Neben herumtollenden Kindergärtlern begegnet man hier dienstags und mittwochs einer ganz besonderen Pädagogin: Die zweijährige «Nova Scotia Duck Tolling Retriever»-Hündin Toffee ist seit diesem Schuljahr im Dübendorfer Kindergarten Zelgli im Einsatz. Obwohl das Wollknäuel mit dem herzigen Gesicht nur so zum Knuddeln aussieht, ist sie zum Arbeiten hier.
«Toffee ist nicht nur zum Streicheln da, sondern soll als Schulhündin den Kindergartenalltag bereichern», erklärt Melanie Boffa, Kindergärtnerin im Zelgli und Besitzerin der Hündin. Das vierbeinige Gruppenmitglied unterstützt die Lehrpersonen dabei, den Kindern ein soziales, empathisches und rücksichtvolles Miteinander beizubringen und Lerninhalte spielerisch zu übermitteln – denn mit Toffee macht alles ein bisschen mehr Spass.
Lernen mit Toffee
«Die Kinder lernen über, für und mit Toffee», erklärt Boffa. Bevor die Hündin ihre Arbeit in der Schule anfing, wurden die Kinder auf das neue Chindsgi-Mitglied vorbereitet. Im Zentrum stand dabei der Umgang mit dem Vierbeiner: Körpersprache lesen, wichtige Regeln und Kommandos verinnerlichen.
Ergänzend wurden weitere Inhalte zum Thema «Hund» erarbeitet, wie die verschiedenen Rassen, die Fütterung, Erziehung und die artgerechte Haltung. Diese wurden spielerisch vertieft, mittels Hunderassen-Memory, Bildkarten zur Körpersprache und des gemeinsame Gestaltens von Regelkarten. «Dadurch waren die Kinder vor Toffees erstem Besuch so neugierig, dass sich selbst ängstlichere unter ihnen sehr auf sie gefreut haben», erzählt Boffa.
Seit Toffee nun bald ein Jahr Teil des Chindsgi-Unterrichts sei, seien die Kinder immer sicherer im Umgang mit ihr geworden und hätten sie regelrecht ins Herz geschlossen. In der Pause stellen sie Parcours für die Hündin auf, haben ihr im Klassenzimmer eine Leckerli-Rutsche und eine bunte Burg gebaut. «An Weihnachten haben wir gemeinsam Hundeguetsli gebacken», erzählt Boffa freudig.
Doch Toffee ist nicht nur Inhalt des Lernprozesses, sondern unterstützt auch dabei. Denn die Hündin setzt so manchen Trick ein, die Kinder zum Lernen und Mitmachen zu animieren: Sie kann würfeln, das Glücksrad drehen, Buttons drücken, macht bei Turnübungen mit und hilft sogar beim Aufräumen. «So lernen die Kinder mit Toffees Unterstützung die Zahlen kennen, üben, Farben zu identifizieren, Bewegungen auszuführen oder Worte zu wiederholen.»
Vier Pfoten, viele Vorteile
Toffee ist als Assistentin eine gute Unterstützung – und hilft den Kindern, vor allem auch den sozialen Umgang zu lernen. «Ich habe die Kinder immer wieder gezielt im Umgang mit Toffee beobachtet», erklärt Boffa. Dabei sind ihr diverse Auswirkungen aufgefallen, die der Schulhund auf die Kinder hat. So zeigen sie beispielsweise eine bessere Impulskontrolle, wenn der Hund anwesend ist – denn der reagiert sensibel.
«Oft fällt es den Kindern leichter, Rücksicht auf Toffee zu nehmen als auf Erwachsene – beispielsweise was die Lautstärke oder schnelle Bewegungen betrifft», so Boffa. Sie lernen, Regeln und Grenzen zu akzeptieren, Toffee beispielsweise nicht zu stören, wenn sie in ihrer Ruhezone ist.
