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Florian Fox lehnt sich aus seinem Autofenster.

Florian Fox wollte sich mit seiner Musikkarriere nicht nur auf die Schweiz beschränken. Foto: Simon Grässle

Schweizer Country-Sänger

Der Mann, der Dübendorf und Nashville verbindet

In der Schweiz ist er ein Exot, in die Südstaaten passt er wie die Faust aufs Auge. Der Country-Musiker Florian Fox hat als Singer-Songwriter in beiden Ländern Fans gewonnen. Von Dübendorf aus verknüpft er beide Welten.

Florian Fox wollte sich mit seiner Musikkarriere nicht nur auf die Schweiz beschränken. Foto: Simon Grässle

Veröffentlicht am: 07.03.2025 – 06.38 Uhr

Der Künstler schliesst seine Augen und wiegt seinen Körper zur Musik. Sein Fuss wippt im Takt, dann lehnt er sich vor und beginnt, ins Mikrofon zu singen. Seine Baritonstimme füllt den Raum und dringt in jeden Winkel. Er ist umgeben von mehreren Mitgliedern einer Band, sie lächeln sich zu. Die Musik fliesst ihnen ganz natürlich aus den Fingern, es scheint, als könnten sie das Lied im Schlaf spielen.

Der Sänger trägt ein Outfit im Westernstil in dunklen Farben, seine Gitarre hängt an einem bestickten Ledergurt. Sein Name steht verschnörkelt auf dem Instrument: Florian Fox. Mit ein paar letzten Strichen über die Gitarrensaiten beendet er das Lied und ruft: «Danke Züri!»

«Züri» reagiert allerdings nicht, denn er und die Band stehen in einem kleinen Proberaum. Florian Fox, einer der bekanntesten Schweizer Country-Musiker und ein bekannter Name in der amerikanischen Country-Szene, übt gerade für seine Europatournee an der Seite des amerikanischen Country-Stars Drake Milligan.

«Country ist kein Kostüm»

Für die Fotos dieser Zeitung hat sich Florian Fox extra im Westernstil gekleidet. Im Alltag jedoch würde man dem Sänger, der mit bürgerlichem Namen Florian Roth heisst, seine Karriere nicht ansehen. Der 31-Jährige läuft wider Erwarten nicht mit Cowboyhut und -stiefeln durch die Gegend.

«In der Schweiz kann man nicht jeden Tag Fasnacht feiern», sagt Roth und lacht. «Ich versuche, mich den Schweizern anzupassen.» Country bedeutet für ihn nicht Lederjacke und Lasso: «Country ist für mich ein Lebensgefühl und nicht ein Kostüm.»

Aber woher kennt ein Schweizer die Lebensweise der US-Landbevölkerung? «Mein Vater, der sehr lange dort gelebt hat, vermittelte mir dieses Feeling. Ausserdem habe ich viel von den amerikanischen Künstlern gelernt», erklärt Roth. Denn 2020 zog er für ein Jahr nach Nashville, Tennessee. Dort gewann er prompt einen Musikpreis, produzierte mit einem einflussreichen Produzenten zwei Alben und lernte unter anderem einen ehemaligen Bassisten von Johnny Cash, Dave Roe, kennen.

«Dieser Mann war trotz seiner Berühmtheit ein ganz bodenständiger Mensch. Er schüttelte jedem die Hand, sass bei den Proben wie ich auf einem Schemel und lebte in einem kleinen Holzhaus.» Diese Bescheidenheit habe ihn beeindruckt und geprägt.

Diese Lebenseinstellung nahm Roth wieder zurück in die Schweiz. Von hier aus bespielt er die Hauptbühnen diverser Country-Festivals oder fliegt für Auftritte in die USA. Jetzt wohnt er seit zwei Jahren in Dübendorf, das er scherzhaft «Dübai» nennt. Für ihn ist die Stadt das Nashville der Schweiz: «In The Hall treten immer wieder grosse Country-Stars wie Luke Combs oder Brad Paisley auf. Ausserdem erinnert mich die Kombination aus ländlicher Umgebung und modernen Hochbauten an die US-Musikmetropole.»

Zwei Leben in einem

Aufgewachsen ist Roth in Meilen. Seine Liebe zu Country entdeckte er mit 15 Jahren, als er mit seiner Familie dem legendären Highway «Route 66» folgte. Im Motel sah er sich die Filmbiografie von Johnny Cash an. Er nahm die Musik auf Kassette auf und hörte sie den Rest der Reise. «Da wurde mir klar: Diese Musik will ich machen.»

Gedacht, getan: Ein Jahr später gründete Roth die jüngste Country-Rockabilly-Band der Schweiz, die Black Barons. Mit Erfolg: Sie wurden mit dem Schweizer Newcomer-Preis ausgezeichnet, und ihr Album wurde vom Schweizer Radio SRF 3 als eines der besten Schweizer Alben 2013 bezeichnet.

Eigentlich der perfekte Einstieg, um hauptberuflich Musiker zu werden. Das tat Roth aber nicht. «Country-Musiker in den USA zu werden, ist ein grosses Wagnis. Ein Wagnis kann man nur eingehen, wenn man ein stabiles Sicherheitsnetz hat, das einen auffängt.»

