Seit Sommer letzten Jahrs patrouilliert die Stadtpolizei Dübendorf mit Jugendpolizisten. Was bei der Kantonspolizei Zürich eine eigene Abteilung ist, ist bei der Dübendorfer Stadtpolizei ein Nebenamt. Mirko Holenweger von der Stadtpolizei Dübendorf hat sich des Jugenddiensts angenommen und hat dafür extra eine Zusatzausbildung absolviert. Zweimal im Monat ist er auf Patrouille.
An diesem Freitagnachmittag ist es wieder so weit. Holenweger, der bereits seit 20 Jahren Polizist ist, sitzt vor seinem Computer und prüft die letzten Geschehnisse des Tages. «Keine für uns relevanten Vorfälle», stellt er fest. «Wäre beispielsweise eine Fahndung ausgeschrieben, würden wir auf Patrouille auch nach den Tätern Ausschau halten», sagt er und packt seinen Rucksack.
Heute tauscht er seine Uniform gegen seine normale Kleidung. Polizeiuniformen wirken bei den Jugendlichen eher einschüchternd. Schusswaffe, Handschellen, Taschenlampe und schusssichere Weste sind aber trotzdem dabei, einfach versteckt unter der Kleidung.
Der Einsatz beginnt. Zu Fuss gehen Holenweger und seine Kollegin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, Richtung Bahnhof Dübendorf. Dass die beiden Polizisten sind, lässt nur der aufrechte Gang und der wachsame Rundumblick erahnen.
Weit und breit keine Jugendlichen
Beim Parkplatz hinter dem reformierten Kirchgemeindehaus werden Schmierereien an der Hauswand entdeckt. «Das ist von der GCZ-Szene», stellt Holenweger fest. Wer genau dahinterstecke, sei hingegen offen. Das benötige genauere Recherchearbeit, sagt er, und seine Patrouillenkollegin ergänzt: «Besser ist es, die Täter in flagranti zu erwischen.»
Der Bahnhof Dübendorf ist menschenleer. Weder in der Tiefgarage noch hinter dem Migrolino bei den Bahngleisen sind junge Leute zu sehen. «Es ist zu kalt, um sich draussen aufzuhalten», meint Holenweger.
Präventives Vorgehen
Die Aufgabe des Jugenddiensts sei es, die Jungen, die sich auf öffentlichen Plätzen aufhielten, anzusprechen und allenfalls über Fehlverhalten wie Littering oder Spucken auf den Boden hinzuweisen. Aber auch die Kontrolle auf verbotene Substanzen und Gegenstände gehört dazu.
Bei gröberen Vergehen wie Diebstahl, Einbruch, Überfall, Körperverletzung oder Drogenbesitz werde die Kantonspolizei gerufen. «Wir als Kommunalpolizei sind zwar an erster Stelle vor Ort, übergeben aber dann die Abhandlung der Kapo», sagt der Stadtpolizist.
Ihr Fokus als Jugendpolizisten liege auf dem präventiven Bereich: «Wir hoffen, dass unsere aufklärerische Arbeit die Jungen vor dem Schritt in die Kriminalität abhalten kann», sagt Holenweger.
Es geht zurück zum Polizeiposten an der Wilstrasse, und Holenweger fährt dort den silbrigen BMW aus der Garage. «Wir werden jetzt die Schulhäuser und Spielplätze im Raum Dübendorf und Wangen-Brüttisellen angehen. Orte, wo sich normalerweise viele Jugendliche aufhalten.»
Ansprechen und kontrollieren
Der SUV-Hybrid fährt bei der Primarschule Högler vor. Die Polizisten erblicken Jugendliche, es wird Basketball gespielt. Der zuvor gemächliche Gang der beiden Gesetzeshüter wird auf einmal sehr schnell. In Sekundenschnelle stehen die beiden vor den etwas verdutzten Hobbysportlern: «Stadtpolizei Dübendorf, was macht ihr hier? Ist euch etwas Ungewöhnliches aufgefallen?» Laut Auskunft der Gruppe ist aber alles in Ordnung. Beim Weglaufen hört man die Jungen flüstern: «Das waren Zivilpolizisten.»
Ein paar Meter weiter kurven zwei Mädchen auf einem Elektrotrotti nichtsahnend auf dem Gehweg vorbei. «Stadtpolizei Dübendorf, absteigen bitte!» Holenweger klärt die beiden Minderjährigen auf: «Zu zweit auf dem Elektrogefährt zu fahren, ist verboten – und das auf dem Trottoir sowieso», sagt er. Die Mädchen sind verblüfft.
Weiter geht es nach Wangen-Brüttisellen. Doch auch dort sind weit und breit keine Jugendlichen zu sehen.
Ein Notfall zwischendurch
Dafür meldet sich der Polizeifunk: ein Autounfall in der Nähe. «Wir übernehmen, das ist gleich um die Ecke», teilt die Kollegin per Funk der Zentrale mit. Fünf Minuten später sind sie an der Unfallstelle.
30 Meter sei das Auto rückwärts bergab in eine Wand gedonnert, berichtet ein Augenzeuge. Die Fahrerin ist unter Schock, zittert und ist sichtlich verwirrt. «Das ist ein Selbstunfall, die Lenkerin muss ins Spital», resümiert Holenweger. Bis die Kollegen der Kantonspolizei eintreffen, wird der Unfallort gesichert und die Frau betreut.
Für die beiden Jugendpolizisten geht die Schicht aber weiter. Nächstes Ziel: Bahnhof Stettbach. Anders als erwartet, ist das Gelände voll mit jungen Leuten.
Knapp entwischt
Konzentriert stehen die beiden Zivilpolizisten auf dem Platz. Ihr Blick ist wachsam. Eine Gruppe Jugendlicher erregt ihre Aufmerksamkeit. «Die werden wir kontrollieren», entscheidet Holenweger. Sie folgen den Jugendlichen, die sich inzwischen via Rolltreppe hinunter zu den Perrons bewegen. Dicht auf den Fersen die beiden Polizisten. Es scheint, als sei ihre Tarnung aufgefallen, denn die Gruppe begibt sich nach ein paar Minuten wieder über die Rolltreppe Richtung Platz hoch. Ein paar unauffällige Blicke zurück zu den Polizisten fehlen nicht. Oben auf dem Platz sind alle wie vom Erdboden verschluckt.
«Wahrscheinlich wurden wir erkannt», sagt Holenweger. «Eine Personenkontrolle hätte so einiges zum Vorschein gebracht», sagt er aus Erfahrung. Dabei spricht Holenweger beispielsweise von Waffen- oder Drogenbesitz. Dass die Jugendlichen entwischt seien, sei jedoch nicht allzu tragisch: «Hauptsache, wir haben unsere Präsenz markiert.»