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abo
Ein Vogelhäuschen im Schnee.

Wird es kalt, werden die Futterhäuschen wieder gefüllt – oft ist dies nicht nötig. (Symbolfoto) Foto: Pixabay

Neue Regeln wegen Jagdgesetz

Vögel füttern im Winter – sinnvoll, schädlich oder verboten?

Wildtiere dürfen gemäss Jagdgesetz nicht mehr gefüttert werden. Singvögel im Garten aber schon. Ein Experte von der Greifensee-Stiftung ordnet ein.

Wird es kalt, werden die Futterhäuschen wieder gefüllt – oft ist dies nicht nötig. (Symbolfoto) Foto: Pixabay

Veröffentlicht am: 26.11.2023 – 14.00 Uhr

Im Winter ein Vogelhäuschen aufstellen oder Futterkugeln aufhängen – und dann die Finken, Meisen und Rotkehlchen beobachten . Für viele gehört das schon fast so fest zur Tradition wie weihnächtliche Lichterketten am Fenster.

Doch viele Vogelfreunde sind aktuell verunsichert. Denn das kantonale Jagdgesetz, das Anfang Jahr in Kraft getreten ist, verbietet es, Wildtiere zu füttern. Dazu gehören auch Vögel. Verstösse gegen das Fütterungsverbot werden mit einer Ordnungsbusse von 200 Franken geahndet.

Volgelhäuschen und Futterkugeln erlaubt

Leserin Sonja Schalcher aus Hadlikon wurde das neue Gesetz erst kürzlich zum Verhängnis. Seit vielen Jahren hatte sie regelmässig verschiedene Vogelarten in ihrem Garten gefüttert. Die neuen Vorschriften handelten ihr nun eine Busse ein – weil sie einen Mäusebussard weiterhin mit Futter versorgte.

Mäusebussarde sind wie alle Greifvögel vom Verbot betroffen. In die gleiche Kategorie fallen auch Milane oder Turmfalken sowie Eulen und verwilderte Haustauben. Doch das Gesetz sieht auch Ausnahmen vor. «Ausgenommen ist das massvolle Füttern von Singvögeln, Wasservögeln und Eichhörnchen sowie das Ausbringen von kleineren Mengen Lockfutter an Kirrungen und Luderplätzen, die sich in Siedlungsnähe befinden», heisst es wörtlich im Gesetz.

Ein Vogelhäuschen aufzustellen oder Futterkugeln am Balkon aufzuhängen, fallen gemäss der zuständigen Baudirektion in diese Kategorie. Beides ist weiterhin erlaubt. Auch das Füttern von Enten oder Schwänen ist zulässig. «Es ist bekannt, dass dies den Vögeln weder nützt noch schadet, der Bevölkerung aber einen Einblick in die Vogelwelt bieten kann», schreibt die Baudirektion.

Eine Blaumeise frisst Vogelfutter.
Futterkugeln für Kleinvögel sind nach wie vor erlaubt. Foto: Pixabay

Doch für einige – so auch für die gebüsste Sonja Schalcher – ist das geltende Gesetz dennoch zu strikt. Eine Ansicht, der die Baudirektion widerspricht: «Wildtiere sind selbst in harten Wintern nicht auf die Fütterung durch Menschen angewiesen.»

Im Gegenteil: Das Füttern könne sogar negative Folgen für die Tiere haben. Dazu gehört, dass Krankheiten übertragen werden, sich ein unnatürliches Sozialverhalten oder ein künstlich überhöhter Bestand entwickeln können.

Fütterung bei Wildvögeln nutzlos

Auch Naturschutzorganisationen wie BirdLife oder die Vogelwarte Sempach haben schon vor der Einführung des neuen Jagdgesetzes vom Füttern von Wildvögeln abgeraten. Grundsätzlich seien diese Tiere an die winterlichen Verhältnisse angepasst. Zudem sei die Fütterung sehr aufwendig und nütze auch in strengen Wintern kaum, um Verluste in der Population zu verhindern.

Hilfreicher als die Fütterung sei aus Expertensicht ein intakter Lebensraum. In Hecken und Buntbrachen können Greifvögel oder Eulen auch dann noch auf Beutejagd gehen, wenn die Winter besonders garstig sind.

Zu einer naturnahen Bewirtschaftung des Gartens rät auch Niklas Göth, Leitender Ranger der Greifensee-Stiftung. Hecken, Sträucher sowie einjährige Pflanzen mit Samenständen und Früchten sollten über den Winter stehen gelassen und erst im Frühling zurückgeschnitten werden, empfiehlt der Experte.

Die Greifensee-Stiftung ist unter anderem für den Schutz der Vögel im Naturschutzgebiet am Greifensee zuständig. Dort gilt sowieso ein ganzjähriges Fütterungsverbot, das das Ranger-Team um Niklas Göth durchsetzt. Er sieht das Bereitstellen von Futter grundsätzlich kritisch. Für Seevögel sei auch im Winter genügend Nahrung vorhanden, sagt auch der Ranger. Das gelte auch für weitere Wildvögel. «Aus meiner Sicht braucht es keine Fütterung von Wildtieren.»

Ein Mann steht mit in die Hüften gestemmten Armen auf einem Weg.
Für Greifensee-Ranger Niklas Göth ist das Füttern der Vögel grundsätzlich nicht nötig. Er rät deshalb zur Zurückhaltung. (Archiv) Foto: Seraina Boner

Die Fütterung sei ein unnötiger, wenn nicht sogar schädlicher Eingriff in die Natur und die natürliche Selektion. Problematisch sei zudem, dass die Futterhäuschen viele Vögel auf einmal anlocken würden. «Dadurch können sich Krankheiten ausbreiten», erklärt Göth.

Kleinvögel können profitieren

Aus Sicht der Naturschutzorganisationen kann es in gewissen Fällen aber auch hilfreich sein, für Kleinvögel Futter bereitzustellen. Dies gilt bei längeren Frostperioden, bei Eisregen oder bei geschlossener Schneedecke. «Lokal und zeitlich begrenzt kann es bei lang anhaltenden Schneeperioden Sinn machen», räumt auch Niklas Göth ein.

Der Ranger mahnt aber in jedem Fall zu Zurückhaltung. «Wenn gefüttert wird, dann unbedingt nur in sehr kleinen Mengen», sagt er. Und er weist darauf hin, ausschliesslich artgerechtes Futter zu verwenden.

Ganz auf eine Fütterung verzichten müssen Vogelfreunde also auch mit dem neuen Jagdgesetz nicht. Und wenn sie gewisse Vorsichtsmassnahmen beachten, sollten die Vögel gesund bleiben und auch keine Busse ins Haus flattern.

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