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Mann steht auf einer Brücke und präsentiert ein Stück Metall.

Marcus Sonnenberg fischt mit einem Magneten auf der Memphisbrücke in Dübendorf nach Metallgegenständen. In der Hand hält er seinen ersten «Fang» des Tages. Foto: David Marti

Magnetfischen an der Glatt

«Petri Heil!» für die Suche nach Schrott

Mit einem extrem starken Magneten zieht Marcus Sonnenberg Metall aus der Glatt. Beäugt von Passanten, zieht er Kronkorken, Veloteile und Kurioses aus dem Wasser.

Marcus Sonnenberg fischt mit einem Magneten auf der Memphisbrücke in Dübendorf nach Metallgegenständen. In der Hand hält er seinen ersten «Fang» des Tages. Foto: David Marti

Veröffentlicht am: 17.08.2023 – 14.21 Uhr

Was Marcus Sonnenberg von der Memphisbrücke aus dem Wasser zieht, sieht nach Schmiedehandwerk aus. Sonnenberg hat das Stück Eisen mit einem Magneten – den er liebevoll Maggie nennt – aus der Glatt gefischt. Neugierig hat ihm dabei eine ältere Dame auf einem Fahrrad zugesehen. «Was machen Sie hier?», will sie wissen.

Der 37-Jährige ist solche Fragen gewohnt. Wenn jemand mit einer ausladenden Bewegung ein schweres Stück Eisen an einem Nylonseil in einen Fluss wirft, macht das stutzig. «Magnetfischen», sagt Sonnenberg und fragt mit Blick auf das soeben herausgezogene Fundstück zurück: «Was glauben Sie, was könnte das sein?» «Könnte etwas von einem Schmiedetor sein», meint die Dame, wünscht kurz darauf einen schönen Tag und «Petri Heil!».

Eine weitere Frage, die er immer wieder hört: «Wie viel Gold haben Sie schon rausgezogen?» Leider sei Edelmetall nicht magnetisch, genauso wenig wie Schweizer Münzen, sagt er jeweils. Euros, Rubel und Peseten bleiben hingegen an seinem Magneten hängen.

Mit anderen Magnetfischern hat er einst in Berlin einen Schweisswagen, eine altertümliche Langhantel mit Kugelgewichten, ein Maschinengewehr und eine Granate geangelt. Die letzteren beide Funde hätten sie der Polizei gemeldet, worauf diese gleich die ganze Gegend abgesperrt habe.

Waffen – ein Fall für die Polizei

Auch in der Schweiz übergebe er Waffen und Munition der Polizei. Sonnenberg darf dort mit dem Magneten fischen, wo es nicht explizit verboten ist. Vorsichtig sei er in Flüssen, wo Schiffe verkehrten, wie etwa der Limmat. Dorf fische er nur am Rand.  

Während er dies erzählt, landet der Magnet Wurf um Wurf in der Glatt. Immer klebt etwas Eisernes daran. Diesmal Batterien und ein Stück Fahrradkette. Kurze Zeit später zieht er auch einen Velolenker aus dem Wasser. Die Eisenstücke müssen schon lange in der Glatt liegen, das Metall ist verrostet und mit einer grünen Schicht überzogen. Öfters zieht er ganze Velos aus Flüssen. «Dafür wechsle ich den Magneten mit einem Haken aus.»

Brauchen Sie einen Fahrradlenker?

Marcus Sonnenberg

Magnetfischer

Theoretisch könnte er aber 1400 Kilogramm heben. Die Kraft des rund zwei Kilo schweren Magneten ist enorm. Das müssen auch die Schulkinder erfahren, die sich für das Teil interessieren, worauf Sonnenberg den Magneten ans Brückengeländer haftet. Keines der Kinder vermag ihn zu lösen.

Von Kronkorken bis zu Küchenmessern

Sonnenberg hat mittlerweile eine stattliche Anzahl Schrott aus der Glatt gefischt: ein Gartenhäckerli, Kronkorken, ein Vorhängeschloss, ein Küchenmesser, Schlüsselanhänger, eine Zündkerze und eine kleine Gaspatrone. Nur die Schlüssel zu den «Liebesschlössern», die am Geländer der Memphisbrücke hängen, hat er noch nicht gefunden. Traditionellerweise wirft ein Liebespaar den Schlüssel ja ins Wasser.

Ein Mann mit einem Liegevelo beobachtet das Geschehen. «Magnetfischen?», fragt er. «Das Beste!», antwortet Sonnenberg und fragt: «Brauchen Sie einen Fahrradlenker?» Doch der Mann ist zufrieden mit seiner Veloausrüstung und verzichtet auf den verrosteten Velolenker aus der Glatt.

Ein Haufen Schrott auf einer Brücke.
Die Ausbeute einer Stunde. Diese Sachen landen später in der Sammelstelle. Foto: David Marti

Marcus Sonnenberg zieht noch ein paar Stücke aus dem Wasser. Er behalte das wenigste davon. Für ihn ist Magnetfischen eine Chance für ein wenig Aufmerksamkeit auf seinem Instagram-Account «magnetfischereieiei», aber in erster Linie Abfallbeseitigung. Entsprechend bringe er die Sachen hinterher zur Recyclingstelle der jeweiligen Gemeinde. Der Zürcher, der beruflich in einem Sushi-Restaurant als Küchenhilfe arbeitet, hat das Hobby auf Youtube entdeckt.

Antike Münze für die Sammlung

Ein paar Schätze behält er dagegen schon. Wie etwa den Reichspfennig aus dem Jahr 1928, den er im Ausland aus dem Wasser gefischt hat. Die Kanonenkugel, die er in Schaffhausen fand, hat er aber dem Kanton ausgehändigt. «Was älter als 1850 ist, muss ich den archäologischen Ämtern übergeben.»

Im Bereich der Memphisbrücke hat er bis jetzt nichts dergleichen an die Oberfläche gezogen. Für die kaputte Baustellenlaterne, die mit dem Metallgriff am Magneten kleben bleibt, wird sich kein Amt interessieren. Ein Fall für die Sammelstelle.

Marcus Sonnenberg glaubt, dass er hier inzwischen die meisten Metallstücke rausgefischt hat. «Wenn nichts Grösseres mehr hängen bleibt, ist es Zeit, weiterzugehen. Ich versuche es noch an der nächsten Brücke.»

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