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Man sieht Dominic Deville mit Plastikfritten in der Hand.

Mit seinem Programm «Off!» beehrt Dominic Deville nun Bühnen in der ganzen Deutschschweiz. Foto: Mali Lazell

Dominic Deville in Dübendorf

«Eine Late-Night-Show ist wie McDonald’s, ein Wegwerfprodukt»

Dominic Deville beehrt nach seinen sieben Jahren SRF nun Schweizer Bühnen. So auch in Dübendorf. Mit seinem besten Programm, wie er findet.

Mit seinem Programm «Off!» beehrt Dominic Deville nun Bühnen in der ganzen Deutschschweiz. Foto: Mali Lazell

Veröffentlicht am: 07.03.2025 – 10.27 Uhr

Sieben Jahre war Dominic Deville der Sonntagsschmaus beim Schweizer Fernsehen. In seiner Late-Night-Show «Deville» machte er sich gerne über Nazis, Olten oder Politiker wie etwa Daniel Jositsch lustig.

Doch der Satiriker hatte sich nach der Bühne gesehnt und präsentiert jetzt, was sein Publikum liebt: Dominic Deville. Mit seinem Programm «Off!» tourt er bereits seit einem Jahr und stattet am Freitag, 7. März, der Oberen Mühle in Dübendorf einen Besuch ab.

Herr Deville, Sie haben mit Ihrer Show vom Fernsehen auf die Bühne gewechselt. Wieso?

Dominic Deville: Ich habe die Bühne vermisst. Ich fand, entweder müssen wir jetzt alles noch mal neu denken, wie ein neues Studio, ein neuer Name für die Sendung, oder ich gehe zurück, wo ich hergekommen bin: auf die Bühne. Mich hat es gereizt, zu sehen, ob ich es noch kann. Das war wirklich eine Riesenfrage, die ich mir stellte.

Und, beherrschen Sie die Bühne noch?

Ja. Das ist anscheinend wie Velofahren. Man verlernt das nicht. Ich bin ja sowieso ein Bühnentier. Zu Beginn der Sendung hat man das gemerkt, ich war viel theatralischer. Von Staffel zu Staffel wurde ich immer feiner, kameratauglicher.

Was ist denn im Theater so viel besser als beim Fernsehen?

Es ist einfach anders. Vor der Kamera muss man exakter arbeiten. Eine Augenbraue bei einer Pointe hochziehen hat schon eine Wirkung. Auf der Bühne braucht es mehr. Und das Bühnenpublikum hat keine Fernbedienung (lacht). Die Leute können nicht umschalten, sie kommen wirklich deinetwegen. Das ist natürlich ein schönes Gefühl, wenn du weisst, du hast das Publikum für dich. Und die haben Bock darauf.

Gab es nach so langer Zeit Herausforderungen?

Das Material zu schreiben, war herausfordernd. Ich habe mich wochenlang in einer Kammer eingesperrt und allein geschrieben, was natürlich früher immer Teamarbeit war. Ich vermisse mein Team und den Austausch, aber heute bin ich wieder Einzelkämpfer. Das fällt mir zum Teil schwer. Und schliesslich musste ich ein Programm schreiben, das zwei Jahre gespielt wird.

Wie meinen Sie das?

Eine Late-Night-Show ist ein Wegwerfprodukt. Das ist wie McDonald’s: Du gehst hin, konsumierst, und wenn du hinausgehst, ist es wieder vergessen.

Sehen Sie das wirklich so?

Das habe ich schon immer so gesehen. Ich musste auch. Anders wäre es nicht möglich gewesen. Wir konnten nicht, wer weiss, wie lange, reflektieren, wie die letzte Sendung so war. Vielleicht musste ich direkter in die Kamera sprechen, oder es musste langsamer oder von den Pointen härter sein. Aber das ist das Spezielle an einer Late-Night-Show: Du kannst nichts im Vorfeld testen. Ich musste einfach vertrauen, dass es funktionieren wird. Ganz anders ist es bei meinem Bühnenprogramm. Dieses habe ich wahrscheinlich schon 70-mal gespielt. Dann merkt man, was beim Publikum gut ankommt oder wo man noch etwas feilen kann.

Können Sie «Off!» überhaupt «noch sehen»?

Sagen wir es so, ich muss es nicht mehr sehen können. Ich glaube, ich könnte beim Performen die Einkaufsliste von morgen zusammenstellen. Irgendwann sitzt das Programm einfach, und trotzdem ist dann die grosse Kunst, dass es so aussieht, als würde ich improvisieren.

Sie improvisieren also gar nicht?

Nein, nicht wirklich. Das ist etwas, das habe ich mir bei der Sendung angeeignet. Diese war komplett vom Teleprompter abgelesen. Alles, jeder Satz. Nichts war improvisiert …, nur vielleicht fünf Prozent.

