Ende Jahr Radau zu machen, lief lange Zeit noch unter dem Brauchtum Schulsilvester, bis dieses schliesslich von immer mehr Zürcher Gemeinden abgeschafft wurde. Der «Amtliche Anzeiger» vom Januar 1975 berichtete, dass der Schulsilvester im Bezirk Uster «ohne grossen Unfug» über die Bühne ging – mit Ausnahme von Dübendorf. Briefkästen wurden abgerissen, Gartentore demoliert, Autorückspiegel abgerissen, Dolendeckel entfernt oder Flaschen auf den Strassen zerschlagen.
Auf unbeleuchteten Strassenabschnitten waren in der Sonnenbergstrasse und im Branzenäsch plötzlich Barrikaden aufgebaut.
Und auch die Feuerteufel trieben in der Nacht ihr Unwesen. Vor einem Kiosk zündete einer ein Bündel Zeitungen an, wobei Passanten gerade noch verhindern konnten, dass das Feuer auf das Gebäude übergriff. Verschiedene Briefkästen gerieten in Brand, weil «Frauenfürze» hineingeworfen wurden.
Auch der hiesige Polizeichef meldete sich in der Zeitung zu Wort. Es sei unglaublich, was die fünf Mann der Gemeindepolizei – verstärkt durch zwei Kantonspolizisten – zu Fuss, per Velo und motorisiert alles erlebt haben. Insgesamt seien 28 Meldungen über erlittene Schäden eingegangen.
Als «origineller Streich» bezeichnete der Autor des Artikels hingegen, wie Mädchen in Gockhausen einen VW ganz in Klosettpapier eingewickelt haben und die Knabenmusik um 5 Uhr in der Früh musizierend durch die Stadt zog.
Mehrere Dübendorferinnen und Dübendorfer verfassten zum Schulsilvester Leserbriefe – mit unterschiedlichen Stossrichtungen. Die Redaktion machte eine Strassenumfrage, wobei die meisten Befragten Verständnis für die jungen Leute zeigten. Eine Mutter sagte beispielsweise: «Toller Brauch, bei dem ich am liebsten auch dabei sein würde.» Eine Frau aus Österreich machte hingegen ihrem Ärger Luft: «Idiotisch, dürftig, grässlich. Alles andere wäre gescheiter, selbst die Gewöhnung an Zigaretten.»
Spanische Zeitungsbeiträge für Gastarbeiter
Ein ganz anderes Thema beschäftigte Gemeinderat Jean-Jaques Hegg (SD). Er monierte in einer Anfrage an den Stadtrat, dass amtliche Publikationen mit Behördenbezeichnungen in Italienisch und Spanisch übersetzt werden. Als Beispiel nannte er den Begriff «Commissione della sanità e della protezione dell’ambiente ecologico», die in Dübendorf als Kommission für Gesundheitswesen und Umweltschutz bekannt war.
Eine Reaktion auf diesen Vorstoss liess in Form eines Leserbriefs nicht lange auf sich warten. Er finde es nur richtig, schrieb der Verfasser, dass man den fremdsprachigen Mehrheiten der Gastarbeiter so weit entgegenkommt und die Publikation in einer für sie verständlichen Form veröffentlicht. «Finden Sie nicht, dass unsere Behörden Besseres zu tun haben, als solchen Leerlauf wie Ihre Interpellation zu dreschen?»
Der gleiche Gemeinderat bezweifelte zudem stark die damals prognostizierte Bevölkerungsentwicklung. Die Planer rechneten, dass Dübendorf auf 40’000 Einwohner, der Kanton auf 2 Millionen und die Schweiz auf 10 Millionen ansteigen wird. Auf welches Jahr hin, erwähnte Jean-Jaques Heggs Beitrag nicht. Dübendorf hatte damals rund 20’000 Einwohner. Heute werden im Hinblick aufs Jahr 2050 ähnliche Zahlen genannt.
Als Dübendorfer Stadtpräsident verfasste Ernst Bosshard (Demokratische Partei) eine Rede zum Jahreswechsel. Er fokussierte sich dabei auf das Thema Wirtschaft. Nach Jahren andauernder Hochkonjunktur beginne sich eine Stabilisierung, zum Teil sogar eine Rückwärtsentwicklung abzuzeichnen, schrieb Bosshard. «Wir alle werden im kommenden Jahr etwas bescheidener werden müssen, sowohl im privaten Bereich als auch in unseren Forderungen gegenüber der öffentlichen Hand.»
Verletzte und Tote auf den Strassen
Der Verkehr in Dübendorfs Zentrum war auch vor 50 Jahren schon ein heisses Eisen. Ein Leserbriefschreiber forderte, die Strecke zwischen dem Lindenplatz und der Kreuzung Usterstrasse – Bahnhofstrasse zur Fussgängerzone zu machen und für Autos zu sperren. «Es grenzt beinahe an ein Wunder, dass auf diesem Strassenstück mit seinen schmalen Trottoirs noch nie ein ernsthafter Unfall passiert ist.» In Spitzenzeiten habe man das Gefühl, von den daherbrausenden Lastwagen erdrückt zu werden.
