Das «Fischerstübli» hinter dem Haus an der Zürichstrasse 9 gleicht einer Mini-Blockhütte. An der Häuschenfront prangt gross «Leonhard’s Lachs & more».
Zum Treffen erscheint René Leonhard mit Hawaii-Hemd und schwarzen Skater-Turnschuhen. Der Dübendorfer ist die Ruhe in Person. Nach einer herzlichen Begrüssung mit einem festen Händedruck beginnt die Führung durchs «Stübli», das ein Mekka für Fliegenfischer ist. Wer was braucht, ruft ihn an.
Den kleinen, von der Strasse zurückversetzten Laden hat er nach der Schliessung seines Hauptgeschäfts eröffnet.
«Fliegenfischer brauchen keine Würmer», beginnt Leonhard lachend das Gespräch und zeigt auf das Regal mit den künstlichen Fliegenködern in allen Farben. Ein paar lebende Maden für die «normale» Fischerei hat er dann aber doch noch – in einem 24-Stunden-Selfservice-Automaten neben dem «Stübli».
Fliegenfischerei als Königsdisziplin
Bereits mit acht Jahren hat Leonhard mit seinem Vater im Greifensee gefischt. Seit er mit 16 einen Fliegenfischerkurs absolvierte, ist das Fliegenfischen sein Hobby.
Was denn die Faszination für ihn ausmache? «Drill und Jump der Fische, also die Rute schwungvoll auswerfen und den Fisch mit dem Köder anlocken – ein grossartiges Spektakel», erklärt Leonhard. Es sei das Zusammenspiel von Ästhetik, Technik und dem Lesen von Gewässern – eine «Königsdisziplin» eben, wie er es nennt.
Berufung oder Hobby?
Die Fliegenfischerei zieht sich durch Leonhards Berufsleben wie ein roter Faden: zehn Jahre Redaktor bei der Fischereizeitung «Petri Heil», 20 Jahre mit eigenem Fliegenfischerartikel-Geschäft und vielen Fliegenfischerkursen dazwischen.
Bis der Internethandel sein Geschäft zerstörte. Aber das war für ihn kein Problem. «Ehrlich gesagt hatte ich keine Lust mehr, jeden Tag im Laden zu stehen», erklärt Leonhard. Vor acht Jahren schloss er sein Geschäft und konzentrierte sich auf sein Mandat als Präsident der Siedlungs- und Baugenossenschaft Dübendorf (SBD). Diesen Job macht der 66-Jährige noch heute.
Im Gespräch erfährt man beiläufig: Leonhard verkauft pro Jahr 1,6 Tonnen Wildlachs, importiert aus Alaska. Sein Lager in einem Kühlhaus in Volketswil wird bald schon wieder voll sein, denn im November kommt die Lieferung aus Anchorage an.
Und was fischt man so?
Der Silberlachs ist Leonhards Lieblingsfisch. Dafür reiste der Dübendorfer bereits viermal nach Alaska. «Dieser Lachs ist nicht einfach zu fischen, er ist wild und springt häufig aus dem Wasser», erklärt er schmunzelnd. Der Königslachs dagegen sei geradezu phlegmatisch – «wie ein schwimmender Lastwagen».
Mittlerweile steht Alaska bei ihm nicht mehr an oberster Stelle. Das Problem mit Alaska sei der Massentourismus, und zu teuer sei die Destination auch geworden.
Neu stehe Sibirien an oberster Stelle. Die Natur sei da atemberaubend und menschenleer. «Sibirien ist für mich Abenteuer pur.» Leonhard legt Wert darauf, dass die Fischerei «im Einklang mit der Natur» steht. «Der gefangene Lachs wird bei mir mit einem sauberen Schlag getötet und über einen Kiemenschnitt ausgeblutet.»
Mit seinen 16 Fischerfreunden bereiste er bereits Länder wie Venezuela, Nicaragua oder die Bahamas. Nach Sibirien möchte er wieder mal gehen, aber das sei im Moment wegen des Ukraine-Kriegs zu riskant.