nach oben

Anzeige

Gesellschaft
abo
Übergabe Petition für einen vollen Teuerungsausgleich vor dem Stadthaus Dübendorf.

Stadtpräsident André Ingold erhält von Yvonne Mausser vom Tiefbauamt und Gina Sessa von der Abteilung Gesellschaft 150 Unterschriften der städtischen Angestellten. Foto: Thomas Bacher

Protestaktion in Dübendorf

Städtische Angestellte wollen den vollen Teuerungsausgleich

Mehr Lohn und mehr Mitsprache: Das Personal der Dübendorfer Stadtverwaltung machte am Mittwoch mit einer Petition Druck für bessere Arbeitsbedingungen.

Stadtpräsident André Ingold erhält von Yvonne Mausser vom Tiefbauamt und Gina Sessa von der Abteilung Gesellschaft 150 Unterschriften der städtischen Angestellten. Foto: Thomas Bacher

Veröffentlicht am: 24.05.2023 – 15.48 Uhr

Normalerweise läuft die Übergabe einer Petition in Dübendorf eher ruhig und im kleinen Rahmen ab. Nicht so am Mittwochnachmittag. Auf dem Stadthausplatz haben sich rund 60 Mitarbeitende aus den Büros der Verwaltung sowie vom Tiefbauamt eingefunden (gut zu erkennen an den leuchtorangen Jacken), dazwischen waren Vertreter der Gewerkschaft VPOD (in roten Jacken).

Der Grund: Das städtische Personal ist unzufrieden mit den Arbeitsbedingungen – und fordert mit einer Petition eine Verbesserung in mehreren Punkten. Gemäss VPOD haben 70 Prozent der 214 Angestellten in der Stadtverwaltung die Forderung unterzeichnet.

Als «nicht akzeptabel» bezeichnet der VPOD das Dübendorfer Berechnungsmodell für die Lohnentwicklung. Seit 2012 wird jährlich ein Prozent der Gesamtlohnsumme «für individuelle Besoldungsentwicklungen» zur Verfügung gestellt, erhöht um 80 Prozent der durchschnittlichen Teuerung der letzten drei Jahre.

Forderung nach Personalkommission

«Der Teuerungsausgleich ist dazu da, gestiegene Lebenskosten auszugleichen», so die Gewerkschaft. Mit Leistungsprämien, Beförderungen und dergleichen habe das nichts zu tun. Das städtische Personal fordert mit der Petition nun einen Teuerungsausgleich von 3,5 Prozent – analog zum Kanton Zürich und zu den Städten Illnau-Effretikon, Wetzikon oder Wallisellen. Und das per 1. Juli.

Weiter kritisieren die städtischen Angestellten die interne Kommunikation als «ungenügend» und «uneinheitlich», auch die Organisationsstruktur sei unklar. Und sie wollen eine Personalkommission, die die Interessen der Angestellten gegenüber dem Arbeitgeber vertritt. Ebenso fordern sie einen jährlich stattfindenden Sozialdialog sowie eine unabhängige externe Befragung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Frage an Stadtpräsident André Ingold (SVP), der die Petition entgegennahm: Ist die Stadt Dübendorf tatsächlich so eine schlechte Arbeitgeberin? «Es gibt sicher wie in jedem Betrieb die eine oder andere negative Stimme, aber dass eine Mehrheit des Personals nicht zufrieden sein soll, davon ist mir nie etwas zu Ohren gekommen.»

Der Stadtrat und die Geschäftsleitung hätten Anfang Jahr zwar einen Brief erhalten, in dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Tiefbau ihre Unzufriedenheit bezüglich personeller Unterbesetzung und der Lohnentwicklung geäussert hätten. «Wir haben daraufhin das Schreiben beantwortet und ein Gespräch angeboten.» Weitere Angaben möchte Ingold dazu nicht machen.

Stadtrat will reden

Auch von einer angeblichen Unzufriedenheit über die Kommunikation oder die Organisationsstruktur sei ihm nichts bekannt, «zumal der Stadtrat kürzlich ein zeitgemässes Kommunikationskonzept verabschiedet und in Betrieb genommen hat».  