Als gefährlich stufte Gemeinderat Rudolf Wegmann (FDP) verschiedenste Strassen in Dübendorf ein. Weil Wegmann zudem als Arzt praktizierte, bekam er es direkt mit den Unfallopfern zu tun. Er berichtete von mehreren angefahrenen Fussgängern «in letzter Zeit», die teilweise bleibende Körperschäden davontrugen und sogar den Tod erlitten.
Eishockey mit Zuschauerproblem
Eine besondere Ehre wurde der Dübendorfer Curling-Equipe mit Bernhard Attinger, Peter Attinger, Jürg Geiler und Matti Neuenschwander zuteil. Die vier erhielten die Auszeichnung als Schweizer Sportler des Jahres. Denn 1974 hatte das Team den Schweizer-Meister-Titel gewonnen und erreichte an der WM in Bern den dritten Platz. Die Ernüchterung erfolgte jedoch im Januar 1975. Die Dübendorfer schieden in der Regionalmeisterschaft aus. «Selbst für die schlimmsten Pessimisten unerwartet», kommentierte der Sportredaktor des «Amtlichen Anzeigers» diesen Umstand. Damit verpasste die Mannschaft auch die WM in Schottland.

Als «Leckerbissen für Eishockeyfreunde» wurde das Spiel zwischen Dübendorf und Rapperswil angekündigt. Doch offenbar waren die Matches auf der Eisbahn damals nicht gut besucht. Ein Klubverantwortlicher appellierte deshalb an die Fans. Der EHCH Dübendorf habe in den letzten Jahren nur zu gut erfahren müssen, wie schwer es ist, seine Anhänger zu mobilisieren. «Der Samstag bietet endlich Gelegenheit, die Lethargie für einmal vergessen zu lassen. Dass in Zeiten der Niederlagen die Zuschauerzahlen minimal bleiben, ist erklärlich, dass aber Plätze unter der gedeckten Tribüne in einem Spitzenplatz frei bleiben, wäre unentschuldbar.»
Erstmal ohne Tankwart tanken
Das Dübendorfer Gewerbe war damals noch durchaus urchig unterwegs. So machte das Käsegeschäft H. Fenner an der Zürichstrasse 29 Werbung mit dem Slogan «Es rassigs Fondue, es guets Tröpfli Wy, wo chans au fröhlicher sie?».
An der Zelglistrasse 8 befand sich das «Schy-Lädeli» und an der Bahnhofstrasse 30 die «Wullestube». «Ledermoden» erhielt man an der Birchlenstrasse 15 und «auserlesene» Orient- und Gebetsteppiche versprach «Teppich Brunner» im Lindenbühl 1.
Die Esso-Tankstelle an der Usterstrasse 44 warb mit einem «Schlüssel zur Unabhängigkeit» für «Selber tanken zu jeder Tages- und Nachtzeit» und «Nie warten bis der Tankwart für Sie frei wird». Noch heute steht an der Adresse eine Tankstelle, allerdings durch eine andere Firma geführt.
Günstige Wohnungen und Rinoldi live
Eine «komfortable» 4,5-Zimmer-Wohnung für 880 Franken im Monat bot «Eugster Immobilien» an. Eine 3-Zimmer-Wohnung, Nähe Sonnental, gabs für 518 Franken exklusive Nebenkosten.
Auch zahlreiche Babysitter-Jobs waren Teil der Inseratenseite. «Welches liebe Mami mit Kind unter fünf Jahren würde meinen dreijährigen Patrick tagsüber hüten?» Und «entlaufene Büsi» wurden damals noch mit Inseraten gesucht.
Ein kulturelles Highlight bot Lüscher Reisen mit «einer Plauschfahrt ins Blaue mit Rinoldis Zauberschau» an. Arnold Durrer alias Rinoldi war als Magier nicht nur in Dübendorf bekannt. Über 300 Nummern soll er draufgehabt haben, bevor er 2008 aus dem Leben schied. Sein Zauberstudio an der Usterstrasse 10 wurde im Sommer 2023 dem Erdboden gleichgemacht.
Serie «Aus dem Archiv»
Im «Glattaler» und in seinen Vorgängerzeitungen wurde schon vor über 100 Jahren über die Region berichtet. In einer kleinen Serie zeigen wir Ausschnitte aus den Jahren 1925, 1950, 1975 und 2000. Archiviert und unterhalten werden diese Zeitungen von der Ortsgeschichtlichen Dokumentationsstelle VVD in Dübendorf.