Rita Zürcher und Gina Lips treffen sich an diesem Abend zu einem Rundgang in Kindhausen. In ihren orangen Leuchtwesten erinnern die beiden eher an Verkehrskadettinnen, wäre da nicht der grosse Schriftzug «Bürgerpatrouille» auf ihren Caps. Ihr Vorhaben heute: nach Einbrechern Ausschau halten.
Mit ihrer Präsenz wollen die beiden Verbrecher abschrecken. Rita Zürcher erklärt: «Es geht nicht darum, die Einbrecher zu jagen.» Ihre Aufgabe sei es, zu beobachten und bei einer Auffälligkeit sofort die Polizei zu benachrichtigen. Dafür versuchen sie möglichst viele Strassen im Quartier von Anfang bis Ende abzulaufen. Vom Schleichweg bis zur Hauptstrasse, überall markieren sie Präsenz.
Seit knapp fünf Jahren ist Zürcher die Koordinatorin der Dorfpatrouille. Das heisst, sie erstellt die Einsatzpläne für die 38 Freiwilligen. «Leider sind wir knapp besetzt, wir brauchen mehr Leute.» Die Dorfpatrouille sei eine tolle Gelegenheit, aktiv bei einem Spaziergang für mehr Sicherheit im Quartier zu sorgen und gleichzeitig neue Leute kennenzulernen.
Die Idylle täuscht
Dass es im ruhigen Volketswiler Ortsteil Kindhausen Einbrecher gibt, ist eigentlich nur schwer vorstellbar. «Kindhausen ist eher Schlafhausen», meint Zürcher. Hier gebe es keine Restaurants, keine Bars, nicht einmal einen Quartierladen. «Und doch trügt der Schein. Im Quartier wird immer wieder eingebrochen – auch am helllichten Tag.»
Und das schon seit den späten 1990er Jahren. Kindhausen habe zu der Zeit eine «extreme» Einbruchswelle erlebt. «Manchmal wurden in einer Nacht drei Häuser nacheinander ausgeraubt.» In dieser Phase sei die Dorfpatrouille entstanden.
Selber Opfer eines Einbruchs
«Auch in meinem Haus wurde 1997 eingebrochen», sagt Zürcher. «Ich habe im oberen Stock geschlafen und nichts davon mitbekommen.» Ein ungutes Gefühl, das sie bis heute beschleicht. «Nach dem Vorfall machte ich jedes Mal extra viel Lärm, wenn ich nach Hause kam, um mögliche Einbrecher zu vertreiben.» Heute könne sie besser damit umgehen. Auch aus dieser persönlichen Betroffenheit heraus hat sie sich der Patrouille angeschlossen.
Bei Gina Lips hingegen ist noch nie eingebrochen worden. «Zum Glück», sagt sie. Obwohl sie gerne Krimi-Geschichten lese, stehe für sie bei der Patrouille eher der soziale Aspekt im Vordergrund: «Hier lerne ich neue Leute kennen und freue mich über gute Gespräche.»
Die Auffälligkeiten machen es aus
Auf dem knapp zweistündigen Rundgang reden die beiden Frauen über Gott und die Welt. Bis jetzt haben sie noch nie einen Einbrecher auf frischer Tat ertappt.
Bei ihrer Observation achteten sie auf Auffälligkeiten, wie zum Beispiel, ob eine Person oder ein Geschäftsauto zu lange an einem Ort herumstehe, sagt Zürcher. Sehr auffällig seien beispielsweise Malerautos, welche nach Feierabend noch vor einem Haus parkierten. «Solche Fahrzeuge werden gerne als Tarnung bei Einbrüchen benutzt.»
Ob ihre Präsenz tatsächlich Einbrecher abschreckt, können beide nicht wirklich abschätzen. «Die Einbruchszahlen haben allerdings in den letzten Jahren abgenommen», sagt Zürcher.
Inzwischen ist es dunkel in Kindhausen. Die beiden Frauen laufen mittlerweile mit einer Taschenlampe herum. Zürcher zieht am Ende des Rundgangs Bilanz: «Ausser ein paar Katzen und Jogger haben wir nichts Auffälliges gesehen.»
Es werden noch schnell die Schrittzähler verglichen, bevor jede nach Hause geht. «Mehr als 10’000 Schritte», freut sich Zürcher über den sportlichen Nebeneffekt.