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Fällander Gemeindehaus

«Mit einer Pinselsanierung ist es sicherlich nicht getan»

In einem Rundgang machte sich die Fällander Bevölkerung ein Bild vom Zustand ihres Gemeindehauses. Einige Teilnehmende kritisierten danach Versäumnisse, andere die Pläne für einen Neubau.

Veröffentlicht am: 31.08.2023 – 08.53 Uhr

Ein Raum mit viel Holz.
Einer der schönsten Räume: das Gemeinderatszimmer mit Relief. Foto: David Marti

Am Mittwochabend versammelten sich über 60 Fällanderinnen und Fällander vor dem Gemeindehaus für einen Rundgang. Auf diesem wollten sie sich ein Bild vom Zustand des Gebäudes mit Baujahr 1974 machen. Denn am 22. Oktober fällen die Stimmberechtigten einen Grundsatzentscheid an der Urne, ob sie das Gebäude sanieren, durch einen Neubau ersetzen oder beides ablehnen wollen. Grob geschätzt kostet ein Neubau 33,5 Millionen Franken, eine Sanierung 14 Millionen.

Den Rundgang hatte Hansueli Gfeller initiiert. An einer Info-Veranstaltung im Juni zum Thema Zentrumsentwicklung machte er den Vorschlag, und der Gemeinderat willigte sogleich ein.

Wegen des grossen Andrangs fand die Begehung in zwei Gruppen statt. Architekt Michael Bosshard, der schon eine Machbarkeitsstudie zum Gemeindehaus verfasst hatte, führte durch das Gebäude. Mit dabei waren auch Mitglieder des Gemeinderats und Mitarbeitende der Verwaltung.

Rostende Eisen

Erster Halt war die Schalterhalle mit den auffälligen runden Oberlichtern und Hängeleuchten. Letztere hat der Künstler Viktor Fueg geschaffen. Ebenso das Holzrelief, das an der Wand des Gemeinderatszimmers zu sehen ist.

«Diese Räume haben einen gewissen baukulturellen Wert», sagte Bosshard. Er gab allerdings zu bedenken, dass das Gebäude weder auf Gemeinde-, Kantons- noch Bundesebene in einem Inventar erfasst und entsprechend auch nicht geschützt sei.

Wir könnten schon über die Vergangenheit reden und diskutieren, wer woran schuld ist.

Tobias Diener (FDP)

Gemeindepräsident Fällanden

Bosshard führte verschiedene Mängel auf, die für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Rundgangs jedoch meist verborgen blieben: «Die Dächer sind sehr alt und am Ende ihrer Lebensdauer.» Weiter befänden sich unzureichende Armierungseisen in den Betondecken, die einem Brand nicht standhalten würden.

Die rostenden Eisen im Beton würden ausserdem gut sichtbare Abplatzungen an der Fassade verursachen. Ungenügende Wärmedämmung oder verbautes Asbest seien weitere Schwächen und Gefahren.

Leichenwagen und kaputte Storen

Fortgesetzt wurde der Rundgang in den Büros, wo ein Teil der Verwaltung arbeitet. «Die ganze Storenanlage ist hier in einem schlechten Zustand», sagte Bosshard.

Den langen Weg in den Keller und die Zivilschutzräume nutzten einige Nachzügler, um eine alte Telefonanlage zu bestaunen. Und vor dem Eingang zum Parkhaus, das undicht ist, stand eine alte Pferdekutsche. «Die wurde früher als Leichenwagen verwendet», wusste ein Teilnehmer.

Zu den Spielregeln des Rundgangs gehörte, dass Fragen erst am Ende gestellt wurden. Dabei wiederholten die Teilnehmenden viele ihrer Bedenken und Kritikpunkte, die sie bereits an der Info-Veranstaltung im Juni geäussert hatten.

So befürchteten einige, dass der mögliche Einzug eines Grossverteilers ins Gemeindehaus bei einem Neubau massiven Mehrverkehr mit sich bringt. Oder sie sahen die Unterbringung eines solchen Unternehmens generell als unsinnig an.

Andere sprachen die «enormen Kosten» an – die Rede ist von rund 130 Millionen Franken –, die zusammen mit den Investitionen in die Schulhäuser auf Fällanden zukommen, und attestierten dem Gemeinderat, die Ausgaben nicht im Griff zu haben.

Lange ist nichts passiert

Doch es gab dann doch noch Fragen zum Zustand des Gebäudes. So wollte ein Mann wissen, wie lange man eine Sanierung noch hinauszögern könne. «Bis das Gebäude zusammenfällt, dauert es noch lange», sagte Architekt Bosshard. «Doch es regnet schon heute rein.» Gewisse Sanierungen hätten längst passieren müssen.

Worauf ein Votant die Frage aufwarf, wieso nicht schon viel früher etwas geschehen sei. Etwa 2005, als eine erste Studie die Notwendigkeit einer Sanierung belegt habe.

Bosshard sagte, dass sich die Gemeinde damals wohl schwergetan habe, einen Entscheid zu fällen. Die Schäden hätten seither zugenommen. Heute müssten deswegen grössere Flächen instand gesetzt werden. «Mit einer Pinselsanierung ist es sicherlich nicht getan.»

Auf die erneute Frage des Fällanders, weshalb damals nichts unternommen worden sei, entgegnete Gemeindepräsident Tobias Diener (FDP): «Wir könnten schon über die Vergangenheit reden und diskutieren, wer woran schuld ist. Oder wir entscheiden über die Zukunft, die wir miteinander gestalten können.»

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