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Ein Mann besteigt eine Treppe

Dieser Teilnehmer erklimmt die letzten Stufen zum Ziel auf der Three-Point-Plattform. Foto: Seraina Boner

Tower Run in Dübendorf

Wenn die letzten Stufen in den Himmel zur Hölle werden

Das Treppenrennen auf ein Dübendorfer Hochhaus verlangte den Teilnehmern alles ab. Einigen war eine leichte Sportkleidung zu wenig herausfordernd, andere hätten wohl lieber den Lift genommen.

Dieser Teilnehmer erklimmt die letzten Stufen zum Ziel auf der Three-Point-Plattform. Foto: Seraina Boner

Veröffentlicht am: 09.06.2024 – 08.55 Uhr

Über 100 Meter messen die Three-Point-Hochhäuser in Dübendorf, es sind die höchsten Wohntürme der Schweiz. Wer ganz nach oben will, nimmt den Lift, klar. Allerdings nicht die 60 Teilnehmer des «Three Point Tower Run», die am Samstagabend einen der Türme besteigen wollen.

Bernhard Bühler aus Wetzikon bereitet sich etwas abseits des Starts mit ein paar Dehnübungen vor. «Für mich ist es ein Warm-up für den Triathlon von morgen.» Als Sieger werde er den Lauf nicht beenden, sagt der 47-Jährige. «Dafür bin ich zu alt.»

36 Stockwerke – insgesamt 540 Stufen – müssen sie alle fressen. Frische Luft gibt es bis zum Ziel auf der Aussichtsplattform nur während der 900 Meter Anlaufstrecke vom Start bis zum Three-Point-Turm C. Danach folgt ein ödes Treppenhaus. Die Wände noch jungfräulich weiss, die Stufen grau und unangetastet wie vieles am Hochhaus, das erst Ende 2023 fertiggestellt wurde.

Den ersten Läufer verpasst

Im Ziel sind die Helfer noch mit kleineren Vorbereitungen beschäftigt oder in Gespräche vertieft, während plötzlich ein Mann über die Ziellinie rennt. Etwas überrascht stellen die Verantwortlichen fest: Das war der erste Teilnehmer, der nur gut fünf Minuten für den Run brauchte. Weil die Läuferinnen und Läufer in Abständen von 15 Sekunden starten, steht er allerdings noch nicht als Sieger fest.

Für uns ist das mehr als nur eine Übung.

Severin Debrunner

Ausbildungschef Feuerwehr Uster

Im Treppenhaus sind derweil Schritte, Geschnaufe und Gehechel zu hören, erst leise, dann immer lauter. Die metallenen Handläufe links und rechts der Stufen wackeln bis zur Ekstase, ehe ein Teilnehmer nach dem anderen erscheint. Manche stöhnen wie misshandelte Ochsen, andere geben ein leises «Oh Fuck» von sich.

Feuerwehr wills wissen

Plötzlich ist ein tiefes rhythmisches Ein- und Ausatmen zu hören. Darth Vader? Nein, es sind sechs Feuerwehrmänner aus Uster, die mit Vollmontur und Atemschutzgerät die Treppe emporsteigen. Severin Debrunner, Ausbildungschef der Feuerwehr Uster, braucht danach eine kurze Verschnaufpause, um Fragen zu beantworten. «Für uns ist das mehr als nur eine Übung. Wir nehmen immer wieder an internationalen Tower Runs teil.» Dabei hätten sie in Deutschland auch schon 74 Stockwerke erklommen – 22 Kilogramm wiegt die Ausrüstung, die sie dabei mit sich tragen.  

Einige Teilnehmer berichtigen, wie sie zu Beginn noch mehrere Stufen auf einmal nahmen. Doch am Ende müssen die meisten dem kräftezehrenden Aufstieg Tribut zollen und schlurfen die letzten Tritte bis zur Plattform hoch.

Bernhard Bühler durchschreitet das Ziel ebenfalls gezeichnet, fühlt sich dann trotzdem nicht so alt: «Ich konnte auf dem Weg ein paar überholen, die zu schnell losgelaufen sind.»

Letztlich kommen die Sportlerinnen und Sportler doch noch in den Genuss einer Liftfahrt, wenn auch nur hinab. Diese dauert 18 Sekunden, was immerhin noch genug Zeit für ein langgezogenes «Oh Fuck» ist.

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