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Serge Brugger und seine Freunde trainieren in Fällanden auf der Carrera-Bahn.

Eine Leidenschaft für Mini-Autos: Serge Brugger (Mitte) und seine Freunde haben für ihre Carrera-Bahn einen Hobbyraum in Fällanden gemietet. Foto: Marie Fredericq

Hobbyraum in Fällanden

Sie trainieren im Keller und sind Rennfahrer mit Fingerspitzengefühl

Auch nach Feierabend geht es rasant weiter: In einem Fällander Hobbyraum flitzen diese «Raser» über die Schienen – und liefern sich dabei Rennen, bei denen es um Tausendstelsekunden geht.

Eine Leidenschaft für Mini-Autos: Serge Brugger (Mitte) und seine Freunde haben für ihre Carrera-Bahn einen Hobbyraum in Fällanden gemietet. Foto: Marie Fredericq

Veröffentlicht am: 24.05.2024 – 14.42 Uhr

Unscheinbar in einem Nebenraum einer Fällander Tiefgarage eröffnet sich jedem Autofan ein wahres Paradies: Vom Subaru über Nascar-Boliden bis hin zum Mercedes findet sich hier fein säuberlich aufgereiht alles, was das PS-Herz höherschlagen lässt.

Doch wer sich hier auf schnurrende Motoren und weiche Ledersitze einstellt, muss ungefähr 32-mal kleiner denken. Die Autos, die hier zum Einsatz kommen, sind nicht dafür gedacht, um von A nach B zu kommen – dennoch dreht sich hier alles um Geschwindigkeit.

Regelmässig liefern sich passionierte Fahrer in diesem Hobbyraum ein Kopf-an-Kopf-Rennen auf der 22 Meter langen Carrera-Bahn. Mit einem Handregler jagen sie die kleinen Autos per Knopfdruck mit rund 13 km/h über die Piste – ein Hobby für Autoliebhaber mit Fingerspitzengefühl.

Vom Kind zum Hobby

«Angefangen hat alles bei der Forchbahn, wo die meisten von uns arbeiten», erzählt Serge Brugger. Er ist Gründungsmitglied der FB-Slotracers – wobei «FB» für Forchbahn steht.

Er sei wegen seiner Kinder auf die Carrera-Autos gekommen – und dann habe ihn selbst das Fieber gepackt. Er und ein paar Freunde seien dann mehrfach in Egg auf einer Bahn gefahren, die dann jedoch schliessen musste. «Da hatten wir gerade erst angefangen, Spass zu haben und gut zu werden. Das konnte nicht das Ende sein», sagt Stephan Meyer.

Und der Rest ist Geschichte: Seit rund 14 Jahren mietet die Gruppe den Hobbyraum in Fällanden. Aus eigenen Mitteln haben sie sich aus zweiter Hand die Carrera-Bahn, Dutzende Autos, Zubehör und einen Kühlschrank für eine entsprechende Verpflegung zugelegt. Rund alle zwei Wochen treffen sich die begeisterten Carrera-Fahrer, um im Training ihre Fahrtzeiten zu verbessern und sich im Rennen miteinander zu messen. Manchmal kommen neue Fahrer dazu, manchmal kommen welche nicht mehr. «Wir freuen uns immer, wenn neue Begeisterte mitmachen wollen», sagt Brugger.

Kleine Autos, grosse Freude

Für die FB-Slotracers sind die Treffen aber mehr als nur «ein paar Runden auf der Bahn». Vor allem gehe es ihnen um das gesellige Beisammensein. Denn die meisten von ihnen arbeiten im Schichtbetrieb, was ein Zusammenkommen erschwert. Dennoch versuchen sie, sich alle zwei Wochen hier in Fällanden zu treffen, um die gemeinsame Leidenschaft zu teilen, zu fachsimpeln und an den Autos zu schrauben.

Denn genau wie echte Fahrzeuge, können die Mini-Wägelchen getuned werden. «Die Autos sind ja eigentlich für Kinder konzipiert, deshalb haben sie Magnete, um in der Bahn zu bleiben», erklärt Brugger. Die routinierten Fahrer entfernen diese Magnete – und fahren nur mit der Haftung der Reifen. Mit kleinen Schraubenziehern, Zangen und Pinzetten werden Zahnräder ersetzt, Pneus ausgewechselt, Spoiler angebracht – alles, um die Geschwindigkeit der Autos um Teilsekunden zu verbessern. «Das kann einem am Ende zum Sieg verhelfen!», erklärt Brugger.