Muss man gut improvisieren können, um nur so zu tun?

Ich glaube, um etwas vorzutäuschen, muss man generell etwas können. Oder eine gewisse Energie haben. Bei mir war früher kein Können da, aber viel Energie. Noch bevor ich zum SRF ging, hatte ich auf der Bühne sicher keinen vorbereiteten Text. Ich habe Sachen angezündet, bin in die Menge hineingesprungen oder habe das Publikum beleidigt. Alles musste möglichst laut und blutig und schweisstreibend sein. Meine Shows waren immer eine Konfrontation.

Ist das die Energie, weswegen Journalisten sich bei Ihnen des Öfteren nach Ihrem Kokainkonsum erkundigten?

Ja, definitiv. Für mich war es die Energie, die es braucht. Das konnte auch in ein Level kippen, wo es sehr unkontrolliert aussah. Das war es aber nie. Manchmal habe ich gefährliches Zeug gemacht, etwa mit Motorsägen herumhantiert oder so. Aber ja, für viele ist es wohl unvorstellbar, dass man auch ohne Substanzen in solche Zustände kommen kann. Das hat aber nichts mehr mit «Off!» zu tun. Und trotzdem ist «Off!» viel böser, spitzer und kommt viel mehr auf den Punkt.

Man sieht Dominic Deville, der rote Teufelshände trägt.
«Zu Beginn habe ich die Handschuhe gepudert, weil ich so schwitzte. Das machte meine Hände aber irgendwie komisch», erzählt der Satiriker. Foto: Mali Lazell

Sie haben vorhin gesagt, dass Sie das Programm schon viele Male gespielt haben. Hat sich dieses denn in dem Jahr verändert?

Ja, absolut. Da schleift sich natürlich jede Pointe. Und zu Beginn habe ich noch mehr improvisiert, gesehen, was gut ankommt, und das beim nächsten Mal integriert. So wurde das Stück immer länger. Bis ich radikal kürzen musste. Das kenne ich vom Fernsehen, man hat immer zu viel Material. Aber durch diesen Prozess atmet das Programm, wenn ich das so sagen kann.

Wie sieht es mit dem Humor aus, hat der sich über all die Jahre als Satiriker verändert?

Vielleicht nicht der Humor, aber der Anspruch. Wenn mich jemand fragt, wo der Spass bei mir aufhört, antworte ich: «Wo fängt er überhaupt an?» Obwohl, wahrscheinlich hat sich auch der Humor verändert, muss ich sagen. Er ist auf jeden Fall viel politischer geworden. Das war früher nicht so.

Wieso?

Politik hat mich nicht interessiert. Zwar ging ich abstimmen, aber ich konnte nicht einmal alle Bundesräte aufzählen. Ich würde schon sagen, dass mich das Fernsehen politisiert hat.

Sie sind ja sehr links. Hat Sie das SRF so gemacht, oder ist das ein gemeinsamer Nenner?

Ich würde nicht sagen, dass das SRF links ist. Und bin ich überhaupt sehr links? Ich finde, es ist extrem schwierig geworden, in links und rechts zu unterteilen. Vielleicht ist dieses Schema hinüber. Für mich gibt es nur noch vernünftige Politik und unvernünftige. Alle meine Vorbilder von früher, wenn ich diese überhaupt hatte, all die ganzen alten Punk-Leute, das sind die grössten Idioten geworden. Klimaleugner oder Impfgegner, weil sie es einfach gewohnt sind, gegen das System zu sein. Und mit diesen Leuten will ich nicht in einer Schublade landen. Oder auch beim Konflikt in Gaza kann ich mich nicht einfach auf die Seite von Linksradikalen oder Anarchisten stellen.

Wieso?

Weil es auch dort Meinungen gibt, die für mich in eine falsche Richtung gehen. Das Leben ist kompliziert, es ist anstrengend, es ist herausfordernd, man fühlt sich ohnmächtig. Aber deswegen lade ich auf ein gutes Stück Satire ein. Wo es auch mal ein bisschen chlöpft und tätscht.

Worauf kann sich das Publikum in der Oberen Mühle freuen?

Ich würde sagen, auf einen sehr entfesselten Dominic. Was mich stolz auf das Programm macht, ist, dass es funktioniert, anscheinend. Und ich liebe es. Ich finde es mein bestes Programm, definitiv. Wie es jemand mal beschrieben hat, das Beste zwischen Bühne und Fernsehen zusammengenommen, und das quasi destilliert.

«Off!»: Dominic Deville in der Oberen Mühle in Dübendorf

Dominic Deville kommt mit seinem Bühnencomeback «Off!» am Freitag, 7. März, in die Obere Mühle nach Dübendorf. Das Programm beginnt um 20 Uhr, Türöffnung ist um 19.30 Uhr. Der Eintritt kostet 45 Franken, mit Kulturlegi 25 Franken.

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