist jedoch kein Thema.
Keine Strafe wegen Schuldunfähigkeit
Für den Staatsanwalt war der Fall klar. Hier lägen ein versuchter Mord und eine Brandstiftung vor. Da die Taten aufgrund der Diagnose jedoch in einer nicht selbst verschuldeten Schuldunfähigkeit begangen wurden, sei statt einer Strafe eine stationäre Behandlung anzuordnen.
«Es ist ein grauenvolles Szenario, das sie ihrem Mann bereitet haben», sagte der Staatsanwalt. Und weil es wegen der ungewöhnlichen Tatwaffe Feuer eben so grauenvoll sei und die Frau nicht nur gravierende Verletzungen, sondern auch den Tod des Mannes in Kauf genommen habe, handle es sich um die schwerste Form eines Tötungsdelikts, also Mord.
Jahrelang gelitten
Die Verteidigerin widersprach der Mord-Einstufung vehement. Für sie war die Tat ein versuchter Totschlag. Also ein milder zu bestrafendes Tötungsdelikt, das man laut Definition im Gesetz etwa «unter grosser seelischer Belastung» begeht. Aufgrund der Schuldunfähigkeit sei aber ohnehin von einer Strafe abzusehen, und «das unumstrittene Behandlungsbedürfnis» ihrer Mandantin sei eher mit einer ambulanten, nicht mit einer stationären Therapie zu erfüllen.
Dann lieferte die Anwältin eine Erklärung für die Tat: Die Frau «wollte nur, dass das aufhört». Mit «das» seien rigide Regeln gemeint, die der Ehemann seiner Partnerin auferlegt habe. Welche Regeln das sind, erläuterte die Juristin nicht, doch sie hätten bei der Frau für ein Gefühl der «jahrelangen Unterdrückung und Kontrolle» gesorgt.
Die Frau habe deshalb seelisch stark gelitten und drei Suizidversuche unternommen, den letzten zwei Monate vor der Brandattacke. Eine Attacke, bei der sie in «einer wahnhaften Realitätsverkennung» ihren Mann als Bedroher gesehen und dann im Affekt gehandelt habe: «Die Frau war völlig verzweifelt.»
Gericht erkennt besondere Grausamkeit
Auch das Gericht sah eine schwere psychische Erkrankung der Frau und damit ihre Schuldunfähigkeit als gegeben an. Die Klassifikation der Tat sei ebenso klar: versuchter Mord – und zwar «auf eine besonders grausame Art». Denn wer angezündet werde und daran nicht sterbe, der leide sein Leben lang unter Schmerzen und Entstellung.
Auch wenn die Angeklagte «keine Krankheitseinsicht» zeige, komme hier nur ein Heilungsversuch durch eine stationäre Therapie infrage. Zur von der Verteidigung vorgebrachten Erklärung für die Tat, eine psychische Marter durch den Ehemann, fand das Gericht nicht ansatzweise Belege.
Genugtuungszahlung für den Mann
Dem Mann wurde eine Genugtuung von 10’000 Franken und eine Prozessentschädigung von 6000 Franken zugesprochen. Beide Beträge werden beglichen durch mehrere tausend Euro, die man bei der Frau beschlagnahmt hatte. Die Verfahrens- und Verteidigungskosten von rund 50’000 Franken werden auf die Gerichtskasse genommen.
Die 50-Jährige bleibt bis zum Antritt ihrer Therapie in Sicherheitshaft. – Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.