«Das hilft den Kindern dabei, auch im Umgang miteinander Rücksicht zu nehmen und persönliche Grenzen zu respektieren», erklärt Boffa. «Manche Kinder haben andere Bedürfnisse als andere. Anhand von Toffee verstehen die Kinder, dass nicht alle gleich sind – und auch nicht gleich sein müssen.»
Dank Toffees Unterstützung bauen die Kinder Selbstvertrauen auf und stärken ihre Persönlichkeit. «Wir haben einige Kinder, die noch wenig Deutsch sprechen.» Dank einfachen Kommandos und Toffees umgehender Reaktion erlangen die Kleinen schnell ein besseres Selbstbewusstsein – und das motiviert. «Zu sehen, wie die Kinder mit Toffees Unterstützung wachsen und gedeihen, ist einfach schön.»
Vorbereitung, Training und Vertrauen
Dank der Unterstützung der Schulleitung, aber auch der Eltern sei Toffees Einsatz erst möglich – doch bis dahin war es ein langer Weg. Melanie Boffa arbeitet bereits seit 18 Jahren bei der Stadt Dübendorf als Lehrerin, ein eigener Hund war immer ihr Traum. «Ich bin mit Hunden, gerade auch von dieser Hunderasse, aufgewachsen», erzählt die 42-Jährige.
Doch sie habe nie einen Hund haben wollen, der zu Hause warten müsse, bis sie von der Arbeit komme. Also mussten sich Beruf und Vierbeiner vereinen lassen. «Ich habe ein Konzept geschrieben, die tiergestützte Pädagogik eingehend studiert, Eltern informiert, mit der Schulleitung und der Behörde gesprochen.» Glücklicherweise sei Dübendorf der Idee gegenüber äusserst aufgeschlossen gewesen.
Dann hat sie eine einjährige Auszeit eingelegt, um sich voll und ganz auf ihren neuen Welpen zu konzentrieren. In dem Jahr habe sie die kleine Toffee zum Schulhund ausbilden lassen – gemeinsam haben die beiden an Trainings teilgenommen, Prüfungen bestanden und Zertifizierungen erhalten. «Es war mir wichtig, nicht einfach einen Begleithund in die Schule zu bringen, sondern das Tier aktiv in den Unterricht zu integrieren – und das braucht viel Vorbereitung, Training und Vertrauen.»
Eine Freundin fürs Leben
Dank der Ausbildung ist Boffa nun in der Lage, die Hündin «zu lesen» und damit auch zu erkennen, wenn sie gestresst ist oder eine Pause braucht. Deshalb kann sie auch schnell reagieren, sollte Toffee einmal überfordert sein oder ein Kind die Signale des Hunds nicht wahrnehmen. «Auch die Kinder gehen super mit Toffee um. Sie ist ein wichtiges Mitglied des Chindsgi-Alltags, das ich mir nicht mehr wegdenken möchte – und die Kinder schon gar nicht.»
Auch die Eltern seien durchwegs von Toffees Einsatz begeistert – gerade ängstliche Kinder seien nun viel offener und freier im Umgang. Und das nicht nur mit der Hündin selbst, sondern auch mit anderen Tieren. «Ich bekomme eigentlich nur positive Rückmeldungen. Alle sind happy mit der kleinen Toffee.»
Ist der Vierbeiner mal nicht im Chindsgi im Einsatz, geht es dennoch rasant weiter: Neben ihrem 60-Prozent-Pensum nimmt Boffa nämlich noch an Apportiertrainings teil, wo Toffee noch mehr Können unter Beweis stellt – denn der «Nova Scotia Duck Tolling Retriever» wurde ursprünglich mal zur Entenjagd gezüchtet.
Boffas Leben hat sich beruflich und privat verändert, seit sie Hundehalterin ist – im Positiven, wie sie findet. Anstatt Ski zu fahren, mache sie jetzt halt Wanderungen mit Toffee. «Natürlich ist das auch eine Umstellung – aber dafür habe ich eine Freundin fürs Leben. Und die Kinder auch.»