«Niiiiummmm» – mit atemberaubender Geschwindigkeit saust ein Gefährt um die Kurve. Die Reifen berühren den Boden kaum, es scheint zu fliegen und zieht eine braune Staubwolke hinter sich her. Der Konkurrent ist nahe dran, drückt sich an der rechten Flanke des Autos vorbei, nimmt die Kurve eng und übernimmt die Führung. Fast gleichauf fahren sie mit Vollgas auf eine Schanze zu, heben ab und landen hart auf dem Boden.
Ein Glück, dass bei diesem engen Rennen niemand gefährdet wird. Denn die Lenker sitzen nicht etwa im Fahrzeug drin, sondern behalten vom Dach eines Containers ausserhalb der Piste den Überblick. In den Händen halten sie ein kleines Gerät, mit dem sie die Fahrzeuge fernsteuern.
Sie gehören zum Offroad Team Zürich, einem Modellautosport-Verein, der eine Freiluftstrecke am Rand von Volketswil unterhält, auf der mit ferngesteuerten Fahrzeugen gefahren wird. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Buggys, Truggys oder Monstertrucks, die Modelle von Autos im Massstab 1:5 oder kleiner darstellen. Sie werden mit Batterien, Benzin oder Methanol betrieben und fahren bis zu 80 km/h schnell.
Am vergangenen Samstag haben 17 Mitglieder die Saison mit einem Rennen eröffnet. Sie kamen mit ihren Modellen und Werkzeugen auf den Platz gegenüber dem Sportzentrum Gries, wo sich ihre Rennstrecke befindet. Die Piste mit Kurven, Schanzen und Brücken haben sie selbst gebaut.
Ausserhalb der Strecke bauen sie ihre Station auf, ein Modell reiht sich an das andere. Die Ersten haben ihre Rennmaschinen bereits an den Start gestellt und begeben sich auf den Container. Von dort aus können sie die ganze Strecke überblicken und vor dem Rennen trainieren.
Dass die Modellautofahrer ihrem Hobby auf einer eigenen Strecke nachgehen können, ist in der Szene nicht selbstverständlich. Vereinspräsident Luca D’Amico erklärt: «Es gibt viele Leute, die ein Problem mit unserem Hobby haben. Sie stören sich zum Beispiel am Lärm, am Staub oder befürchten eine Umweltverschmutzung.» Bevor er das Offroad Team Zürich mitgründete, war er Mitglied in drei anderen Modellautovereinen. «Die gibt es alle nicht mehr.» Sie hätten sich alle wegen Schwierigkeiten mit den Behörden aufgelöst.
Im Offroad Team Zürich geht es hingegen sehr lebendig zu und her. Das ist zum Teil der Gemeinde zu verdanken. «Volketswil ermöglicht uns seit 2016, das Gelände zu pachten», so D’Amico. «Unter der Bedingung, dass wir uns strikt an die Öffnungszeiten der Piste halten und uns an der Jugendförderung beteiligen.» Deshalb organisieren sie auch jedes Jahr einen Kindertag.
Übermut tut selten gut
Inzwischen haben die Rennen begonnen. Mehrere Modelle driften mit hohen Geschwindigkeiten um die engen Kurven, düsen aneinander vorbei und sausen rücksichtslos über hohe Schanzen. Ab und zu überschlägt sich eines der Autos. Wenn es auf dem Dach landet, eilt jemand auf die Strecke, um es wieder aufzurichten.
Gerade rauscht das Modellauto von Luca D’Amicos zwölfjähriger Tochter Aurora mit zu viel Geschwindigkeit über eine Schanze und landet neben der Strecke. «Ich habe dir doch gesagt, fahr nicht so schnell!», ruft der Vater ihr zu. «Die anderen fahren aber auch schnell!», ruft sie zurück und lacht.
Ausser ihr sind auch noch einige andere Kinder und Jugendliche auf dem Platz. Das jüngste Kind ist gerade fünf Jahre alt und in einer ruhigeren Ecke des Platzes beschäftigt. Dort gibt es nämlich noch einen zweiten Parcours, bei dem es nicht auf Schnelligkeit, sondern auf Geschicklichkeit ankommt. Gekonnt lenkt der fünfjährige Aron den selbst gebauten Buggy seines Vaters über Rampen, steile Hänge und durch Tunnels.
«Wenn ich sehe, wie die Kinder Spass haben, geht mir das Herz auf», sagt D’Amico. Der familiäre Charakter des Vereins ist für ihn das Wichtigste. Das steht im Gegensatz zu allen anderen Schweizer Modellsportklubs, deren Mitglieder an Meisterschaften fahren. «Sie benehmen sich oft rücksichtslos und können aggressiv werden, wenn sie sich eine Strecke mit weniger erfahrenen Fahrern teilen müssen», sagt D’Amico. «Ich habe keine Hemmungen, solche Fahrer von unserem Platz zu verweisen. Dafür bin ich in der Szene bekannt.»
Aber gerade wegen der unverkrampften Atmosphäre kämen auch Fahrer aus der ganzen Deutschschweiz zu ihnen. «Bei uns ist jedes Niveau willkommen. Es geht uns um den Spass.» Vor allem die Kinder würden davon sehr profitieren, weil sie eine Chance bekämen, besser zu werden. «Indem wir sie einbeziehen, holen wir sie auch von der digitalen Welt weg.»
Boxenstopp en miniature
Das Rennen ist mittlerweile fertig. Die Fahrer holen die Wagen von der Piste, um sie auf einem Tisch nebenan zu warten. Eifrig wird zerlegt, gereinigt, gebastelt, geflickt. D’Amico hilft seiner Tochter mit ihrem Fahrzeug, bei dem ein Kabel defekt ist.
Luca D’Amico erläutert: «Dadurch besteht Brandgefahr.» Deshalb müsse das Modell unbedingt geflickt werden, bevor es wieder auf die Strecke dürfe. Denn es stünden nicht nur der materielle Wert von bis zu mehreren tausend Franken auf dem Spiel, sondern auch viele Stunden Bastelarbeit. Er erklärt, dass die Bastler ihre Wagen individuell tunen und die Karosserien oft im persönlichen Stil lackieren.
Ist das Kabel geflickt, wird das Auto wieder zusammengebaut und zurück auf die Strecke gestellt. Zusammen mit den anderen Modellen flitzt der kleine Bolide noch mehrere Stunden über die Piste.