Roland Keller ist mit einem Bus des Tiefbauamts Dübendorf unterwegs. Sein Ziel ist die Kunklerstrasse, wo ein illegal entsorgter Abfallsack herumliegt. «Die Strasse ist zurzeit ein Hotspot», sagt Keller, «wir rücken fast jede Woche aus.»
An der Kunklerstrasse angekommen, schreitet der Leiter von Recycling und Entsorgung der Stadt zu einem schwarzen 60-Liter-Abfallsack, der in einer Nische neben einem Container steht. Weil Dübendorf Gebührensäcke führt, die mit dem Emblem der Stadt gekennzeichnet sind, und auch keine Abfallmarke aufgeklebt wurde, ist klar, dass dieser Müll illegal deponiert ist. Daneben liegt noch ein weisser Drucker. Wem die Sachen gehören, das will Keller herausfinden.
Etwa einmal pro Woche bekommen er und sein Team eine Meldung, meist von Anwohnern. Benachrichtigt werden sie aber auch von Männern der Kehrichtabfuhr, die im Auftrag der Stadt den Müll einsammeln. «Wir gehen nicht aktiv auf die Suche nach illegalem Abfall. Dafür fehlt uns das Personal.» Während der Zügeldaten haben die Männer vermehrt zu tun. «Dann deponieren die Leute auch mal Sofas, Betten oder Tische ohne Gebührenmarken.»
Sogar ein Ecktisch
Heute ist der Abfallberg überschaubar. Keller macht zwei, drei Fotos, packt den Drucker unter den Arm und lupft den Abfallsack mit einer Hand zum Bus. Kaum eingestiegen und losgefahren, erblickt er einen weissen Ecktisch. Ohne zu zögern, hält er an und verfrachtet das Möbel ins Fahrzeug.
Keller zeigt sich wenig zuversichtlich, dass in der eingesammelten Beute Spuren des Täters zu finden sind. «Vielleicht finden wir in zwei von zehn Fällen Hinweise, die eine Person entlarven. Die meisten schauen tunlichst genau, dass sie keine Beweise hinterlassen.» Manchmal werde eine Medikamentenschachtel mit dem Namen darauf vergessen. Bei Briefpost hingegen werde die Adresszeile meist entfernt.
Nicht in jedem Fall wird im Müll nach Spuren gesucht. «Wir schreiben oft die Hausverwaltungen oder -eigentümer an, dass sie den Müll auf ihre Kosten entsorgen sollen.»
Doch gegen besonders dreiste Abfallsünder fährt das Tiefbauamt auch mal gröberes Geschütz auf. Als in einem Quartier jeweils am Dienstagmorgen immer wieder ein illegal entsorgter Abfallsack aufgetaucht ist, hat das Amt entschieden, die Stelle von einem Sicherheitsdienst überwachen zu lassen. Mit Erfolg: Der Mann ist auf frischer Tat ertappt worden.
Eine Anzeige kassieren solche Leute beim ersten Mal nicht, dafür zahlen sie laut Keller eine happige Entsorgungsgebühr in Höhe von 300 Franken. Im Wiederholungsfall gibt es die Strafanzeige bei der Polizei dann doch, was noch teurer wird.
Müll durchwühlen
Angekommen bei der Hauptsammelstelle – Kellers Hauptarbeitsplatz –, geht es an die Beweisfindung. Keller karrt den beschlagnahmten Müll zu einer Nische vor einer grossen Mulde. Erneut zieht er die schwarzen Handschuhe an und zerschneidet den Sack mit einem Teppichmesser.
Doch statt stinkende Windeln, ausgepresste Zahnpastatuben oder angeschimmelte Esswaren sind nur Textilien zu finden: eine Jeans, eine Camouflage-Jacke, ein Schal, eine Bluse mit Blümchenmuster, T-Shirts, ein goldenes Abendkleid mit funkelnden Verzierungen – fein säuberlich zusammengelegt und gewaschen. Einzig eine gelbe Hose könnte wegen modischer Todsünde als Haushaltsmüll durchgehen.
Auch für Keller eine Überraschung. «Sicher kein alltäglicher Fund. Mal angenehm, in sauberen Sachen zu wühlen.»
Vielfach sei es einfach Hauskehricht, den die Leute, ohne zu bezahlen, loswerden wollten. Finden Mitarbeiter von Recycling und Entsorgung Name und Adresse der Verursacher, werden die Beweise fotografiert und aufbewahrt. «Für den Fall, dass jemand die Tat abstreitet.»
Den Inhalt des Sacks hätte der frühere Eigentümer ganz normal in die Kleidersammlung bringen können. Auf die Durchsuchung der Hosentaschen nach Hinweisen verzichtet Keller. «Den Drucker hätte der ehemalige Besitzer kostenlos in der Hauptsammelstelle oder in einem Fachgeschäft abgeben können», sagt Keller und legt den Drucker in die Mulde mit dem Elektroschrott. Den weissen Ecktisch hievt er wortlos in den Sperrgutcontainer.