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Mann steht zwischen Holzskulpturen.

Der Keller von Georg Achermann ist übervoll. Mehr als 100 Skulpturen haben sich über die Jahre angesammelt. Foto: Seraina Boner

Holzkunst-Ausverkauf

«Ich habe mich nie um meine Vermarktung gekümmert»

Georg Achermann hat über Jahre seine Holzskulpturen im Keller angesammelt. Nun will der Dübendorfer seine Kunst unter die Leute bringen.

Der Keller von Georg Achermann ist übervoll. Mehr als 100 Skulpturen haben sich über die Jahre angesammelt. Foto: Seraina Boner

Veröffentlicht am: 02.02.2024 – 15.35 Uhr

Jedes Stück Holz, das der Dübendorfer Georg Achermann in den Händen hält, wird zu einem Kunstwerk. Wer die Alpenstrasse in Dübendorf hochläuft, kann Achermanns Kunstwerke kaum übersehen. Bereits vor der Haustür steht ein geschnitzter Osterinsel-Holzkopf und starrt die vorbeilaufenden Passanten an.

Auch hinter dem Haus und im Garten stehen überall Holzskulpturen. Die Kunstwerke sind teilweise mehr als zwei Meter gross oder dann kugelig klein, manchmal auch stachlig – es sind phantasievolle Zeitgenossen, die Achermann erschafft.

In seinem Atelier hat es Holzskulpturen am Boden und auf dem Tisch, und selbst an den Wänden hängen sie. «Das ist der ‹Dreiäuger›», sagt Achermann und zeigt auf eine knorrige Holzfigur mit gebogenem Schnabel, drei angemalten blauen Augen und einem knallroten Ball in der Hand.

Holzstatue in einem Atelier.
Der «Dreiäuger» steht auf einem drehbaren Untersatz. An was die Figur erinnert, ist eine Sache der Phantasie. Foto: Seraina Boner

Für die Bearbeitung des Holzes nimmt Achermann gerne auch mal eine Kettensäge zur Hand. Er sägt, schleift und schnitzt. «Sobald ich ein Stück Holz vor mir habe, kommen mir die Ideen zur Umsetzung wie Lichtblitze», erklärt Achermann. Er studiere jeweils intensiv die Holzstruktur, daraus entstehe dann die Form der Skulptur. Er bückt sich und hebt einen grossen Ast auf. «Das war unser diesjähriger Weihnachtsbaum», sagt er und zeigt vor, wie er die Formen in das Holz schleift.

Keine Lust auf Marketing

Dass sich die Kunstwerke über die Jahre bei Achermann angesammelt haben, hat einen bestimmten Grund. «Ich habe mich nie um meine Vermarktung gekümmert, das liegt mir überhaupt nicht», sagt der inzwischen 78-Jährige. «Mit Holz zu arbeiten, gibt mir ein gutes Gefühl, die Kunstwerke zu verkaufen, das hat mich nie gross interessiert.» In seiner ganzen Künstlerlaufbahn habe er nur 20-mal in Galerien ausgestellt, lieber stehe er in seinem Atelier und arbeite.

Als Nächstes geht Achermann in das Untergeschoss seines Hauses. Hier haben sich über die Jahre rund 100 Holzskulpturen angesammelt. «Jetzt muss alles weg», sagt der Künstler. «Wir verkaufen unser Haus und ziehen in eine Wohnung. Die vielen Figuren kann ich leider nicht mitnehmen.»

Kunstdiebin entschuldigt sich

Achermann zwängt sich voran in den engen Kellerraum: «Das hier ist ‹Schwarzkopf›, ein Stück Schwemmholz, das ich von einem Strand in Holland mitgebracht habe.»

Mann mit einem Brief inmitten von Holzskulpturen.
Der «Schwarzkopf» wurde von einer Passantin gestohlen und dann wieder zurückgebracht – mit einem Entschuldigungsbrief.  Foto: Seraina Boner

«Schwarzkopf» sei ihm einmal vor seinem Haus gestohlen worden, erzählt er. Eine Passantin habe die Figur mitgenommen und nach einem Jahr wieder zurückgebracht – ein Entschuldigungsbrief war mit dabei. Achermann liest den Brief vor und lacht: «Der Frau tut es sehr leid, eigentlich würde ich ihr gerne das Kunstwerk schenken, nur war da keine Telefonnummer dabei.»

Holz wird immer zu Kunst

Achermann ist gebürtiger Innerschweizer aus dem Entlebuch, wohnt aber seit mehr als 35 Jahren in Dübendorf. «Schon als kleiner Junge habe ich mit einem Bruder Holz im Wald gesammelt und zu Weihnachtskrippen verarbeitet», erinnert er sich. «Bis zu 30 Stück haben wir in der Weihnachtszeit im Dorf verkauft.»

Trotz der Leidenschaft für Holz hat er eine Lehre als Automechaniker absolviert und sich später zum Lastwagenfahrer ausbilden lassen. Am Flughafen Kloten war er 17 Jahre lang Car-Chauffeur. «Ich habe Fluggäste, die den Anschlussflug verpasst haben, durch ganz Europa gefahren: Paris, Amsterdam, Rom», nennt er nur einige der Destinationen. «Ich war sogar in der damaligen DDR.»

Erschwingliche Kunst

Mit dem Verkauf des Einfamilienhauses Ende März werde er sein Atelier wohl oder übel auflösen müssen. Seine Skulpturen möchte Achermann aber nicht in einer Kunstgalerie verkaufen. «Die Leute sollen bei mir vorbeischauen und eine Holzfigur aussuchen», sagt er. Dass seine Kunst an Ausstellungen teilweise im 1000-Franken-Bereich verkauft worden sei, solle niemanden abschrecken, sagt er. «Die Einnahme ist mir nicht so wichtig.»

Für Achermann ist der Umzug ein Neuanfang. Er werde nicht nur seine Kunstwerke, sondern auch das ganze Werkzeug verkaufen. Aber Schluss mit der Holzschnitzkunst ist für Achermann keineswegs. «Ich suche mir ein neues Atelier, kaufe mir wieder Werkzeuge und schnitze weiter.»

Für Kaufinteressierte:

Georg Achermanns Holzskulpturen können an der Alpenstrasse 6 in Dübendorf besichtigt werden, Anmeldung unter Telefon 079 661 05 23.

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