«Party? Da mache ich lieber etwas mit den Tieren», sagt Finja Rutschmann. Sie sitzt mit ihrer Hündin Eda und Mutter Monika Rutschmann-Bodmer am Esstisch des Volketswiler Eigenheims. Mit 12 Jahren auf dem Buckel ist sie eine der jüngsten Teilnehmenden der diesjährigen Schweizer Hundesport-Meisterschaft, die dieses Wochenende stattfindet.
Auch Hündin Eda gehört zu den jüngeren Kandidatinnen. Sie entdeckt die Welt erst seit 18 Monaten. «Eigentlich wollte Mama den Hund für sich selber kaufen», sagt Finja. Doch als ihre Mutter den neun Wochen alten Belgischen Malinois erstmals der Familie vorstellte, kam Finja aus dem Streicheln nicht mehr heraus. «Ab dann war klar, dass nicht ich das Ausbilden übernehmen werde», so Mama Rutschmann-Bodmer.
Monika Rutschmann-Bodmer ist Gründerin und Inhaberin der Hundetherapie und -schule Bodmer in Seegräben und des Vereins Abri, welcher Therapieeinsätze in verschiedenen Instituten wie Kinderheimen oder Kliniken veranstaltet. Im Bereich Hundeausbildung hat sie über 25 Jahre Erfahrung. Die Leidenschaft für Vierbeiner, spezifischer für das Ausbilden von Hunden, kam bei ihren beiden Töchtern allerdings von allein. «Würde man das erzwingen, würde bei Hund und Kind Schaden oder zumindest keine tiefe Beziehung entstehen», so Rutschmann-Bodmer.
Eda übernimmt im Haushalt Essenzielles
16 Monate nach ihrem Erstkontakt schlafen Finja und Eda fast jeden Abend Arm in Arm ein. Das Training findet zweimal in der Woche statt, die Übung selbst Tag für Tag: Finja verbringt täglich mindestens drei Stunden mit Eda. So viel Auslauf braucht der Malinois.
«Sie ist sehr sensibel, aber auch neugierig: Eigentlich macht sie alles mit», sagt Finja. «Und sie besitzt auch einen starken Beschützerinstinkt.» Eda ist immerhin ein Malinois. In diesem Moment ringt die von der älteren Schwester Jana betätigte Türklingel, und die offene Küche versinkt in alarmiertem Gebell.
«Muss der Wäschekorb in den Keller, halte ich eine Seite: Die andere übernimmt Eda», sagt die 12-Jährige lächelnd. Weiter kann die Hündin Türen öffnen, ein Messband bedienen und einzelne Wäschestücke direkt in den Keller bringen – all das bietet Eda an, ohne je darauf trainiert worden zu sein.
Ein Einblick in die Grundsätze des Hundehaltens
«Das Tier schaut dich an, schaut sich etwas von dir ab», sagt Rutschmann-Bodmer. «Bei Finja probiert Eda allerdings noch mehr Kapriolen aus als bei mir», so die stolze Mama. «Man muss extrem konsequent und geduldig bleiben, um in der Hundeerziehung erfolgreich zu sein.»
«Gleichzeitig aber auch ein Herz für das Tier und einen starken Willen für die Erziehung haben», ergänzt Finja. Was du vorlebst, leben sie nach. Die Erziehung des Hundes ist demzufolge immer auch eine Charakterschulung für sich selber.
«Und meist ist es der Mensch, der die Fehler macht», so Finja. «Der Hund weiss, wie seine Welt funktioniert. Es liegt am Menschen, die Sprache des Hundes zu lernen.» Dabei solle der Hund aber nicht wie ein Mensch behandelt werden: Hunde seien weder Freundes- noch Kinder-, noch Partnerersatz. Diese Grundsätze sollte jeder «Hündeler» befolgen.
So wird an der Schweizer Meisterschaft bewertet
Doch weder ist Finja eine gewöhnliche Hundehalterin noch ist Eda eine gewöhnliche Hündin. Dieses Jahr werden die beiden zum ersten Mal an der Schweizer Meisterschaft aller Rassen in Madiswil bei Langenthal BE teilnehmen. Besagte Meisterschaft findet von Freitag, 10. November, bis am Sonntag, 12. November, statt: Der Freitag wird von Organisatorischem und Probeläufen eingenommen. Samstag und Sonntag stehen im Zeichen des Wettkampfs.
Je nach Hundekategorie weichen Prüfungen voneinander ab: Beispielsweise erfährt ein Sanitätshund an der Meisterschaft andere Umstände als ein Begleithund, der erst die unterste Ausbildungsstufe erreicht hat. «Man kann ein Vergleich zu Pferden ziehen: Dressur- und Springreiten sind auch völlig anders», so Finja. Die 12-Jährige startet in der Kategorie «Internationaler Begleithund (IBGH) 3»: Die höchste Stufe ihres Fachs.
Geprüft werden verschiedene Disziplinen, im Fachjargon «Unterordnung» genannt. Bei diesen geht es um Hundefertigkeiten wie das Befolgen eines sehr abrupten Befehls, das unbefangene Durchlaufen von Personengruppen oder schnelles und gleichzeitig vorsichtiges Apportieren. Der gesamte Übungskatalog wird vor zwei Richtern vorgeführt, die beide maximal 100 Punkte vergeben können: Als bestanden gilt, wer insgesamt 140 oder mehr Punkte erreicht.
Eine vielversprechende Zukunft für das Duo
Erwartungen habe die 12-Jährige eigentlich nicht. «Wenn, dann an mich selbst. Ich muss die Unterordnungen korrekt ausführen und weiter üben, üben, üben», so Finja. Auch für ihre Mutter liegt der Erfolg nicht im Fokus: «Es berührt mich sehr, dass sie das in diesem Alter mit ihrem Hund schon so gut macht.» Ein Schweizer-Meister-Titel habe in der Familie Rutschmann sowieso keine Priorität. «Es geht um Spiel, Spass und das Wohlbefinden des Hundes», so Rutschmann-Bodmer.
In der Zukunft will Finja sich der Internationalen Gebrauchshundeprüfung (IGP) annehmen, um Eda zum Schutzhund auszubilden. IGP gilt als die Königsdisziplin des Hundesports: Sowohl beim Hund als auch beim Mensch setzt er Charakterstärke und Belastungsfähigkeit voraus. Finja macht sich diesbezüglich keine Sorgen: «Ich könnte mir ein Leben ohne Eda gar nicht mehr vorstellen, wir sind ein super Team.»