Doch braucht es fürs Carrera-Rennen nicht nur ein einwandfreies Auto, sondern auch Talent – und das hat hier vor allem einer: Stephan Meyer aus Rümlang. Er ist bereits mehrfacher Zürcher Meister im Carrera-Rennen, zuletzt erfuhr er sich 2019 den Titel. Die Preise bringt er jeweils mit in den Hobbyraum – mehrere dutzend Pokale thronen über der 22 Meter langen Carrera-Bahn. «Ich bin durch Serge zu dieser Leidenschaft gekommen», erzählt Meyer. «Und dann hat es mich einfach gepackt.»

Auch Regula Dändliker hat das Hobby für sich entdeckt. Sie ist an diesem Montagabend seit Langem mal wieder dabei – mit ihrem rosaroten Flitzer. «Eigentlich ist es ja eher ein Männerhobby. Aber trotzdem macht es Spass, ab und an auch zum Training zu kommen und mit den Jungs um die Wette zu fahren.»

Ein Nischensport für Leidenschaftliche

Und das passiert nicht nur im Hobbyraum, sondern ganz offiziell auch an Meisterschaften. Neben den Zürcher Meisterschaften, an denen jeweils auch andere FB-Slotracers teilnehmen, gibt es auch Schweizer und Europameisterschaften im Carrera-Rennen. «Das sind mir persönlich aber zu weite Fahrtwege», erklärt Meyer. Er bleibe lieber in der Umgebung, konzentriere sich auf sein Hobby und die Zeit mit seinen Freunden.

Dennoch seien diese Meisterschaften cool, um auch andere Bahnen und vor allem Gleichgesinnte kennenzulernen. «Gerade bei den Zürcher Meisterschaften kommt man gut im Kanton rum, lernt neue Leute kennen, die dasselbe Hobby teilen.» Mit einem Schweizer Team habe er einmal auch im Ausland an einem Rennen teilgenommen – einem 24-Stunden-Rennen in Italien. «Das war schon ganz was Spezielles, als Team 24 Stunden am Stück zu fahren», erzählt er. Dafür hätten sie sogar Lichter in die Autos bauen müssen, um nachts etwas zu sehen – wie bei echten Fahrzeugen.

Die Taktik machts

Ein bisschen gemütlicher und einfacher ist es hier in Fällanden – mit portablem Heizkörper, kaltem Bier und der eigenen Rennbahn, wo man jede Kurve kennt. Nach einigen Aufwärmrunden, wo alle heute anwesenden Fahrer ihre Finger warmfahren konnten, geht es zur Sache – das Rennen steht an. In einer Qualifizierungsrunde wird ausgemacht, wer auf welchem Platz starten darf.

Und dann gilt höchste Konzentration – denn wer startet, bevor das Licht ausgeht, bekommt Strafsekunden aufgebrummt. In je 25 Runden liefern sich die vier Carrera-Fahrer ein Kopf-an-Kopf-Rennen, verfolgen mit den Augen gebannt ihre Autos. Und dann wirds tatsächlich noch sportlich: Fliegen die Autos nämlich aus der Bahn, müssen die Fahrer um das Konstrukt rennen, um dieses wieder aufzustellen. «Hier geht es um Tausendstelsekunden», erklärt Brugger. Nach 25 Runden und rund drei Minuten Fahrtzeit wird gewechselt, sodass am Ende jeder alle vier Bahnen einmal gefahren ist.

Und wie könnte es anders sein: Der Gewinner ist, mit einem guten Vorsprung, Stephan Meyer, der mehrfache Zürcher Meister. Denn anstatt auf Risiko zu fahren, nimmt sich Meyer Zeit und riskiert damit nicht, aus der Bahn zu fliegen und wertvolle Sekunden zu verlieren. Nach wenigen Runden hat er damit bereits einen Vorsprung – eine Strategie, die sich bewährt. «Mit seiner Taktik gewinnt er so gut wie jedes Mal», sagt Brugger schmunzelnd.

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