Sichtbeton im Treppenhaus, auf der Dachterrasse Metallkonstruktionen, die von der Form her an Gewächshäuser erinnern, bepflanzte Mulden im Innenhof mit Kiesbelag. Alles wirkt noch etwas kahl und rau. Die Fassade erinnert an Baucontainer oder Wellblech und ist in den Farben Grau und dunklem Grün gehalten.
Hier an der Zukunftsstrasse im Quartier Hochbord in Dübendorf ist innerhalb von zwei Jahren die Siedlung Westhof mit 87 Wohnungen und 11 Gewerberäumen entstanden. Seit dem 1. Februar ist sie bewohnt.
Doris Schwager war eine der Ersten, die eingezogen ist. Die 66-Jährige lebt mit ihrer Hündin Nala in einer 2,5-Zimmer-Wohnung im sechsten Stock – und ist begeistert. «So macht Wohnen mega Freude.»
Da das Gebäude den neusten Minergie-Standards entspricht, ist es bei geschlossenen Fenstern in der Wohnung mucksmäuschenstill. «Ich höre weder etwas von den Nachbarn noch von der französischen Schule nebenan, noch vom vorbeifahrenden Zug.» Von ihrem grosszügigen Balkon sieht sie direkt auf die Sportanlage Heerenschürli, wo der FCZ trainiert.
Bereits vorher wohnte sie in Dübendorf – und wollte hier auch bleiben. Als sie die Wohnungen im Westhof ausgeschrieben sah, war für sie klar, dass sie sich bewerben will. «Das Konzept der Siedlung hat mich fasziniert», sagt sie. «Ausserden sind die Wohnungen so gestaltet, dass man bis ins hohe Alter darin wohnen kann. Auch wenn ich dereinst einen Rollator habe, wäre das hier kein Problem.»
Sie ist eine der Älteren in der Siedlung. «Ich finde die Altersdurchmischung toll», sagt sie. Hier leben junge Familien, Rentner, Paare, Singles.
Moderne Wohnformen
Geboten wird Wohnraum für unterschiedliche Lebensformen. Es gibt unter anderem Einzimmerwohnungen, Familienwohnungen, Atelierwohnungen und Clusterwohnungen. Eine Clusterwohnung besteht aus mehreren privaten Wohneinheiten mit Bad und teilweise auch Küche sowie Gemeinschaftsräumen. Der Westhof entspricht damit dem städtischen Wohntrend.
Auch eine Wohngruppe der Stiftung Altried für Menschen mit kognitiven, körperlichen und/oder psychischen Beeinträchtigungen hat ihren Platz.
Zum U-förmigen Gebäude mit Innenhof gehört auch ein spanischer Lebensmittelladen, eine vegane Bäckerei zieht demnächst in den Westflügel ein. Bei weiteren Gewerberäumen ist man laut Michaela Kohler von der Palmahus AG in Mietvertragsgesprächen.
Faire und erschwingliche Mietzinse
Ein Teil des Westhofs wird von dieser AG verwaltet, der andere Teil von der Wohngenossenschaft Wogeno. Wie Michaela Kohler erklärt, hat man den Fokus bewusst darauf gesetzt, Wohnungen zu fairen und erschwinglichen Preisen anbieten zu können. «Die Mieten von Palmahus AG sind etwas höher als bei der Genossenschaft. Bei der Genossenschaft bezahlt man allerdings auch ein Anteilkapital, was bei Palmahus nicht der Fall ist.»
Zudem würden sich die Wohnungen teilweise auch von der Materialisierung her unterscheiden, was ebenfalls zu unterschiedlichen Mietzinsen führt.
Doris Schwager wohnt im Wogeno-Teil. Von ihrer Wohnung im sechsten Stock geht es runter in die Waschküche, die eher ein Waschsalon ist: mit sieben Waschmaschinen, drei Tumblern und vier Trocknungsräumen.
Gewisse Flächen in der Siedlung wie beispielsweise der Innenhof wirken noch ziemlich kahl. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Westhofs sollen möglichst viele der Innen- und Aussenräume selber gestalten. Im Hof sind beispielweise Spielflächen, Erholungsflächen oder ein Pizzaofen denkbar.
Über eine digitale Kommunikationsplattform sind sie miteinander verbunden. «Wenn man mal eine Bohrmaschine sucht, das Warmwasser ausbleibt oder Mücken in der Wohnung sind, dann ist diese Plattform sehr nützlich und entlastet die Verwaltung», sagt Schwager. Ausserdem gibt es einen Hofrat und verschiedene Arbeitsgruppen.
Auf der Dachterrasse sind bereits verschiedene Hochbeete bepflanzt. Judith Stofer hat hier Tomaten und Blumen gesetzt. Sie wohnt seit rund drei Monaten im Westhof. «Ein super Haus, eine tolle Architektur und ein schöner Balkon», schwärmt sie.
In ihrem Wohnzimmer stehen mehrere Regale, alle sind sie mit Büchern gefüllt. Ihre Küchenfronten sind in Gelb, Blau und Rot gehalten. Die Rückwand besteht aus einem Spiegel, der die 2,5-Zimmer-Wohnung grösser erscheinen lässt.
Wie bei Doris Schwager ist es auch bei Judith Stofer in der Wohnung sehr still. Auch sonst ist es im Westhof an diesem Dienstagnachmittag auffällig ruhig, nur ab und zu ist aus einer offenen Balkontür ein Kinderlachen zu hören. Die Sonne, die auf der ungeschützten Dachterrasse und im Innenhof mit voller Wucht auf den Beton knallt, lädt nicht dazu ein, länger zu verweilen.
Doch dies wird sich im Laufe der Zeit sicher ändern – dank den Bewohnerinnen und Bewohnern des Westhofs, die diese neue Siedlung immer mehr zum Leben erwecken. Auch Störche, Hausrotschwänze, Fledermäuse, Dohlen, Haussperlinge, Mauersegler und Stare sollen zu ihnen gehören. Für sie gibt es zwischen all dem Beton und Metall 38 Nistplätze.
Die Geschichte des Westhofs
Der Westhof steht auf dem Gelände der ehemaligen Gärtnerei der Familie Kohler. Zwei Generationen lang wurden auf diesem anspruchsvollen Boden Gemüse und Blumen kultiviert. Als Alice Kohler, die letzte Gärtnerin, 2005 gestorben ist, war zunächst unklar, was mit dem grünen Grundstück passieren sollte, zumal sich das Quartier Hochbord rasant veränderte und entwickelte. Aufgrund der Vorstellung und Überzeugung der Familie Kohler bezüglich Nachhaltigkeit, gemeinnützigem und erschwinglichem Wohnen ging sie eine Partnerschaft mit der Genossenschaft Wogeno Zürich ein, die einen Teil der Wohnungen vermietet. Der andere Teil gehört der Palmahus AG, die 2017 von der dritten und vierten Generation der Familie Kohler gegründet wurde. Diese Wohnungen werden von der Immobilienfirma Fischer AG verwaltet. (Quelle: www.westhof.ch)