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Gesellschaft
abo
Eine Wiese mit Bauvisieren.

Auf dieser Wiese sollen die Container für die Flüchtlinge gebaut werden.n. Foto: David Marti

Widerstand aus Fällander Bevölkerung

Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen, schwindet mit Nähe zur eigenen Haustür

Fällander Quartierbewohner kämpfen vehement gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft in ihrem Wohnquartier. Die Gemeinde hält am Standort fest, macht aber Zugeständnisse.

Auf dieser Wiese sollen die Container für die Flüchtlinge gebaut werden.n. Foto: David Marti

Veröffentlicht am: 14.07.2023 – 11.22 Uhr

Anwohner aus dem Letzacher-Quartier leisten Widerstand gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft in Fällanden. Von ihren Wohnungen aus haben viele von ihnen direkten Blick auf die Bauvisiere. Im Herbst sollen dort bezugsbereite Container mit Platz für 64 Menschen stehen (siehe Box).

Die nach eigenen Angaben rund 60-köpfige Gruppe hat auch Unterschriften für eine Petition gegen die Unterkunft in ihrem Quartier gesammelt und diese dem Gemeinderat übergeben.

Karte mit einer Containersiedlung für 64 Flüchtlinge.
Auf dem Areal der Gemeinde sollen die Wohnungen für die Flüchtlinge hinkommen. Grafik: Anja Furrer

Drei Personen aus dieser Widerstandsgruppe haben sich bei der Redaktion gemeldet. Sie wollten in einem Gespräch ihre Sicht darlegen, weshalb sie sich gegen die Containersiedlung mit den Flüchtlingen stellen.

Nachdem das Gespräch mit den Anwohnern stattgefunden hatte und ihnen ihre Zitate vorgelegt worden waren, zogen sie ihre Aussagen zurück; sie waren nicht einverstanden mit Gewichtung und Aufbau des Artikels und der Auswahl der Zitate.

Bei der Aussengestaltung mitreden

Gemeindepräsident Tobias Diener (FDP) hatte auch schon mit diesen Personen zu tun. «Wir nehmen die Anwohner ernst.» Es sei aber klar: «Wenn man in der Nähe einer solchen geplanten Containersiedlung lebt, findet man sie nicht gut. Egal, wo man wohnt.»

An der Info-Veranstaltung im Mai habe der Gemeinderat der Gruppe die Möglichkeit gegeben, ihre Überlegungen in einer Präsentation darzulegen, was auch genutzt worden sei. Dass aber Einzelpersonen ein Mitbestimmungsrecht eingeräumt werde, könne natürlich nicht sein.

Wir sollten wie jede andere Gemeinde auch einen Teil dieser Last übernehmen.

Tobias Diener (FDP)

Gemeindepräsident Fällanden

Rechtlich gehöre das Land der Gemeinde. Und schliesslich sei es die Pflicht des Gemeinderats, die Flüchtlinge im Ort unterzubringen. Immerhin: Die Gruppe darf laut Diener zwei Vertreter auswählen, die bei der Aussengestaltung der Containersiedlung mitreden können.

Kosten und hängiges Justizverfahren

Weil der Kanton die Aufnahmepflicht der Gemeinden auf Anfang Juni von 0,9 auf 1,3 Prozent der Einwohnerzahl erhöht hat, muss Fällanden aktuell 123 Flüchtlinge aufnehmen. Das sind 38 mehr als bis anhin. Der Gemeinderat will einen Teil davon in der Containersiedlung im Letzacher unterbringen. In den 16 Wohneinheiten sollen maximal 64 Personen Platz finden.

Die Gemeinde plant die Unterkunft als Provisorium, das in fünf Jahren wieder verschwunden sein soll. Die Behörden schätzen die Kosten für den Bau, die Ausstattung und die Inbetriebnahme auf rund 1,5 Millionen Franken.

Laut Gemeindepräsident Tobias Diener (FDP) soll aber weiterhin gelten, dass möglichst viele Flüchtlinge nach dem bewährten dezentralen Konzept untergebracht werden, soweit dies der Wohnungsmarkt zulässt.

Beim Bezirksrat ist gegen das Vorhaben ein Rekurs in Stimmrechtssachen eingereicht worden. Diener bestätigt dies. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, gibt er vorerst keine Auskünfte über den Stand in dieser Sache.

An der besagten Info-Veranstaltung haben die Bewohner des Letzacher-Quartiers der Versammlung eigene Standortvorschläge präsentiert. Etwa beim Parkplatz Muholz, auf der Wiese neben dem Schulhaus Lätten, im Zentrum neben dem Jugendtreff oder beim Schützenhaus.

Private wollen nicht

Auch leer stehende Gewerbeliegenschaften wurden dem Gemeinderat als Alternative vorgeschlagen.

Dazu sagt Diener: «Wir haben mit Grundeigentümern Gespräche geführt.» Der Gemeinde bleibe aber nichts anderes übrig, als die Eigentümer um Land oder Liegenschaften zu bitten. «Als öffentliche Hand können wir einen Privaten nicht zwingen, uns dies zur Verfügung zu stellen.»

Eine Wiese mit Wohnblöcken.
Im Wohnquartier Letzacher in Fällanden will die Gemeinde bis im Herbst die Containersiedlung aufstellen. Foto: Thomas Bacher

Das Schützenhaus, das ebenfalls vorgeschlagen wurde, ist auch keine Option für Diener. «Es ist viel zu klein und ohne elementare Infrastruktur wie etwa Duschen. Völlig unmöglich, dort Flüchtlinge unterzubringen.» Auch alle anderen möglichen Standorte seien geprüft worden, hätten aber die Anforderungen nicht erfüllt.

Dass die Gemeinde die Aufnahme von Flüchtlingen verweigert und stattdessen eine Busse an den Kanton entrichtet, wäre ein anderer Lösungsansatz. Dies habe der Gemeinderat nur kurz diskutiert, sagt Diener. «Wir haben klar entschieden, diesen Weg nicht zu gehen.»

Das sei für sie nicht die Art, wie die Schweiz funktioniere. «Wir sollten wie jede andere Gemeinde auch einen Teil dieser Last übernehmen.» Er habe demnach auch nicht abklären lassen, wie hoch eine solche Busse ausfallen würde.

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