Der teuerste Pelz, den die Firma Lässer je gereinigt hat, war 70'000 Franken wert. Keine leichte Aufgabe für das Unternehmen, das sich neben der Pflege von Pelz auch auf die Reinigung von Leder, Teppichen und Polster spezialisiert hat. Denn Pelze sind beim Reinigen sehr empfindlich.
Die Dübendorfer Firma ist eines der wenigen Unternehmen in der Schweiz, die das Know-how zur Reinigung der aussterbenden Mode haben. Die Angestellten säubern bekannte Pelzarten wie Fuchs, Nerz oder Hase. Aber auch Hamster, Seehund, Wolf oder Waschbär stehen auf der Preisliste.
Heute hängen ein Bären- und ein Nerzmantel sowie ein Pullover mit Fuchsfell am Kleiderständer vor der Reinigungsmaschine. Doch bevor die Wäsche beginnen kann, müssen die Kleidungsstücke genauestens auf Mängel untersucht werden.
Und solche haben sie nicht selten. Azem Shahini, Geschäftsleiter der Firma, sagt: «Mindestens 50 Prozent der Pelzbesitzer wissen nicht, wie sie ihren Pelz richtig lagern müssen.»
Wenn die Mitarbeiter Mängel feststellten, würden sie sich mit dem Besitzer absprechen, bevor sie das Kleidungsstück reinigten, erklärt Shahini. Denn durch falsche Lagerung kann der Pelz von Motten zerfressen und das darunterliegende Leder rissig werden, sodass er bei der Reinigung buchstäblich auseinanderfällt.
«Ohne Absprache würden wir ein grosses Risiko eingehen. Denn Pelze können schnell mehrere zehntausend Franken im Ersatz kosten», sagt Shahini.
Deshalb klebt der Fachmann Ihsan Akgül, der sich um fast alle Pelzreinigungen in der Firma kümmert, jeden Knopf und jeden Reissverschluss ab und packt jeden Pelz einzeln in ein Netz. Akgül macht das mit geübten Handgriffen – schliesslich ist er schon seit 38 Jahren in dieser Reinigungsbranche tätig.
Grosser Pelzhandel, wenige Fachpersonen
Eine Ausbildung als Pelzreiniger gibt es nicht. Akgül hat sich das Handwerk durch jahrelange Erfahrung angeeignet. Sein Chef Shahini sagt, obwohl die Schweiz einen florierenden Pelzhandel habe, sei es sehr schwierig, Fachkräfte für die Pelzreinigung zu finden. Glücklicherweise wolle der Sohn von Akgül die Stelle nach der Pensionierung seines Vaters übernehmen.
Akgül bringt den Kleiderständer mit den Pelzen zu einer riesigen chemischen Reinigungsmaschine. Sie ist zwei Meter hoch, die Rückseite ist voller Rohre, es gibt kleine Fensterchen und blinkende Lichter. Akgül mischt das aus Mottenschutz, Fett, Seife und Duftmittel bestehende Reinigungsmittel zusammen. Jedes dieser Produkte ist sehr teuer, erfordert eine Zulassung und muss genau dosiert werden.
Anschliessend wird das Mittel in der Reinigungsmaschine mit Tetrachlorethen, kurz PER, gemischt. Das ist eine hochgiftige Substanz, die häufig in der Trockenreinigung angewendet wird. Akgül zeigt auf eine kleine Wunde am Arm. Dort hat ein winziger Tropfen dieses PER seine Haut verätzt, weshalb er sich im Spital behandeln lassen musste.
«Ich muss sehr vorsichtig mit PER umgehen», sagt Akgül. «Ein einziger Tropfen davon kann den Boden für 100 Jahre verschmutzen oder 200 Millionen Liter Wasser vergiften.»
Wann er welchen Hebel zu betätigen hat, weiss der Pelzspezialist nur anhand der feinen Geräusche der Maschine. Das eigentliche Reinigen der Pelze dauert lediglich zehn Minuten. Danach werden die Kleidungsstücke noch einmal rund 50 Minuten geschleudert, bis auch der letzte Rest PER entfernt ist. Die Substanz wird anschliessend noch in der Maschine bis zur kompletten Reinheit gefiltert.
Erst wenn ein Sensor kein PER mehr meldet, kann Akgül die Reinigungsmaschine überhaupt öffnen. Danach hängt er die Pelze vorsichtig in einen Trocknungsraum, in dem rund 40 Grad herrschen.
Teuer, aber im Verhältnis
Der ganze Durchgang dauert nur rund eine Stunde. Eine Pelzreinigung ist wegen der kostspieligen Chemikalien jedoch teuer, sie kostet je nach Pelz 200 bis 300 Franken. Shahini sagt: «Das ist aber nicht viel, wenn man bedenkt, dass die meisten Pelze mehrere tausend bis mehrere zehntausend Franken kosten.»
Kunden, die Pelze reinigen lassen wollten, unterschieden sich zudem nicht von den Kunden, die ihre Textilien zur Reinigung brächten. «Der einzige Unterschied ist, dass viele von ihnen Prominente sind», so Shahini.
Rund zehn Pelze bekommt das Unternehmen pro Tag aus der Deutschschweiz und der französischen Schweiz. Die Mitarbeiter fahren die kleineren Textilreinigungen im Land ab und reinigen deren Pelze für sie. Vor allem eine Textilreinigung in St. Moritz sei eine gute Kundin.
Laut Shahini ist die Konkurrenz nicht gross. Neben ihnen gebe es genau noch eine andere grössere Textilreinigung in der Deutschschweiz, die Pelze reinige.
Die Pelzreinigung lohne sich, das Geschäft laufe, so Shahini. Vom Abwärtstrend und vom Verruf der Pelze bekämen sie nichts mit. Shahini lässt sich von der Kritik an der Pelzmode auch nicht beeindrucken: «Pelze sind für mich einfach ein Geschäft. Wenn jemand eine andere Meinung hat als ich, respektiere ich das.»