Wie man auf die Petition reagieren wird, will Ingold ohne Rücksprache mit dem Stadtrat und der Geschäftsleitung nicht sagen. «Klar ist, dass der Stadtrat mit Vertreterinnen oder Vertretern der unterzeichnenden Mitarbeitenden und dem VPOD in Dialog treten wird.»

Bildkombination mit André Ingold und Leandra Columberg und dem Stadthaus Dübendorf im Hintergrund.
André Ingold hat nichts von einer verbreiteten Unzufriedenheit im Stadthaus gehört, für Leandra Columberg ist der Ärger des Personals aber offensichtlich. Foto: PD/tba

Das Thema Lohn kochte in Dübendorf das letzte Mal im Dezember 2022 an der Budgetsitzung des Gemeinderats hoch. Vor dem Hintergrund der hohen Teuerung beantragte die SP-Fraktion damals 580'000 Franken für Besoldungserhöhungen, was fast einer Verdreifachung des stadträtlichen Antrags gleichgekommen wäre. Die Unterstützung im Rat blieb aber weitgehend aus, und am Ende unterlag die Linke mit 25 zu 9 Stimmen.

Finanzvorstand Martin Bäumle (GEU/GLP) verteidigte damals das Lohnmodell der Stadt. «Es funktioniert langfristig gut», sagte er. In all den Jahren, in denen die Teuerung bei null gelegen oder gar negativ gewesen sei, habe es nie Kritik gegeben, denn dann sei das städtische Personal im Vergleich mit den Mitarbeitenden des Kantons immer besser gefahren.

Und: Bei mittlerer Teuerung profitierten die Angestellten in Dübendorf auch künftig von einer höheren Lohnentwicklung als im Kanton. Gleichwohl gab Bäumle bekannt, dass die Angestellten ein «Weihnachtsgeld» von 1000 Franken erhalten würden.

«Faktisch eine Lohnkürzung»

Gemeinderätin Leandra Columberg war an der Budgetsitzung die Wortführerin der SP. Heute sagt sie: «Ich kann den Ärger des Personals über die mangelnde Wertschätzung verstehen.» Wie der VPOD kritisiert sie, dass individuelle Lohnerhöhung und Teuerungsausgleich miteinander vermischt würden. «Der Teuerungsausgleich ist keine Belohnung, sondern verhindert faktisch eine Lohnkürzung.»

Die Langfristigkeit des Modells sei dabei kein Argument, im Gegenteil. Denn alle ausser den langjährigen Mitarbeitenden müssten jetzt mit einem hohen Reallohnverlust auskommen. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels sei ein solches Berechnungsmodell schlicht nicht mehr zeitgemäss für eine Verwaltung, die eine konkurrenzfähige Arbeitgeberin sein wolle.

Zumal Dübendorf mit dem Modell weitherum allein dastehe: «Keine vergleichbare Stadt in der Region arbeitet mit dieser Berechnungsformel.» Dass 70 Prozent des Personals die Petition unterschrieben hätten, zeuge jedenfalls von einer Unzufriedenheit, welche die Verantwortlichen nun nicht mehr kleinreden könnten.

Vorstoss in Vorbereitung

Wie auch immer die Reaktion auf die Petition ausfällt: Laut Columberg wird die SP im Gemeinderat vermehrt versuchen, andere Fraktionen in Lohnfragen in die Pflicht zu nehmen. «Schliesslich wurde an der letzten Budgetsitzung wiederholt betont, wie sehr man die Arbeit des städtischen Personals schätze.»

Ausserdem sei ein Vorstoss geplant, der den «vergleichsweise sehr niedrigen Personalbestand» auf der Verwaltung aufgreife, da dieser sich auch auf die Umsetzung der Investitionsziele auswirke, so Columberg. 

Eine Gruppe von rund 60 Menschen steht vor dem Dübendorfer Stadthaus.
Normalerweise ist nur eine kleine Gruppe anwesend, wenn in Dübendorf eine Petition übergeben wird. Diesmal war es anders. Foto: Thomas Bacher

Anzeige

Anzeige