Dem Altersheim-Alltag entkommen und sich den frischen Wind um die Nase wehen lassen – und all das, ohne sich anstrengen zu müssen. Das ist für die Seniorinnen und Senioren des Alterszentrums seit vier Jahren möglich. Das Aktivierungsteam des Zentrums stellt seinen Bewohnern zwei dreirädrige E-Bikes zur Verfügung. Es handelt sich um umgebaute elektrische Velos, bei denen beim einten eine Plattform mit einer Sitzbank und beim anderen eine Ladefläche für einen Rollstuhl eingebaut wurden. Diese sogenannten E-Rikschas können von Angehörigen oder Freiwilligen ausgeliehen werden, um die Bewohner auszuführen.
Positive Wirkung
Das Angebot ist beliebt: Bewohnerin Anita Schnider nutzt die elektrisch betriebene Rikscha gerne und regelmässig. «Die Ausfahrten sind immer sehr schön. Ich geniesse die Freiheit und die Fahrt durch schöne Landschaften», sagt Schnider. Sie ist auch dankbar, denn: «Dieses Angebot gibt es nicht überall.»
Laut Katharina Toledo, Leiterin Aktivierung, ist Anita Schnider nicht die Einzige, der das Angebot gefällt. Sie beobachtet, dass die Senioren nach den Ausflügen sehr zufrieden zurückkehren. Die Rückmeldungen der Bewohner, aber auch der Angehörigen seien durchweg positiv.
Eine Bewohnerin habe die Ausfahrten so sehr genossen, dass sie sich eine letzte E-Rikscha-Fahrt vor ihrem Tod gewünscht habe. Toledo sagt: «Sie hat sich so gefreut, dass die Ausfahrt umgesetzt werden konnte.»
Dabei sei es mehr als nur der frische Fahrtwind, von dem die Bewohner profitieren: «Die Fahrer sowie die Passagiere geniessen die Ausfahrten, aber auch den Kontakt miteinander», so Toledo.
Das bestätigt auch Schnider. Für sie ist die Freiwillige Nadia Erni «eine gute Freundin und sehr liebe Fahrerin». Erni ergänzt: «Ich freue mich, wenn ich anderen Freude bereiten kann.» Deshalb ist Erni eine von vier Freiwilligen, die ihre Fahrdienste anbieten.
Der administrative Teil
Neben den Freiwilligen können auch Angehörige die E-Rikschas für Ausfahrten nutzen. Freiwillige wie Angehörige müssen die dreirädrigen E-Bikes im Vornherein reservieren. Um das auf 25 km/h begrenzte E-Bike fahren zu dürfen, müssen die Fahrer einen Führerausweis der Kategorie A1, B oder F besitzen. Denn das Velo gilt als Transportfahrzeug und trägt deshalb auch ein Nummernschild.
Die beiden E-Rikschas wurden auf Initiative der Leitung des Alterszentrums angeschafft. Finanziert wurden sie von der Kaspar Mozzetti Stiftung und der Edwin & Lina Gossweiler Stiftung.
Schnider und Erni machen wetterabhängig etwa einmal pro Woche eine Ausfahrt. Wo es langgeht, sagen in der Regel die Bewohner. «Ich fahre am liebsten durch Felder und Wälder», sagt Schnider. «Auf den Feldwegen rumpelt es, aber das gehört halt dazu.» Aktivierungsleiterin Toledo ergänzt, dass sich die anderen Bewohner zum Beispiel gerne an den ehemaligen Wohnort, nach Stettbach oder an den Greifensee chauffieren lassen.
Schnider und Erni sind meist 30 bis 60 Minuten unterwegs. So lange dauern die meisten Ausfahrten. Dabei ist die Ausfahrt für die Fahrer nicht unanstrengend – trotz der Unterstützung durch den Elektromotor.
«Das Fahren braucht schon Kraft in den Armen und Beinen», sagt Nadia Erni. «Vor allem beim Anfahren und Lenken, denn der Radius der E-Bikes ist eher klein.» Da sie aber gerne Sport treibt, störe es sie nicht.
Saisonale Nutzung
Das Angebot wird von den Bewohnern von Frühling bis Herbst genutzt. Katharina Toledo erklärt, dass es dabei immer etwa die gleichen zehn Bewohner seien, die regelmässig die Rikschas benützen, und einige mehr, die unregelmässig auf eine Ausfahrt gehen. Insgesamt würden die Fahrzeuge ein- bis dreimal pro Woche eingesetzt. Die Bereichsleiterin sagt: «Ich stufe die Nutzung der E-Rikschas als sicher ein. Wir hatten noch nie einen Unfall.»
Nadia Erni ergänzt: «Ich habe aber Mühe mit E-Bike-Fahrern, die sich egoistisch verhalten und rücksichtslos fahren.» Diesen begegne sie auf ihren Ausfahrten oft. Ansonsten reagierten die Menschen auf der Strasse sehr positiv auf das ungewöhnliche Fahrzeug. «Viele Leute winken uns zu, grüssen, oder zeigen uns einen Daumen hoch», so die Freiwillige.