Louise Eggenberger hetzt leicht gestresst durch die Küche des Pfarrhaussaals in Schwerzenbach. In knapp 15 Minuten muss sie fertig sein, denn im Raum nebenan warten bereits jetzt fünf hungrige Seniorinnen und Senioren auf ihr Mittagessen.
Geübt drapiert sie grünen Salat auf den Tellern und würzt diesen mit einer selbst gemachten Sauce. Dann eilt sie in den anderen Raum, bietet den Gästen Rotwein und Wasser an und verschwindet wieder in der Küche.
Bis um 12 Uhr füllt sich der Raum weiter. «Hoi Marie, schön dich auch wieder mal zu sehen», tönt es aus der einen Ecke. «Nein, er konnte leider nicht kommen. Er hat was mit dem Rücken», aus der anderen.
Wie jeden zweiten Donnerstag im Monat versammeln sich rund 20 Senioren im Pfarrhaussaal der Reformierten Kirche Dübendorf-Schwerzenbach. Louise Eggenberger organisiert gemeinsam mit Vreni Deflorin den Mittagstisch für alleinstehende Senioren. Für 12 Franken servieren die zwei einen Dreigänger samt einem Glas Wein und einem Kaffee.
Kurz vor dem ersten Gang, einem Salatteller mit Karotten, unterhält man sich kreuz und quer über den Tisch – laut, damit auch Personen mit Hörgerät das Gespräch mitverfolgen können. Die Senioren tauschen sich nicht nur über ihre Enkel und das schöne Wetter aus. Auch das CS-Aus, der Klimawandel und der Feminismus werden hitzig diskutiert.
Viel Lebenserfahrung und gutes Essen
«Ich geniesse das sehr», sagt eine Seniorin am Kopf des Tischs zwischen Vorspeise und Hauptgang. Die 81-Jährige ist bereits seit zehn Jahren verwitwet, kocht und isst normalerweise allein. «Wenn man oft einsam ist, dann schätzt man diesen Austausch viel mehr.» Sie vermisse es, während des Essens ein Gegenüber zu haben.
Auch die Schwerzenbacher Pfarrerin Catherine McMillan sitzt mit am Tisch. Sie geniesst den Austausch mit den Älteren genauso. «Man kann viel lernen von ihnen. Schliesslich haben sie auch viel mehr Lebenserfahrung», sagt sie und deutet zu ihrer 91-jährigen Tischnachbarin.
Geübt räumen Eggenberger und Deflorin die Salatteller ab und servieren den Hauptgang: Rahmplätzli und Spätzli. Beides haben die zwei passionierten Köchinnen zu Hause vorbereitet. «Gestern habe ich zwei Stunden Spätzli gemacht. Jetzt haben wir sie wieder aufgewärmt», sagt Eggenberger. Dazu gibt es Blattspinat.
Kaum sind die Spätzli serviert, verstummen die Gäste. «Es scheint zu schmecken», sagt Deflorin schmunzelnd.
Die beiden kochen bereits seit 34 Jahren für den Mittagstisch. Kennengelernt haben sie sich im Frauenverein von Schwerzenbach. «Wir wollten damals einfach etwas für die Gemeinde tun und haben darum den Mittagstisch ins Leben gerufen», sagt Deflorin.
Auch nicht mehr die Jüngsten
Die Menüpläne stellen die zwei 77-jährigen Frauen selber zusammen. Drei freiwillige Helfer bilden jeweils ein Kochteam und sind für ein Mittagessen verantwortlich. «Inzwischen haben wir auch ein Team, welches nur aus Männern besteht», sagt Deflorin stolz.
Finanziell lohne sich das Engagement aber kaum. «Mit den 12 Franken schlagen wir meist nur den Einkaufspreis des Essens heraus», meint Eggenberger. Manchmal bleibe aber doch etwas übrig. Dieses Geld würden sie dann für das Helferessen Ende Jahr oder das kostenlose Weihnachtsessen brauchen.
Nach 34 Jahren in der Küche möchten Eggenberger und Deflorin ihre Ämter aber bald abgeben. «Wir machen es zwar gerne, aber irgendwann reicht es auch», sagt Deflorin. «Wir werden schliesslich auch nur älter.» Einige der Senioren, die den Mittagstisch besuchen, sind mittlerweile sogar jünger als Eggenberger und Deflorin.
Beide sind deshalb auf der Suche nach potenziellen Nachfolgern. Denn aufgeben wollen die zwei den Mittagstisch nicht – vorerst auch dann nicht, wenn sie niemanden finden. Eggenberger ergänzt: «Auf einige Jahre mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht mehr an.»
Der nächste Mittagstisch für alleinstehende Seniorinnen und Senioren findet am 11. Mai statt. Anmelden kann man sich bis spätestens 9. Mai bei Vreni Deflorin, Telefon 044 825 51 58 oder E-Mail deflorin7@ggaweb.ch.