Deshalb hat er in der Schweiz Jura studiert. Diese Ausbildung gab ihm 2020 die nötige Sicherheit, sich von seiner Band zu trennen und den Sprung in die USA zu schaffen. Heute arbeitet er als Wirtschaftsanwalt in Zürich.

Er macht den Job in Vollzeit. «Aber faktisch sind es 130 Prozent», sagt Roth und lacht. Als Musiker arbeitet er zudem noch rund 40 Prozent. Wie er das schafft? «Ich bin ein getriebener Mensch. Für mich stimmt es so – bei mir muss immer etwas laufen.»

Sich für nur eine Karriere entscheiden konnte er nicht. «Also mache ich einfach beides.» Die beiden Berufe würden sich auch gut ergänzen: «Die Kreativität vom Musikmachen hilft mir als Anwalt. Und dank meinem Rechtswissen werde ich im beinharten Musikbusiness nicht übers Ohr gehauen.»

Und wenn er bei seinem Anwaltsjob ansteht, lockert die Musik den Knoten: «Nach einem Konzert löst sich das Problem meistens von selbst.» Vor Menschen zu spielen, ist für ihn ohnehin das Grösste: «Wenn ich auf der Bühne stehe, bin ich eins mit dem Publikum. Es ist, als stünden wir gemeinsam unter einem Sternenhimmel.»

Schweizer versus Amerikaner

Ob er das amerikanische oder das Schweizer Publikum besser mag, will Roth nicht verraten. Unterschiede gäbe es aber schon: «Die amerikanischen Fans sind viel weniger höflich als die Schweizer. Wenn ihnen die Show nicht gefällt, gehen sie.» Das sieht er aber nicht als Nachteil: «Es hat mich gelehrt, besser zu entertainen und das Publikum reinzuziehen.»

Die Erfahrungen in den USA hätten auch seine musikalische Karriere in der Schweiz gefördert. «Die Tatsache, dass ich in den USA eine Karriere aufbauen konnte, scheint mir in der Schweiz Glaubwürdigkeit verliehen zu haben.»

Florian Fox in seinem grossen Auto.
Der grosse amerikanische Chevrolet ist nicht nur sein Tour-Fahrzeug, sondern auch sein tägliches Transportmittel. Foto: Simon Grässle

Die Schweizer Country-Szene sei viel grösser, aktiver und vernetzter, als die meisten dächten. Zudem werde die Musik immer mehrheitsfähiger: «Man sieht es an der Mode – Schlaghosen oder Cowboystiefel sieht man oft auf der Strasse.» Zudem vermische sich Pop mit Country, was vor allem mehr junge Leute in die Szene bringe.

Fressen oder gefressen werden

Und diese ist im Wandel. Die wachsende Macht der sozialen Medien und Streaming-Plattformen verändern die gesamte Musikindustrie. Das bekommt auch Roth zu spüren.

Durch die Reichweite der sozialen Medien können Songs innerhalb kürzester Zeit viral gehen und zu einem rasanten Anstieg der Streamingzahlen führen. Dafür müssten die Lieder aber einem bestimmten Format entsprechen, erklärt Roth. «Die Intros müssen kürzer sein, und man muss schneller zum Refrain kommen.»

Künstler müssten also nicht nur ihre Songs anders schreiben, auch die Art, wie sie Geld verdienten, ändere sich. Denn die Streaming-Plattformen unterstützen zunehmend nur noch die ganz grossen Musiker. Kleinere Künstler machen durch das Streaming ihrer Musik kaum noch Gewinn, erläutert Roth. «Man verdient das Geld fast nur noch mit Live-Auftritten und dem Verkauf von Fanartikeln. Das macht Künstler noch mehr als früher zu Nomaden, weil sie Konzerten und Festivals nachreisen.»

Demotiviert ist er wegen diesen Entwicklungen nicht. Er investiere Arbeit in seinen Online-Auftritt, da es heute wichtig sei, nicht nur an Konzerten, sondern auch online ein Publikum zu haben. «Aber ich bin überzeugt, dass Qualität, Fleiss und Bescheidenheit das Rezept zum Erfolg sind.»

Er bleibt positiv eingestellt. So auch bei der Probe, wenn ihm nach dem x-ten Durchgang von seinem Song noch das gewisse Etwas fehlt: «Ein bisschen mehr Dynamik, bitte», sagt er zur Band. Es wird ein wenig an den vielen Knöpfen des Soundboards gedreht, dann stimmt der Schlagzeuger schon den nächsten Durchgang an. «Eins, zwei, drei, vier», ruft er. Die Bandmitglieder folgen seinem Ruf und fangen an zu spielen.

Florian Roth verwandelt sich zurück in Florian Fox, singt los, zwei Bandmitglieder stimmen mit ein. Diesmal spielt die Band mit ein wenig mehr Elan, während Fox von Heimat und Liebe singt. Er beendet den Song mit einem fulminanten «Oh yeah!». Fast so, als stünde er schon auf der Bühne seiner geplanten Auftritte in Gstaad oder Houston.

Auftritte und Neuveröffentlichung von Florian Fox

Nach seiner Europatour als Vor-Act von Drake Milligan, die ihn durch Städte wie München, Hamburg oder Amsterdam führten, wird Florian Fox am 4. Mai am «Love Ride» in Dübendorf auftreten. Dort wird er unter anderem Lieder von seiner neuen Country-Pop-EP mit dem Namen «True Love» spielen, die er Ende Februar veröffentlicht hat.

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